Kognitive Störungen zur Früherkennung von Psychosen

Dies berichtet ein internationales Forschungsteam, das diese sogenannten kognitiven Störungen unter Leitung der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel erstmals in einer Metaanalyse mit über 2000 Hochrisikopatienten und Gesunden untersucht hat. Die Studie wird in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift «Archives of General Psychiatry» der American Medical Association veröffentlicht.

Neurokognitive Störungen in den Bereichen Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis gelten seit langem als ein gemeinsames Merkmal von Schizophrenie und sind damit eine wichtige Manifestation dieser Erkrankung. Über die Entwicklung solcher kognitiven Defizite, angefangen bei der ersten psychotischen Episode über den folgenden Verlauf der Erkrankung, ist noch wenig bekannt. Diskutiert wird etwa die Frage, ob die kognitiven Störungen im Lauf der Zeit gleich bleiben oder sich verschlechtern. Ebenfalls unklar war, inwieweit die beobachteten Defizite mit der Anfälligkeit von Menschen für Psychosen zusammenhängen und ob sie möglicherweise zur Früherkennung der Krankheit dienen können.
Die eben veröffentlichte Untersuchung wurde in Zusammenarbeit mit Forschenden aus Grossbritannien, Australien und Italien von der Arbeitsgruppe um Prof. Stefan Borgwardt, Extraordinarius für Neuropsychiatrie der Universität Basel und Leitender Arzt des Zentrums für Diagnostik und Krisenintervention der Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) Basel, geleitet. Sie ist die erste Metaanalyse von Studien, welche neurokognitive Störungen bei beginnenden psychotischen Symptomen bei einer derart grossen Gruppe systematisch untersucht: In einer Stichprobe von 1188 Hochrisikopatienten und 1029 gesunden Kontrollpersonen wurde nachgewiesen, dass Erstere deutliche neurokognitiven Beeinträchtigung aufwiesen; besonders in zwei der kognitiven Gebiete wurde dies deutlich (Gedächtnis, Sprachkompetenz). Da die bisherigen klinischen Hochrisiko-Kriterien noch ungenügend sind, können solche kognitiven Marker die Früherkennung von Psychosen und präventive Interventionen möglicherweise verbessern.

Die Untersuchung wirft auch ein neues Licht auf die zugrundeliegenden Mechanismen der schizophrenen Psychose, die weltweit etwa jede hundertste Person erleidet. Betroffene hören zum Beispiel Stimmen, die sonst niemand vernimmt, oder glauben wahnhaft, dass sie verfolgt werden. Ihr manchmal verändertes Verhalten und ihre Ängste können ihr Umfeld befremden und zur sozialen Isolation führen. Früher wurde Schizophrenie oft erst nach vielen Krankheitsjahren diagnostiziert, wobei heute Früherkennungszentren – unter anderem in der Basler Fepsy-Sprechstunde an den Universitären Psychiatrischen Kliniken – frühzeitige Diagnosen ermöglichen.

Originalbeitrag
Paolo Fusar-Poli, Giacomo Deste, Renata Smieskova, Stefano Barlati, Alison R. Yung, Oliver Howes, Rolf-Dieter Stieglitz, Antonio Vita, Philip McGuire, Stefan Borgwardt
Cognitive functioning in prodromal psychosis: A meta-analysis
Archives of General Psychiatry. Arch Gen Psychiatry. 2012;69(6):562-571

Weitere Auskünfte
Prof. Dr. med. Stefan Borgwardt, Zentrum für Diagnostik und Krisenintervention, Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel, Tel +41 (0)61 328 61 26 / (0)61 265 51 19 E-Mail: stefan.borgwardt@upkbs.ch

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer