Magnetfeld bremst Stern ab
Die Forscher des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) haben das Magnetfeld der Sterne zunächst im Computer simuliert und dann mit Ergebnissen eines speziellen Experimentalaufbaus verglichen, der im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) realisiert worden ist.
Ziel und Erfolg des Experiments war es nachzuweisen, dass ab einer kritischen Magnetfeldstärke eine theoretisch bekannte und vorhergesagte Instabilität des Magnetfeldes tatsächlich auftritt. Dieser magnetische Effekt kann das Plasma im Inneren eines Sterns zähflüssiger machen und dadurch seine Rotationsgeschwindigkeit stärker verringern.
„Theoretisch haben wir die Tayler-Instabilität von Magnetfeldern schon seit Jahren als möglichen Mechanismus für das Abbremsen von Sternen in Betracht gezogen, nur war ihre tatsächliche Existenz bisher völlig unbewiesen. Nun ist sie sicher!“, sagt Günther Rüdiger, der Verantwortliche des Projekts auf Potsdamer Seite.„Unsere Berechnungen wurden durch das Experiment in hervorragender Weise bestätigt!“ freut sich auch Marcus Gellert, der mit Computer-Simulationen das Experiment vorbereitet hat.
Geht man von einem Stern aus, dessen Kern sich ähnlich schnell um die eigene Achse dreht wie der unserer Sonne, so muss sich dieser im Laufe seiner Entwicklung auf etwa zehn Prozent des Anfangswertes verlangsamen, damit die tatsächlich beobachteten, weit geringeren Rotationsgeschwindigkeiten eines Sterns im Endstadium als Weißer Zwerg (10 km/s) oder Neutronenstern erreicht werden. Eine andauernde magnetische Instabilität böte den effektivsten Abbremsungsmechanismus und damit ein plausibles Erklärungsmodell für solch eine enorme Verlangsamung. Ob und wie kontinuierlich die Instabilität nicht nur im Labor sondern auch im Inneren der Sterne wirkt, werden zukünftige Beobachtungen und verbesserte Simulationen zeigen. Der jetzt erfolgte experimentelle Nachweis der Instabilität könnte damit ein wichtiges Detail in der Theorie der Sternentwicklung erschließen.
Nach dem im Jahr 2010 mit dem Preis „Wissenschaft und Gesellschaft“ des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft ausgezeichneten „PROMISE“-Experiment zur magnetischen Scherinstabilität, ist dies bereits das zweite Mal, dass die Potsdamer Wissenschaftler zusammen mit dem Team vom HZDR die Physik der Sterne erfolgreich ins Labor geholt haben.
Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) beschäftigt sich vorrangig mit kosmischen Magnetfeldern und extragalaktischer Astrophysik. Daneben wirkt das Institut als Kompetenzzentrum bei der Entwicklung von Forschungstechnologie in den Bereichen Spektroskopie, robotische Teleskope und E-Science. Das AIP ist Nachfolger der 1700 gegründeten Berliner Sternwarte und des 1874 gegründeten Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam, das sich als erstes Institut weltweit ausdrücklich der Astrophysik widmete. Das AIP ist eine Stiftung bürgerlichen Rechts und ein Institut der Leibniz-Gemeinschaft. Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören derzeit 86 Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung sowie drei assoziierte Mitglieder, die wissenschaftliche Fragestellungen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung bearbeiten.
Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof. Dr. G. Rüdiger, Dr. M. Gellert, Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP), E- Mail: gruediger@aip.de, mgellert@aip.de, Tel. : 0331-7499 530
Presse-Kontakt:
Dr. Gabriele Schönherr / Kerstin Mork, E-Mail: presse@aip.de, Tel.: 0331-7499469
Weitere Informationen:
http://arxiv.org/abs/1201.2318
Rüdiger G., Gellert M., Schultz M., Strassmeier K.G., Stefani F., Gundrum Th., Seilmayer M., Gerbeth G.: Critical fields and growth rates of the Tayler instability as probed by a columnar gallium experiment
http://prl.aps.org/abstract/PRL/v108/i24/e244501
Martin Seilmayer, Frank Stefani u.a.: Evidence for transient Tayler instability in a liquid metal experiment, in: Physical Review Letters
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.aip.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie
Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.
Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.
Neueste Beiträge
Druck- und Temperaturmessung im Wälzkontakt
… unter Mischreibung dank innovativem Dünnschicht-Multisensor. Die Messung von Druck und Temperatur spielt eine entscheidende Rolle in verschiedenen technischen Anwendungen von Wälzlagern über Verzahnungen bis hin zu Dichtungen. Vor allem…
Wie Zellen die Kurve kriegen
Die Krümmung einer Oberfläche bestimmt das Bewegungsverhalten von Zellen. Sie bewegen sich bevorzugt entlang von Tälern oder Rillen, während sie Erhebungen meiden. Mit diesen Erkenntnissen unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für…
Herzinsuffizienz: Zwei Jahre mit Herzpflaster
Patient berichtet über Erfahrungen. Weltweit einzigartig: Patient*innen mit Herzschwäche wurde im Rahmen einer Studie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) im Labor gezüchtetes Herzgewebe implantiert. Das sogenannte…