Laserstrahlführung durch die Roboterachsen ermöglicht flexible Bauteilbeschnitte

Für die industrielle lasergestützte Fertigung sind der Automatisierungsgrad, eine hohe Flexibilität und lange Standzeiten bei einem geringen Invest immer noch die zentralen Forderungen. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien haben sich CO2-Laser für das Laserstrahlschneiden seit den 90er Jahren etabliert. Die Einbindung dieser Laserquellen in Anlagen kann sehr unterschiedlich erfolgen. So bieten Portalanlagen hohe Genauigkeit und Flexibilität bei 3D-Bearbeitungen, schneiden jedoch auf der Kostenseite negativ ab. Die günstigere Alternative sind Roboter mit integrierten Lasersystemen im Oberarm. Dagegen sinkt die Dynamik aufgrund des hohen Gewichtes und die Laserleistung ist teilweise bauraumbegrenzt.

Eine Alternative ist die Jenoptik Votan C Bim (Beam in motion), bei der der Laserstrahl in den Fuß eines hängenden Roboters eingekoppelt und dann durch die Achsen des Roboters über Spiegel bis zur Schneiddüse geführt wird. Der Strahlengang bleibt in seinen Abmessungen somit konstant und es treten keine Veränderungen des Strahls auf. Der leichte Roboter (110 kg) ist so weder mit einem geführten Spiegelgelenkarm in seiner Dynamik behindert noch durch einen integrierten, leistungsschwachen Laser.

Des Weiteren ist diese Lösung faserunabhängig und dennoch skalierbar bis 5 kW. Als Laserquelle finden CO2-Laser Verwendung. Die gesamte Anlage benötigt eine Stellfläche von nur knapp 12 m². Durch den Aufbau mit einem Grundgestell ist die Anlage beliebig versetzbar und bleibt bei einem Produktionsstättenwechsel oder -umbau flexibel.

Die Votan C Bim basiert auf einem modularen Konzept, das erlaubt, die Anlage an die spezielle Kundenanforderung anzupassen. So ist es zum Beispiel möglich, die Anlage je nach Bauteilgröße und Taktzeitvorgabe mit bis zu zwei Robotern und einem Laser oder zwei Robotern und zwei Lasern auszustatten. Bauteilgrößen bis 3 m × 2 m × 0,5 m können bei Wiederholgenauigkeiten von ±0,1 mm und Bahngenauigkeiten von ±0,15 bis ±0,3 mm bearbeitet werden. Mit der Laseranlage können sowohl Kunststoffe als auch Metalle bearbeitet werden. Um die vielfältigen Möglichkeiten aufzuzeigen, werden zwei Applikationsbeispiele aus dem Automotive-Segment vorgestellt.

Das erste Beispiel ist die Bearbeitung einer Akustikdämmmatte, die im Pkw-Fußraum zur akustischen Entkoppelung von Motorraum und Fahrgastzelle eingesetzt wird. Sie besteht aus einem Vliesmaterial mit einer Dicke zwischen 8 und 25 mm und Abmessungen von 1600 mm × 1200 mm × 500 mm. Notwendig sind Durchschnitte und ein Besäumen mit einer Gesamtlänge von etwa 17 m.

Zuvor wurde der Beschnitt der Matte mit einer Wasserstrahlschneidanlage ausgeführt. Dabei ergaben sich jedoch prozessbedingte Nachteile. So führte das Ausfasern der Beschnittkante zur Partikelbildung, die beim späteren Einbau der Matte Atemwegsbeeinträchtigungen der Mitarbeiter zur Folge hatte. Als alternatives Verfahren wurde der Laserbeschnitt ausgewählt, weil dadurch eine höhere Kantenqualität bei gleicher Prozesszeit garantiert werden konnte. Zusätzlich sanken die Prozesskosten, weil die Aufbereitung des Wassers sowie der tägliche Wechsel der Düsen entfällt.

Weiterhin wird die Standzeit und damit die Maschinenverfügbarkeit erhöht. Der Aufbau der Anlage erfolgte in einer Doppelausführung, das heißt, dass mit zwei Laserrobotern simultan geschnitten wird. Der Vorteil in diesem Konzept liegt in der Halbierung der Schnittzeit.

Bei metallischen Schneidanwendungen zielt das System insbesondere auf das Besäumen und Lochbeschnitte komplexer 3D-Bauteile ab wie A-, B- und C-Säulen, Heckklappen, Tailored Tubes oder Tailored Blanks. Es können hochfeste Stähle aus dem Fahrzeugbau, hochlegierte Stähle, Aluminiumwerkstoffe und Messingwerkstoffe bearbeitet werden. Das zweite Applikationsbeispiel zeigt das Besäumen und Lochbeschnitte einer B-Säule aus hochfestem Stahl. Die Wandstärke beträgt 1 bis 1,5 mm bei Abmessungen von 1200 mm × 300 mm × 200 mm. Das Bauteil durchläuft zunächst einen Warmumformprozess mit Härtung des Materials.

Durch die anschließende Schrumpfung des Werkstücks ist es nicht möglich, die Lochgeometrien gleichzeitig mit abzuformen. Es würden sich durch die unterschiedliche geometrische Ausdehnung der B-Säule während des Schrumpfens Langlöcher statt der geforderten kreisrunden Geometrien ausbilden. Daher schließen sich der Lochbeschnitt und das Besäumen als nachfolgender Bearbeitungsschritt an.

Die Randbeschnittlänge beträgt etwa 2 m und die Lochdurchmesser variieren zwischen 10 und 25 mm. Die geforderte Genauigkeit liegt bei ±0,2 mm. Mit einer Leistung von 3 kW wurde für das Bauteil eine Schnittgeschwindigkeit von 8 m/min gewählt. Es ist auch denkbar, diesen Aufbau als Doppelanlage auszuführen. Elementar für die Schnitt- und Kantenqualität ist dabei ein konstanter Schneiddüsenabstand. Die bei der Bearbeitung entstehende Schmelze wird mit Schneidgas ausgetrieben. Vergrößert sich der Düsenabstand, so sinkt der Schneidgasdruck und die flüssigen Metallphasen können nicht mehr restlos aus der Schnittfuge entfernt werden.

Als Konsequenz wird eine Riefenstruktur der Schnittkante sichtbar oder es kommt sogar zur Bartbildung an der Unterseite des Bauteils. Aus diesem Grund ist die Votan C Bim mit einer Abstandsregelung ausgestattet, die es erlaubt, über eine kapazitive Sensorik den Bearbeitungsabstand konstant und somit bei schwankenden Bauteilmaßen das Ergebnis auf gleich hohem Niveau zu halten.

M. Eng. Dipl.-Ing. (FH) Andreas Patschger ist Applikationsingenieur im Bereich Laser Metal Processing bei der Jenoptik Automatisierungstechnik GmbH in 07745 Jena. Dr.-Ing. habil. Jean Pierre Bergmann ist dort Leiter Laser Metal Processing.

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Andreas Patschger und Jean Pierr MM MaschinenMarkt

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