Nashornbaby aus dem Eis

Am 22. Oktober 2008 um 4:57 Uhr kam das männliche Nashornbaby im Budapester Zoo auf die Welt. Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin hatten im Juni 2007 seine Mutter, die Nashornkuh Lulu, mit tiefgefrorenem Bullensperma künstlich besamt.

Das Nashornbaby bringt 45 Kilo auf die Waage. Es ist wohlauf und wurde von der Mutter angenommen. „Die Geburt ist ein wichtiger Erfolg für den Artenschutz und den Erhalt der Biodiversität“, sagt der beteiligte IZW-Wissenschaftler Dr. Robert Hermes.

In der aktuellen Online-Ausgabe der Fachzeitschrift „Theriogenology“ berichten die Wissenschaftler ausführlich darüber, wie man Nashörner mit Gefriersperma befruchtet. Die Forscher haben es weltweit erstmals geschafft, ein Nashorn mit Tiefgefriersperma zu besamen, das drei Jahre lang bei minus 196 Grad Celsius in flüssigem Stickstoff gelagert wurde.

Für den 38-jährigen und damit hoch betagten Reagenzglasvater Simba aus Großbritannien ist dies der erste Nachwuchs. Trotz zweier junger Artgenossinnen im Zoo von Colchester hatte er bisher noch keine Nachkommen zeugen können. Zur Überraschung der IZW-Wissenschaftler waren seine Spermien bei einer Fruchtbarkeitsuntersuchung von sehr guter Qualität und eigneten sich hervorragend für die Lagerung in flüssigem Stickstoff.

Für das Tiefgefrieren der Spermien wurde eine neuartige, für Wildtierspermien schonende Gefriertechnik angewendet. Die Wissenschaftler der Forschungsgruppe Reproduktionsmanagement des IZW haben die dreijährige Eisstarre der Spermien beendet und die wieder mobilen Samen tief in die Gebärmutter der Budapester Nashorndame eingepflanzt. Die Wissenschaftler setzten dabei ein am Berliner IZW entwickeltes nicht-chirurgisches Besamungsverfahren ein. Das internationale Artenschutzprojekt wurde maßgeblich durch die Veterinärmedizinische Universität Wien begleitet.

„Dieser wissenschaftliche Erfolg bietet erstmals die Möglichkeit, neues Erbmaterial aus der Wildnis in die Nashornzucht einzubringen, ohne dass dazu Tiere transportiert werden müssen“, sagt Hermes. „Künftig können Reproduktionsexperten frei lebende Bullen betäuben, ihnen Sperma entnehmen und den gefrorenen Samen zum Beispiel in Nachzuchten in Zoos weltweit nutzen. Dies ist ein enorm wichtiges Ergebnis für die Artenschutzbemühungen.“ Besonders für das Nördliche Breitmaulsnashorn, von dem es weltweit nur noch acht Exemplare in zoologischen Gärten gibt, könnte dies das Überleben bedeuten. Mittels der etablierten Methode und der patentierten Technologie sind die Wissenschafter des IZW in der Lage, bedrohte Tierarten nachhaltig zu konservieren und bei Bedarf aus dem „Eis“ zu holen. Der einzige Engpass stellt die Finanzierung dieser Vorhaben dar. Das IZW kämpft um jeden Cent, aber die Zeit läuft davon.

Informationen und Fotos:

Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW)
im Forschungsverbund Berlin e.V.
Alfred-Kowalke-Str. 17
10315 Berlin
Dr. Robert Hermes, 030 5168 243, hermes@izw-berlin.de
Dipl.-Soz. Steven Seet, 0177 8572673, 030 5168 108, seet@izw-berlin.de
Dr. Thomas Hildebrandt, 030 5168 220, hildebrandt@izw-berlin.de
Ansprechpartner am Zoo in Budapest:
Zoltan Hanga
Spokesman Zoo Bupapest
Phone +36 1 273 4910
Mobile: +36 20 2005812
Fotos (Copyright: Bela Szandelszky)
http://www.fv-berlin.de/pm_archiv/2008/Fotos/BUD101.jpg
http://www.fv-berlin.de/pm_archiv/2008/Fotos/BUD102.jpg
http://www.fv-berlin.de/pm_archiv/2008/Fotos/BUD103.jpg
http://www.fv-berlin.de/pm_archiv/2008/Fotos/BUD104.jpg
Hintergrundinformation:
http://www.fv-berlin.de/pm_archiv/2004/44-nashorn.html
http://www.fv-berlin.de/pm_archiv/2007/05-lulubaby.html
http://www.fv-berlin.de/pm_archiv/2005/38-lulubaby.html
Hintergrundinformationen Leibniz:
Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) ist eine national und international renommierte Forschungseinrichtung, die anwendungsorientierte und interdisziplinäre Grundlagenforschung in den Bereichen Evolutionsökologie und -genetik, Wildtierkrankheiten, sowie Reproduktionsbiologie und -management bei Zoo- und Wildtieren betreibt. Aufgabe des IZW ist die Erforschung der Vielfalt der Lebensweisen, der Mechanismen evolutionärer Anpassungen und der Anpassungsgrenzen inklusive Krankheiten von Zoo- und Wildtieren in und außerhalb menschlicher Obhut sowie ihrer Wechselbeziehungen mit Mensch und Umwelt. Die gewonnenen Erkenntnisse sind Voraussetzung für einen wissenschaftlich begründeten Artenschutz und für Konzepte der ökologischen Nachhaltigkeit der Nutzung natürlicher Ressourcen. www.izw-berlin.de

Das IZW ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören zurzeit 82 Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung. Diese beschäftigen etwa 13.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind ca. 5.400 Wissenschaftler, davon wiederum 2.000 Nachwuchswissenschaftler. Der Gesamtetat aller Institute der Leibniz-Gemeinschaft liegt bei mehr als 1,1 Mrd. Euro pro Jahr. Die Drittmittel betragen etwa 225 Mio. Euro pro Jahr.

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Christine Vollgraf Forschungsverbund Berlin e.V.

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