Narkosegase: Klimawirkung von einer Million Autos

Auch in Spitälern bestehen bisher ungenutzte Möglichkeiten des Klimaschutzes.

Ein Beispiel dafür ist die Anästhesiologie, wie Chemiker der Universität Kopenhagen gemeinsam mit US-Kollegen im „British Journal of Anaesthesia“ berichten. Die etwa bei Operationen eingesetzten Narkosegase sind um ein Vielfaches klimaschädlicher als CO2. „Alleine die in den USA verwendeten Narkosegase haben ein Erwärmungspotenzial, das jenem der Abgase von einer Mio. Autos entspricht“, erklärt Studienleiter Ole John Nielsen im pressetext-Interview.

Manche Gase besonders schädlich

Konkret überprüften die Atmosphärenchemiker drei Narkosegase, die derzeit im Umlauf sind, auf ihre Klimawirkung. Sevoflurane zeigten dabei einen 210-fache Auswirkung im Vergleich zu Kohlendioxid (CO2), Isoflurane den Faktor 510 und Desflurane sogar 1.620. Narkosegase sind mit einer Lebensdauer von zwei bis acht Jahren kurzlebig. Noch deutlichere Ergebnisse liefert somit eine Betrachtung über 20 statt wie üblich über 100 Jahre. „Im kürzeren Zeitraum ist die Klimawirkung von einem Kilogramm Desfluranen mit 5,1 Tonnen CO2 gleichzisetzen“, so Nielsen.

Narkosegase werden bei OPs sparsam eingesetzt und auch ihr Anteil an der gesamten Treibhausgas-Bilanz des Menschen ist verschwindend gering. Dennoch sollte man auch kleine Möglichkeiten des Klimaschutzes nutzen, so die Forscher. „Falls kein therapeutischer Unterschied besteht, sind Sevoflurane die verträglichere Alternative zu Desfluranen“, erklärt der dänische Forscher.

Aufwachphase und Verträglichkeit anders

„Die drei Narkosegase werden unterschiedlich eingesetzt“, berichtet Eckhard Meinhausen, Präsidiumsmitglied des Berufsverband deutscher Anästhesisten http://www.bda.de , im pressetext-Interview. Am häufigsten wenden Anästhesisten Sevoflurane an, die im Klima-Vergleich besser abschnitten. „Sie eignen sich am besten für die Einleitung per Inhalation und haben angenehmen Geruch, was bei Kindern praktisch ist.“ Mit Isofluranen behandelte Patienten haben eine verlängerte Aufwachphase, was manchmal ein Nachteil ist. „Desoflurane werden hingegen besonders in der ambulanten Chirurgie eingesetzt, da sie ein schnelles Aufwachen erlauben. Zudem eigenen sie sich gut für Adipöse.“

Das Narkosewesen wird laut Meinhausens Einschätzung nicht zusammenbrechen, würde man Desoflurane für den medizinischen Einsatz verbieten. Längst gibt es neben der Inhalation auch intravenöse Narkoseformen, die ganz ohne Gas auskommen. „Erhebliche Probleme“ seien im Fall des Falles dennoch vorherzusehen – besonders bei Patientengruppen, für die das Narkosegas bisher am besten geeignet ist.

Originalartikel unter http://bja.oxfordjournals.org/content/105/6/731.extract

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Johannes Pernsteiner pressetext.redaktion

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