Kitas verbessern die Karrierechancen der Mütter

In der Westschweiz ist die Betreuung besser ausgebaut als in der Deutschschweiz. Sie verstärkt die Gleichstellung der Geschlechter. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Nationalen Forschungsprogramms „Gleichstellung der Geschlechter“ (NFP 60).

Viele europäische Länder bauen zurzeit die Betreuungsmöglichkeiten für Kinder im vorschulischen und schulischen Alter aus, also Kindertagesstätten, Krippen, schulische Tagesstrukturen, Mittagstische, kurz: die familienergänzende Kinderbetreuung. Sie soll es den Müttern ermöglichen, vermehrt und mit höheren Pensen erwerbstätig zu sein, und Müttern und Vätern, ihre Pensen anzugleichen. Zwar sind in der Schweiz 77 Prozent der Mütter mit Kindern unter 15 Jahren erwerbstätig, doch die meisten mit einem geringen Teilzeitpensum. Die Väter dagegen sind mehrheitlich voll erwerbstätig (89 Prozent).

Doch wirkt sich familienergänzende Kinderbetreuung überhaupt auf die Berufstätigkeit von Vätern und Müttern aus? Dieser Frage sind das Forschungs- und Beratungsbüro Infras und das Institut für Empirische Wirtschaftsforschung der Universität St. Gallen in einem Projekt des Nationalen Forschungsprogramms „Gleichstellung der Geschlechter“ (NFP 60) nachgegangen.

Die Schweiz liegt zurück
Die beiden Projektleiterinnen Susanne Stern und Christina Felfe haben mit ihrem Team erstmals eine landesweite Statistik zum Betreuungsangebot erhoben. Demnach ist dieses im internationalen Vergleich schwach ausgebaut. Durchschnittlich steht ein Betreuungsplatz für 11 Prozent der Kinder im Vorschulalter und für 8 Prozent der Kinder im Schulalter zur Verfügung. Gemessen an den beschäftigungs- und gleichstellungspolitischen Zielen der EU (Barcelona-Ziele 2002), die eine Quote von 33 Prozent für den Vorschulbereich und 90 Prozent für den Schulbereich empfehlen, liegt die Schweiz also weit zurück.

Das Betreuungsangebot ist punkto verfügbarer Plätze in der Westschweiz sowie im Kanton Basel-Stadt und rund um Zürich und Zug am besten, während es in der Zentral- und Ostschweiz am schlechtesten ist. Für Kinder im Vorschulalter weisen Neuenburg, Genf und Basel-Stadt mit einem Versorgungsgrad von über 20 Prozent die besten Angebote auf, für Schulkinder Genf und Basel-Stadt mit 43 respektive 26 Prozent. Am schlechtesten ausgebaut ist das Angebot für den Frühbereich in Appenzell-Innerrhoden, Uri und Graubünden, für den Schulbereich in St. Gallen, Uri und Graubünden. In diesen Kantonen beträgt der Versorgungsgrad zwischen 1 und 3 Prozent.

Reduzierte Erwerbstätigkeit der Väter
Für die Deutschschweiz können die Forschenden mittels eines ökonometrischen Vergleichs mehrerer Gemeinden zeigen, dass die Erhöhung des Betreuungsangebots sich auf die Arbeitspensen der Väter und Mütter auswirkt. Folglich würde der Anstieg der Betreuungsplätze pro Schulkind von durchschnittlich 3 auf 11 Prozent bewirken, dass der Anteil der voll arbeitenden Mütter von 4 auf 12 Prozent stiege. Die Väter dagegen würden – ebenfalls laut Berechnung – ihre Erwerbstätigkeit reduzieren, wenn mehr Betreuungsplätze für ihre Kinder zur Verfügung stünden – ein bemerkenswertes Ergebnis. Die neue Situation, die durch die Erhöhung des Betreuungsangebots entsteht, führt laut den Forschenden dazu, dass Paare die familiäre Arbeitsteilung prinzipiell überdenken und eher egalitäre, partnerschaftliche Erwerbs- und Betreuungsmodelle realisieren.

Die Forschenden ziehen den Schluss, dass sich die familienergänzende Kinderbetreuung positiv auf die Gleichstellung der Geschlechter auswirkt. Der Grund: Vollzeit erwerbstätige Mütter haben bessere Karrierechancen als teilzeitarbeitende, können ihre Fachkompetenzen eher weiterentwickeln und ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern und damit jenen der Männer angleichen. Wenn Väter ihre Arbeitspensen reduzieren, wird die egalitäre Aufteilung der Erwerbs- und Familienarbeit begünstigt, was sich wiederum positiv auf die Karrierechancen der Mütter auswirkt.

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