Nierenkranke Kinder profitieren von konsequenter Blutdrucksenkung

Bei chronisch nierenkranken Kindern lässt im Krankheitsverlauf die Nierenfunktion oft stetig nach, so dass sie schließlich auf eine regelmäßige Blutwäsche (Dialyse) oder Nierentransplantation angewiesen sind. Je länger man diesen Zeitpunkt hinauszögern kann, desto besser.

Die Ergebnisse einer Europäischen Studie zeigen jetzt erstmals, dass die Nierenfunktion länger erhalten bleibt, wenn der Blutdruck der Kinder konsequent abgesenkt wird. Leiter der Studie ist Professor Dr. Dr. Franz Schaefer, Sektionsleiter der Pädiatrischen Nephrologie im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg. Die Ergebnisse wurden heute im hochrangigen „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht.

Bei einer chronischen Nierenerkrankung nimmt die Funktion der Nieren langsam, aber stetig ab. Das bedeutet, dass die Nieren das Blut nicht mehr ausreichend filtrieren und Wasser, Salze und „Giftstoffe“ im Urin nur noch ungenügend ausscheiden. Der Körper kann das relativ lange kompensieren. Wenn die Nieren jedoch endgültig versagen, überleben die Patienten nur mit einer Nierenersatztherapie (Dialyse oder Nierentransplantation).

Weniger als ein Prozent der chronisch nierenkranken Patienten sind Kinder. Der Nierenschaden führt bei etwa der Hälfte dieser Kinder zu einem erhöhten Blutdruck. Meist sind angeborene Entwicklungsstörungen der Nieren und Harnwege oder erbliche Nierenerkrankungen die Ursache. Bei Erwachsenen hingegen sind Bluthochdruck und Diabetes die Hauptursachen für eine Nierenschwäche.

Strikte Blutdruckeinstellung reduziert das Dialyserisiko um 35 Prozent

„Aus Studien an Erwachsenen weiß man, dass sogenannte ACE-Hemmer (blutdrucksenkende Medikamente, die in das Hormonsystem der Niere eingreifen) die Nieren schützen können. Bislang fehlten jedoch zuverlässige Daten für eine Therapie beim Kind“, erklärt Professor Schaefer.

An der ESCAPE-Studie (Effect of Strict blood pressure Control and ACE inhibition on the progression of chronic renal failure in PEdiatric patients) nahmen 385 nierenkranke Kinder in 33 europäischen Behandlungszentren teil. Während in der konventionell behandelten Gruppe, bei der die Blutdruckwerte im oberen Normalbereich eingestellt wurden, nach 5 Jahren 41,7 Prozent der Kinder eine Nierenersatztherapie benötigten, waren dies in der intensiviert behandelten Gruppe mit Zielwert im unteren Normalbereich nur 29,9 Prozent der Patienten. Beide Gruppen erhielten einen ACE-Hemmer und, falls notwendig, weitere blutdrucksenkende Medikamente anderer Stoffklassen. Obwohl sich die therapeutisch erzielten Blutdruckwerte der beiden Gruppen nur leicht unterschieden (3-4 mmHg), waren die Ergebnisse signifikant besser mit der intensivierten Therapie.

Federführend in der Heidelberger Arbeitsgruppe war Frau Privatdozentin Dr. Elke Wühl: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine konsequente, strenge Blutdruckeinstellung das Risiko des endgültigen Nierenversagens um 35 Prozent senken kann. Besonders gut stehen die Chancen eine Nierenersatztherapie aufschieben zu können, wenn nicht nur die angestrebten Blutdruckwerte erreicht werden, sondern zu Behandlungsbeginn auch eine Abnahme der häufig erhöhten Eiweißausscheidung im Urin erzielt werden kann. “

Literatur:
Strict Blood-Pressure Control and Progression of Renal Failure in Children. The ESCAPE Trial Group, New England Journal of Medicine, 2009, 361(17), 1639-1650

http://content.nejm.org/cgi/content/abstract/361/17/1639

Weitere Informationen über die Sektion Pädiatrische Nephrologie:
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Sektion-Paediatrische-Nephrologie.5158.0.html
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Dr.h.c. Franz Schaefer
Sektionsleiter Pädiatrische Nephrologie
Leiter KfH-Nierenzentrum für Kinder und Jugendliche
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
Im Neuenheimer Feld 430
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 32 396
Fax: 06221 / 56 51 66
E-Mail: franz.schaefer(at)med.uni-heidelberg.de
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 7.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit 1.600 Betten werden jährlich rund 500.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.100 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. (Stand 12/2008)
Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 45 36
Fax: 06221 / 56 45 44
E-Mail: annette.tuffs(at)med.uni-heidelberg.de

Media Contact

Dr. Annette Tuffs idw

Weitere Informationen:

http://www.klinikum.uni-heidelberg.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

KI-basierte Software in der Mammographie

Eine neue Software unterstützt Medizinerinnen und Mediziner, Brustkrebs im frühen Stadium zu entdecken. // Die KI-basierte Mammographie steht allen Patientinnen zur Verfügung und erhöht ihre Überlebenschance. Am Universitätsklinikum Carl Gustav…

Mit integriertem Licht zu den Computern der Zukunft

Während Computerchips Jahr für Jahr kleiner und schneller werden, bleibt bisher eine Herausforderung ungelöst: Das Zusammenbringen von Elektronik und Photonik auf einem einzigen Chip. Zwar gibt es Bauteile wie MikroLEDs…

Antibiotika: Gleicher Angriffspunkt – unterschiedliche Wirkung

Neue antimikrobielle Strategien sind dringend erforderlich, um Krankheitserreger einzudämmen. Das gilt insbesondere für Gram-negative Bakterien, die durch eine dicke zweite Membran vor dem Angriff von Antibiotika geschützt sind. Mikrobiologinnen und…

Partner & Förderer