Motorlager auf Basis von Löwenzahn

ContiTech Motorlager aus Taraxagum (c) ContiTech AG

Entwickler von ContiTech Vibration Control testen derzeit, ob sich der Naturkautschuk aus Löwenzahn auch einsetzen ließe, um Motorschwingungen zu reduzieren. Auf der IAA präsentiert ContiTech jetzt erste, viel versprechende Forschungsergebnisse für den Einsatz in Schwingungs- und Lagerungselemente von Fahrzeugen.

Hier soll der Naturkautschuk helfen, die Elemente auf die unterschiedlichen Anwendungen in Getriebe- und Motorlagern anzupassen und die Teile gleichzeitig langlebig zu machen. Mit Hilfe von Motorlagern wird in Autos das Antriebsaggregat mit der Karosserie verbunden. Sie nehmen statische Lasten auf, isolieren den Körperschall, begrenzen die Bewegung des Motors und verhindern, dass er bei einem Unfall abreißt. Zusätzlich dämpfen sie Schwingungen und Stöße, die von der Fahrbahn ausgehen.

»Die Anforderungen an Aggregatelager sind ganz andere als an Reifen. Wir müssen beispielsweise mit starken dynamischen Beanspruchungen bei hohen Temperaturen zurechtkommen. Darum haben wir bei unseren Entwicklungen einen anderen Fokus als die Reifenkollegen«, sagt Dr. Anna Misiun, die bei ContiTech Vibration Control die Aktivitäten zum Projekt leitet. Unabhängig davon, wofür der Löwenzahn-Kautschuk verwendet wird, bietet seine Nutzung große Vorteile für die Umwelt.

Bessere CO2-Bilanz des Rohstoffs,
größere Unabhängigkeit von schwankenden Marktpreisen

Professor Dirk Prüfer und Dr. Christian Schulze Gronover vom Fraunhofer IME und dem Institut für Biologie und Biotechnologie der Pflanzen der Uni Münster: »Der anspruchslose Löwenzahn wächst in gemäßigtem Klima und selbst auf Böden, die für die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln nicht geeignet sind. Transporte aus tropischen Ländern entfallen damit. Das verbessert die CO2-Bilanz des Rohstoffs beträchtlich.« Auch die größere Unabhängigkeit von traditionellen Rohstoffen mit teilweise stark schwankenden Marktpreisen bietet Vorteile für die Industrie.

Die Entwicklung eines umwelt- und ressourcenschonenden Verfahrens zur Produktion von Naturkautschuk im industriellen Maßstab ist das Ziel der gemeinsamen Arbeit der Wissenschaftler von Continental und Fraunhofer IME. Diesem Ziel ist man bereits ein ganzes Stück näher gekommen mit der Entwicklung einer Pilotanlage zur Extraktion von Naturkautschuk aus den Wurzeln des russischen Löwenzahns – und mit der Herstellung entsprechender Reifen-Prototypen, die im Test genauso gut abschnitten wie Reifen auf Basis des Kautschukbaums.

Dafür wurden die beteiligten Wissenschaftler unter anderem mit einem Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2015 ausgezeichnet. Jetzt soll die Produktion so skaliert werden, dass sie schließlich im industriellen Tonnenmaßstab funktioniert. Die »Pusteblume« entwickelt sich damit in der Gummiproduktion zu einer ökologisch und ökonomisch äußerst attraktiven Alternative zum tropischen Kautschukbaum.

Bis zu einer industriellen Fertigung von Produkten auf Basis von Löwenzahn-Kautschuk wird es jedoch noch einige Jahre dauern. »Jetzt müssen erst einmal die Hausaufgaben gemacht werden: Die Pflanze muss weiter optimiert werden. Für einen möglichst hohen Kautschukertrag, Aussaat, Anbau und Kautschuk-Extraktion in großem Maßstab«, so die beiden Wissenschaftler.

http://www.ime.fraunhofer.de

Media Contact

Sabine Dzuck Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften

Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer