Kreidezeit gibt Aufschlüsse über Klimaentwicklung

Michael Wagreich und Stephanie Neuhuber vom Department für Geodynamik und Sedimentologie der Universität Wien untersuchten Klima- und Umweltbedingungen der jüngeren Kreidezeit (ca. 100 bis 65 Millionen Jahren) und stellten dabei fest, dass die damaligen extremen Klimaänderungen mehr Schaden angerichtet haben als bisher angenommen.

Die Ergebnisse des Großprojekts deuten auf sehr lange Regenerationsphasen des Klimas hin. Für den derzeitigen globalen Klimawandel bedeutet diese Erkenntnis, dass seine Ausmaße äußerst gravierend sein könnten.

Im Rahmen eines internationalen geowissenschaftlichen UNESCO-Projekts untersuchten die ErdwissenschafterInnen gemeinsam mit internationalen KollegInnen kreidezeitliche Meeresablagerungen an unterschiedlichen Standorten, um Aufschlüsse über damalige Klimaschwankungen zu erhalten

Zwei Extreme: Schwarzschiefer und Rotsedimente
Insbesondere das Auftreten von Schwarzschiefern und Rotsedimenten – zwei wesentlichen Klimaindikatoren – wurde genauer unter die Lupe genommen. Michael Wagreich und Stephanie Neuhuber waren für die chemische Analyse und Datierung dieser Gesteine in Österreich verantwortlich, die sie u.a. in den Bergen rund um Gmunden untersuchten.

Finden sich Schwarzschiefer (schwarze Tone) in Sedimentschichten, ist das ein Hinweis auf Sauerstoffarmut. Diese Gesteine zeigen sogenannte Todeszonen innerhalb der Weltmeere während der Kreidezeit an. Durch eine enorme Überdüngung der Meere mit Nährstoffen und daraus folgenden Planktonblüten wurde mehrmals im Zeitraum vor 65 bis 100 Millionen Jahren giftiger Schwefelwasserstoff freigesetzt. So konnte kein Sauerstoff den Meeresboden erreichen und ein massives Aussterben mariner Lebewesen (Oceanic Anoxic Events) war die Folge.

„Die Berechnungen von Treibhausgaskonzentrationen für die Kreidezeit überschreiten prä-industrielle Kohlendioxidkonzentrationen um das zwei- bis sechsfache“, erklärt Wagreich. Der Treibhauseffekt ist in der Erdgeschichte also kein neues Phänomen, und seine Auswirkungen führten immer zu einschneidenden globalen Veränderungen, sowohl in der Pflanzen- als auch in der Tierwelt.

Im Gegensatz zu Schwarzschiefern kennzeichnen Rotsedimente extrem sauerstoffreiche Bodenwasserbedingungen. Ihre rote Färbung stammt von oxidiertem Eisen, das in Form des Minerals Hämatit fein verteilt in diesen Sedimenten vorliegt. Schwarzschiefer und Rotsedimente bilden somit die beiden Extreme der kreidezeitlichen Klimaschwankungen ab.

Extreme Intensität des aktuellen CO2-Anstiegs
Ein wesentliches Ergebnis des weltweiten Vergleichs (u.a. im Nordatlantik, in Italien, Österreich, Türkei, Tibet und Neuseeland) war die Erkenntnis, dass Schwarzschiefer und Rotablagerungen global gleichzeitig und mehrmals gebildet wurden. Dazwischen fanden sich jedoch keine langen Übergangsphasen, sondern es kam immer wieder zu abrupten klimagesteuerten Abfolgen von roten zu schwarzen Ablagerungen.
Rückkehr zur Normalität?
„Unsere Analysen der Ablagerungen und daraus resultierende Modellrechnungen zum Abbau der hohen Treibhausgaskonzentrationen ergeben einen pessimistischen Ausblick auf die Klimaentwicklung“, resümiert der Erdwissenschafter: „Die Übergänge von schwarzen zu roten Sedimenten belegen, dass der Zeitraum bis zur Rückkehr zu einem 'normalen' Klima sehr lang ist.“ Der Prozess des Kohlendioxidabbaus scheint in der Erdgeschichte noch um eine Größenordnung langsamer abgelaufen zu sein als der Aufbau. Demzufolge kann ein vom Menschen in kürzester Zeit geschaffenes Treibhausklima die Erde über – auch erdgeschichtlich – lange Zeiträume beherrschen.
Abschlussbericht des internationalen geowissenschaftlichen UNESCO-Projekts: (International Geoscience Project IGCP 463: Upper Cretaceous Oceanic Red Beds: Response to Ocean/Climate Global Change)

http://www.cretaceousworld.com/IGCP555.asp

Kontakt:
Ao. Univ.-Prof. Dr. Michael Wagreich
Department für Geodynamik und Sedimentologie
Universität Wien
1090 Wien, Althanstraße 14
T +43-1-4277-534 65
michael.wagreich@univie.ac.at
Rückfragehinweis:
Mag. Alexandra Frey
Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien
1010 Wien, Dr.-Karl-Lueger-Ring 1
T +43-1-4277-175 31
M +43-664-602 77-175 31
alexandra.frey@univie.ac.at

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Alexandra Frey idw

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