Neurofibromatose-Forschung: UKE-Wissenschaftler weisen gestörte Kommunikation der Nervenzellen nach

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und des Leibniz Instituts für Altersforschung/Fritz-Lipmann-Institut in Jena haben in der Fachzeitschrift Brain erstmals solche Defizite im neuronalen Informationsaustausch beschrieben. Dies kann möglicherweise die schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Muskelschwäche oder die Bildung gutartiger Tumoren bedingen.

Die Neurofibromatose Typ 2 (NF2) ist eine erbliche Erkrankung, der eine fehlerhafte Bildung des Eiweißstoffes Schwannomin zugrunde liegt. NF2-Patienten entwickeln Tumoren im Nervensystem, insbesondere ausgehend von den sogenannten Schwannzellen. Das sind Zellen, deren Aufgabe es ist, die Nervenfasern zu umhüllen und zu schützen.

„Am häufigsten betroffen sind die Hörnerven, so dass die meisten NF2-Patienten ertauben. Zusätzlich entwickeln viele Patienten fortschreitende Nervenschäden, die nicht ohne weiteres auf Tumore zurückzuführen sind und zu Muskelschwäche und Gefühlsstörungen führen“, sagt Prof. Dr. Christian Hagel, stellvertretender Leiter des Instituts für Neuropathologie. Jährlich erkranken etwa 2500 Menschen in Deutschland an NF2, eine Heilung ist derzeit nicht möglich.

In der vorliegenden Studie konnten die Wissenschaftler erstmals zeigen, dass bei NF2 der Informationsaustausch zwischen Nervenfasern und Schwannzellen, der für die Entwicklung und Funktion der Nerven unabdingbar ist, gestört ist.

Ursache dieser Fehlfunktion sind die Nervenfasern, die bei NF2-Patienten weniger von dem Signalstoff Neuregulin-1 enthalten. Vermutlich als Reaktion auf die schwachen Signale der Nervenfasern zeigen Schwannzellen eine vermehrte Produktion des Neuregulin-1-Rezeptors, der Einfluss auf die Differenzierung und das Wachstum der Zellen hat.

„Die in der Studie nachgewiesenen Störungen könnten sowohl zum Verfall der Nervenfasern selbst beitragen und somit für die fortschreitende Nervenschädigung verantwortlich sein als auch über die gesteigerte Produktion des Neuregulin-1-Rezeptors in den Schwannzellen bei der Tumorentstehung eine Rolle spielen“, sagt Dr. Helen Morrison aus Jena. Weitere Studien sollen hier neue Aufschlüsse geben.

Die Forschungsergebnisse wurden von den beiden Arbeitsgruppen zunächst unabhängig voneinander im Modell sowie an Gewebeproben von Patienten erhoben und später in enger Kooperation zusammen weitergeführt.

Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf gibt es eine Spezialambulanz für Patienten mit Neurofibromatose (E-Mail: nfambulanz@uke.de). Weitere Informationen finden Patienten und Angehörige auch auf den Internetseiten des Bundesverbandes Neurofibromatose: www.bv-nf.de.

Literatur:
Schulz A, Kyselyova A, Baader SL, Jung MJ, Zoch A, Mautner VF, Hagel C, Morrison H. Neuronal merlin influences ERBB2 receptor expression on Schwann cells through neuregulin 1 type III signalling. Brain. 2013 Dec 5. [Epub ahead of print]
http://brain.oxfordjournals.org/content/early/2013/12/05/brain.awt327.
full.pdf+html
Kontakt:
Prof. Dr. Christian Hagel
Institut für Neuropathologie
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistr. 52
20246 Hamburg
Telefon: (040) 7410-52223
E-Mail: hagel@uke.de

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Christine Trowitzsch idw

Weitere Informationen:

http://www.uke.de

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