Kognitive Roboter lernen aus Erfahrung

Der Roboter Cora \"schaut\" auf einen Tisch mit verschiedenen Objekten, die er mit Hilfe von Sensorinformationen wahrnehmen kann und auf die gerichtete Handlungsfolgen er generieren soll.<br>

Wie Roboter sich in ihrem Umfeld zurechtfinden

Roboter, die sich wie Menschen mühelos in ihrem Umfeld zurechtfinden – diese Vision verfolgen Forscher aus Bochum, Skövde (Schweden), Faro (Portugal) und Lugano (Schweiz) im gemeinsamen EU-Projekt „Neural Dynamics“. Die Koordination liegt bei Prof. Dr. Gregor Schöner, Institut für Neuroinformatik der RUB. Das Projekt wird von der EU Kommission im Umfang von 3,1 Mio. Euro über vier Jahre gefördert.

Greifen mit geschlossenen Augen: Für Menschen kein Problem

Wir Menschen orientieren uns in unserem lokalen Umfeld gewöhnlich mühelos. Ohne bewussten geistigen Aufwand erfassen wir schnell Gegenstände in unserer Umgebung, die wir benennen und deren Position und Orientierung wir schätzen können, auch wenn die Gegenstände bewegt werden. Tests haben gezeigt, dass Menschen auf solche Information über längere Zeit hinweg zugreifen können, auch wenn sie ursprünglich nur kurz zur Verfügung stand. So erinnern wir uns z.B. an die Gegenstände auf dem Schreibtisch und merken, wenn jemand in unserer Abwesenheit etwas verdreht oder verschoben hat. Zielorientiertes Handeln stützt sich auf solches Szenenwissen. Besonders beim Greifen von Objekten wird das deutlich. Hat der Mensch die Szene zuvor wahrgenommen, kann er sogar mit geschlossenen Augen ein Objekt zielsicher aufheben.

Aus Erfahrung lernen ist ein interdisziplinäres Problem

Im Projekt „Neural Dynamics“ wollen die Forscher ein robotisches System bauen, das diese menschlichen kognitiven Fähigkeiten nachahmt. Solche sogenannten „kognitiven Roboter“ zu befähigen, Objekte in ihrer Umgebung verlässlich zu erfassen, autonom auf solche Objekte gerichtete Handlungen zu erzeugen, dabei mit Menschen zu interagieren und aus Erfahrung zu lernen, ist ein Disziplinen übergreifendes Problem. Seine technische Lösung erfordert die enge Verbindung von Ansätzen der Mathematik, der Neurobiologie, der Physik und der Informatik. Ziel des Projekts ist es, zwei zentrale Bausteine für die Realisierung eines kognitiven Roboters zusammenzuführen: die Wahrnehmung von Objekten innerhalb einer Szene und die Fähigkeit, aus diesen Eindrücken eine entsprechende Folge von Handlungen zu erzeugen.

Mathematischen Rahmen entwickeln

Theoretisch fundierte Lösungen zu diesen Problemen müssen kognitive Roboter vor allem mit den Fähigkeiten versehen, die es ihnen erlauben, aus einfachen Sensorinformationen, etwa Stereokamerabildern, eine betrachtete Szene und die dort enthaltenen Objekte zu erfassen. Gleichzeitig müssen die Roboter Arbeitsabläufe und Verhalten aus Erfahrungen mit Menschen lernen und anschließend in möglichst generalisierter Weise flexibel auf andere Aufgaben übertragen. Aber erst eine integrierte Lösung aller entstehenden Komponenten ergibt ein kognitiv-robotisches Gesamtsystem. Ein zentrales Ziel des Projektes ist es daher, einen mathematischen Rahmen zu entwickeln, innerhalb dessen diese Eigenschaften von kognitiven Robotern erzeugt werden können. Als theoretische Sprache sollen dabei neuronale Dynamiken verwendet werden, um die Systemintegration, wie auch die Bausteine der Wahrnehmung und Handlungsgenerierung selbst zu formulieren. Neuronale Dynamiken beschreiben die Aktivität von Populationen von Nervenzellen durch neuronale Felder, deren zeitliche Entwicklung durch Differentialgleichungen modelliert wird.

Ergebnisse sind vielfältig

Die erwarteten Ergebnisse dieses Projektes sind daher vielfältig: Die Forscher wollen die Sprache der neuronalen Dynamik als Rahmen für die Formulierung der Probleme der Szenenwahrnehmung und flexiblen Handlungsgenerierung entwickeln. Innerhalb dieser theoretischen Sprache entwickeln sie konkrete Komponenten für Szenenwahrnehmung und Handlungsgenerierung und setzen sie um. Testszenarien zur Demonstration und Evaluierung der Lösung werden entwickelt und am Roboter angewandt. Die entwickelten theoretischen Konzepte und Methoden werden in einer Reihe von Workshops und durch Tutorien einem interdisziplinären Publikum zugänglich gemacht.

Weitere Informationen

Prof. Dr. rer. nat. Gregor Schöner, Lehrstuhl Theorie kognitiver Systeme, Institut für Neuroinformatik der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-27965, E-Mail: gregor.schoener@INI.rub.de

Redaktion: Meike Drießen

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Dr. Josef König idw

Weitere Informationen:

http://www.ruhr-uni-bochum.de/

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