Paarberatung für Getreide: Computertechnik und spezielles Saatgut soll Weizen-Ernte steigern

Traumpartner gesucht: Mit Biostatistik, Gen- und Pflanzenstoff-Analysen untersuchen Forscher der Universität Hohenheim Weizenpflanzen auf deren Elternqualitäten. Ziel ist es, ideale Elternpaare für neue Hybridsorten schon vor der Kreuzung zu erkennen. Dies wäre der Durchbruch für die Hybridzüchtung bei Weizen, die noch zu teuer ist. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt HYWHEAT mit 620.000 Euro. Damit gehört es zu den Schwergewichten der Forschung an der Universität Hohenheim.

An der Universität Hohenheim war die Landessaatzuchtanstalt schon bei der Einführung der Hybridzüchtung bei Roggen Geburtshelferin. Mit großem Erfolg: Roggenhybriden sind deutlich leistungsstärker und ertragsstabiler als Nicht-Hybriden.
Die bestechenden Vorteile der Hybriden will Prof. Dr. Jochen Reif auch dem Weizen angedeihen lassen. „Zum einen haben Weizenhybriden im Schnitt zehn Prozent höhere Erträge als Nicht-Hybridweizen. Zum anderen sind Hybriden deutlich unempfindlicher gegenüber Hitze, Dürre und anderem Stress. Eine Eigenschaft, die wegen des Klimawandels von entscheidender Bedeutung ist“.

Hybriden erzeugen ist beim Weizen sehr aufwändig – das steigert die Kosten
Voraussetzung für Hybridweizen ist aber, dass Züchter verschiedene Pflanzen gezielt miteinander kreuzen können. Das Problem beim Weizen: Bei ihm sind männliche und weibliche Bestandteile in einer Blüte vereint.
Die Folge ist, dass jede Weizenblüte sich selbst befruchtet. Wer kreuzen will, muss den männlichen Blütenteil erst chemisch kastrieren. Danach können sie den Pollen einer zweiten Elternpflanze durch Windbestäubung aufnehmen. Ein teures und aufwändiges Verfahren.

Zucht gleicht einem Lotto-Spiel – die Forschung will die Chancen erhöhen
„Die hohen Kosten sind der Grund, warum die Hybridtechnik beim Weizen bis heute auf den Durchbruch wartet“, erklärt Prof. Dr. Reif. Denn das Problem ist die schiere Menge. „Wir haben tausende von Elternlinien. Das macht Millionen von Kombinationsmöglichkeiten. Von denen schafft es nur ein Bruchteil zur neuen Sorte – ein reines Lotteriespiel.“
Anders wäre es, wenn man die Lotterie auf wenige Glückslose beschränken könnte. „Wenn wir wüssten, bei welchen Paaren sich der Aufwand lohnt, würden sich Hybriden auch beim Weizen rechnen“, weiß der Züchtungsforscher.
Den Weg dorthin will Prof. Dr. Reif nun ebnen – mit Biostatistik, Gen-Profilen und Inhaltsstoff-Analysen. „Wenn wir anhand von Genen oder Inhaltsstoffen schon bei den Eltern erkennen, welche die besten Nachkommen hervorbringen, dann könnten wir der Hybridzüchtung beim Weizen zum Durchbruch verhelfen.“, fasst Prof. Dr. Reif zusammen.

Gen-Chip und Pflanzenstoff-Analyse ersetzen Versuchsfelder
Die Revolution beginnt auf dem Versuchsfeld. Dort baut die Landessaatzuchtanstalt über 1600 Hybriden und ihre Elternlinien an. Vier international führende Weizenzüchtungsfirmen unterstützen sie bei den Versuchen.
Die Hybriden lassen die Forscher unter verschiedenen Umweltbedingungen aufwachsen. Danach prüfen sie von jeder Sorte das Ertragspotential.

Von den Elternlinien erstellen die Forscher ein individuelles Profil: Ein Gen-Chip bestimmt das charakteristische Erbgut jeder Pflanze. Eine Hochdurchsatz-Metabolit-Analyse misst die individuellen Inhaltsstoffe.

Diese Ergebnisse speisen die Forscher in ein mathematisches Modell und untersuchen so die Möglichkeit, exzellente Hybrideltern vorherzusagen. Mit der Zeit soll die gezielte Vorauswahl exzellenter Elternlinien der Hybridzüchtung beim Weizen zum Durchbruch verhelfen. Mit der entsprechenden Ertragssteigerung: zehn Prozent plus auf jedem Weizenfeld.

Hintergrund: Forschungsprojekt HYWHEAT
Das Forschungsprojekt HYWHEAT ist auf drei Jahre angelegt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert die Arbeit der Landessaatzuchtanstalt mit 620.000 Euro. Beteiligt sind an dem Projekt auch mehrere Saatzucht-Unternehmen. Das Gesamtprojektvolumen liegt bei ca. 2,5 Millionen Euro.

Hintergrund: Schwergewichte der Forschung
Rund 28 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler der Universität Hohenheim im vergangenen Jahr für Forschung und Lehre. In loser Folge präsentiert die Reihe „Schwergewichte der Forschung“ herausragende Forschungsprojekte mit einem Drittmittelvolumen von mindestens 250.000 Euro bei den Experimental- bzw. 125.000 Euro bei den Buchwissenschaften.

Media Contact

Florian Klebs idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-hohenheim.de

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