Parkinson-Forscher erhalten Zülch-Preis 2011

Parkinson ist nach Alzheimer die häufigste neurodegenerative Erkrankung. Die Gertrud Reemtsma Stiftung ehrt zwei Wissenschaftler mit dem K. J. Zülch-Preis, die wichtige Ursachen genetisch vererbbarer Formen von Parkinson entdeckt haben.

Thomas Gasser von der Universität Tübingen und Robert L. Nussbaum von der Universität San Francisco haben Gene identifiziert, die erblichen Formen von Parkinson zu Grunde liegen. Darüber hinaus haben sie die genetischen Grundlagen weiterer erblicher neurologischer Erkrankungen entschlüsselt. Diese Erkenntnisse erleichtern auch die Erforschung nicht-erblicher Formen dieser Krankheitsbilder. Der K. J. Zülch-Preis 2011 wird am 9. September in Köln verliehen.

Robert L. Nussbaum und Thomas Gasser gehören zu den führenden Experten für die genetischen Ursachen von Morbus Parkinson und anderer neurologischer Störungen. In manchen Fällen beruhen diese Erkrankungen auf Mutationen einzelner oder mehrerer Gene. So kann eine einzige fehlerhafte Gen-Kopie Auslöser einer neurologischen Erkrankung sein. Träger dieser Mutationen können die Erkrankung an ihre Nachkommen weitergeben. Es gibt deshalb Familien, in denen viele Familienmitglieder erkranken.

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Thomas Gasser (links) und Robert. L. Nussbaum (rechts) erhalten am 9. September den Zülch-Preis 2011. Die Wissenschaftler von der Universtität Tübingen und der Universität San Francisco werden für ihre Erforschungen auf dem Gebiet der neurologischen Erkrankungen ausgezeichnet.

© links: Thomas Gasser; rechts: Robert L. Nussbaum Thomas Gasser hat das Erbgut solcher Familien untersucht und dabei verschiedene Gene ausfindig gemacht, die zu Parkinson und anderen Bewegungsstörungen, wie dem Myoklonus-Dystonie-Syndrom führen können. So hat er das Gen LRRK2 als den bislang häufigsten bekannten Auslöser für eine erbliche Form von Parkinson identifiziert

Seine Arbeiten haben darüber hinaus gezeigt, dass auch für die häufigere sporadische Form der Erkrankung genetische Faktoren wichtig sind. Diese Mutationen kommen in der Bevölkerung relativ häufig vor, jede für sich genommen erhöht das Krankheitsrisiko jedoch nur minimal. In ihrer Kombination und möglicherweise auch im Zusammenspiel mit bestimmten Umweltfaktoren entwickeln sie jedoch ihre schädigende Wirkung. Diese Erkenntnisse liefern nun erstmals die Basis dafür, die Ursachen der Parkinsonkrankheit selbst behandeln zu können und nicht nur ihre Symptome zu lindern.

Der 1958 in Stuttgart geborene Mediziner spezialisierte sich schon früh auf die Genetik neurologischer Erkrankungen. Nach einem Forschungsaufenthalt in Boston war er mehrere Jahre an der Universitätsklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München tätig. Seit 2003 ist er Ärztlicher Direktor der Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt neurodegenerative Erkrankungen am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und der Universitätsklinik Tübingen und seit 2010 Standortsprecher des Standorts Tübingen des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen.

Robert L. Nussbaum beschäftigt sich mit den genetischen Ursachen von Parkinson und dem Lowe-Syndrom. 1997 hat er als Erster mit alpha-Synuclein ein Gen entdeckt, das in mutierter Form Parkinson hervorruft. Er hat damit den Weg für die Erforschung weiterer genetischer Ursachen neurologischer Erkrankungen bereitet. Zudem hat sich gezeigt, dass Veränderungen des alpha-Synuclein-Gens nicht nur die Ursache einer seltenen vererbbaren Form von Parkinson sein können, sondern dass auch das unveränderte Gen ein zentrales Merkmal aller Parkinson-Erkrankungen ist. Darüber hinaus hat Robert L. Nussbaum beobachtet, dass sich in Mäusen, die eine mutierte Form des Gens besitzen, das vegetative Nervensystem krankhaft verändert bevor Veränderungen im Gehirn auftreten – ähnlich wie es bei Parkinson-Patienten der Fall ist. Auch dank seiner Forschung wird Parkinson heute nicht mehr als reine Krankheit des Gehirns, sondern des gesamten Organismus angesehen.

Das zweite Augenmerk des 60-jährigen Mediziners, der zuvor am Nationalen Gesundheitsinstitut NIH bei Washington und an der Universität von Pennsylvania tätig war, gilt der Erforschung des Lowe-Syndroms. Diese seltene Erbkrankheit wird über das X-Geschlechtschromosom vererbt und führt zu geistiger Behinderung, Krampfanfällen, Trübung der Augenlinsen und Nierenschäden. Die meisten Patienten sterben bereits im Jugendalter. Anfang der 1990er Jahre identifizierte Robert L. Nussbaum das OCRL1 als Krankheitsursache. Das zugehörige Protein ist am Fettstoffwechsel beteiligt und ist im Sortier- und Transportorganell der Zellen, dem Golgi-Apparat, sowie an der Zelloberfläche aktiv. Es wird für den Transport mancher Proteine zwischen Zellinnern und -oberfläche benötigt. Was seine genaue Funktion dabei ist und warum sein Ausfall so unterschiedliche Körperorgane beeinträchtigt, ist noch unklar. Das Team von Robert L. Nussbaum entwickelte Testsysteme, mit denen die Erkrankung bereits im Fötus festgestellt werden kann, und bot als erstes Labor betroffenen Familien Genanalysen sowie Beratung an.

Die Verleihung des Zülch-Preises findet am 9. September 2011 um 10:00 Uhr im Hansasaal des Historischen Rathauses zu Köln statt. Die Laudatio auf Thomas Gasser hält Mathias Bähr von der Georg-August-Universität Göttingen. Laudator auf Robert L. Nussbaum ist Christine Klein, Universität zu Lübeck. Die Preisträger werden im Anschluss an die Laudationes über ihre wissenschaftlichen Arbeiten berichten.

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Prof. Dr. Konstantin-Alexander Hossmann Max-Planck-Institut

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