Injektionsdüngung – ein Düngeverfahren mit Zukunft!

Flüssigen Stickstoffdünger in die Nähe der Pflanzenwurzeln zu injizieren, damit er den Pflanzen nach Bedarf als Depot zur Verfügung steht – ein Weg mit Zukunft, wie die Vorträge und Diskussionen während eines Symposiums am Julius Kühn-Institut (JKI) Mitte Februar 2010 zeigten.

„Im Getreide-, Mais-, Raps-, Kartoffel- und im Gemüseanbau belegen die Versuche verschiedener Forschungseinrichtungen, dass Injektionsdüngeverfahren nahezu immer zu gleichen oder höheren Erträgen führt als herkömmliche Düngestrategien“, so das positive Fazit des Organisators, Dr. Martin Kücke vom JKI. Das Interesse der Landwirte an der Injektionsdüngung ist, trotz höherer Maschinenkosten, ungebrochen, und die so gedüngten Flächen nehmen stetig zu. Bei Wasserwerksbetreibern und Umweltverbänden findet diese Strategie aufgrund der reduzierbaren Düngermengen und der geringeren Umweltbelastung verstärkt Beachtung.

Bei der Injektionsdüngung handelt es sich um eine Unterfußdüngung mit Flüssigdüngern, die in Deutschland unter dem Begriff CULTAN-Verfahren seit ca. 1970 durch Prof. Karl Sommer aus Bonn populär gemacht wurde. Während nach der reinen CULTAN-Lehre die Düngerlösungen weder Nitrat noch Harnstoff enthalten sollen, werden in der landwirtschaftlichen Praxis aus Gründen der Verfügbarkeit und der Kosten auch andere Stickstofflösungen eingesetzt.

Im Vergleich zur oberflächlichen Ausbringung des Düngers zeigen die vorgestellten Daten, dass in verschiedenen ackerbaulichen Kulturen die deutlichsten Ertragseffekte auf leichten Böden, bei Frühjahrstrockenheit und in Trockengebieten zu erzielen sind. Auch für Grünland wurden Ergebnisse vorgestellt.

Hinsichtlich des Trinkwasserschutzes belegen Freilandmessungen an unterschiedlichen Standorten, dass die Nitratgehalte im Sickerwasser nach Injektionsdüngung häufig niedriger sind als nach konventioneller Düngung. In dreijährigen Feldversuchen des JKI in dem norddeutschen Trinkwasserschutzgebiet Meyenburg konnte mit der CULTAN-Düngung von Wintergetreide (W-Roggen, W-Gerste, Triticale) ca. 25 % der Düngermenge ohne Ertrags- und Qualitätsverluste eingespart werden. Lebhaft diskutiert und speziell von Wasserwirtschaftlern beachtet wurde ein Beitrag aus Großbritannien: Dort konnte in Versuchen mit Gemüse durch Injektionsdüngung die Aufwandmenge an Stickstoff auf die Hälfte reduziert werden. Dabei wurde von gleich hohen oder leicht erhöhten Gemüseerträgen und einer besseren Qualität berichtet. „Speziell in Trinkwasserschutzgebieten bietet sich diese Düngestrategie somit sowohl aus ackerbaulichen als auch aus ökologischen Gesichtspunkten bevorzugt an“, so Kücke.

An den Schutz der Atmosphäre werden ebenfalls hohe Erwartungen gestellt. Indem der flüssige Dünger direkt in den Boden ausgebracht wird, können Ammoniakemissionen, wie Labormessungen des JKI zeigten, um 99 % reduziert werden. Werden, wie nach der reinen CULTAN-Lehre gefordert, nitratfreie Düngerlösungen eingesetzt, gilt dies nach Lehrmeinung auch für die N2O (Lachgas)-Freisetzung. Erste, sehr aufwändige Messungen durch die Universität Hohenheim lassen diesen Schluss allerdings bisher nicht zu. Jedoch wurden hier nitrathaltige Dünger eingesetzt. Weitere Untersuchungen mit nitratfreien Düngern werden folgen.

In Ländern wie Kanada oder Australien hat die Flüssigdüngerinjektionen (fluid injection) bereits eine lange Tradition. So werden in den Prärien Kanadas, die zur Vermeidung von Winderosion und unproduktiver Wasserverdunstung überwiegend mit Minimal- oder ganz ohne Bodenbearbeitung bewirtschaftet werden, nahezu alle Düngemittel – ob fest oder flüssig – direkt in den Boden eingebracht. Dies geschieht entweder während der Aussaat oder nach dem Auflaufen der Pflanzen. Sowohl wegen der geringeren Nährstoffverluste als auch wegen der besseren und schnelleren räumlichen Zugänglichkeit für die Wurzeln werden die Nährstoffe effizienter aufgenommen. Fluid Injection stellt für die Farmer Kanadas heute das effizienteste und kostengünstigste Düngeverfahren dar.

Auch in Deutschland zeigt sich eine positive Entwicklung: Wurden 2004 knapp 10.000 Hektar mit 10 Maschinen nach dem CULTAN-Verfahren gedüngt, so sind es zurzeit 70.000 Hektar mit 44 Injektionsmaschinen (Arbeitsbreite >/= 12 Meter). „Diese Zuwachsraten belegen, dass die Injektionsdüngung unter den ackerbaulichen Rahmenbedingungen Deutschlands ökonomisch und ökologisch erfolgreich anwendbar ist“, resümiert Kücke. Mittlerweile ist die vierte Maschinengeneration im Einsatz. Und die Innovationen gehen weiter: Beiträge der TU Braunschweig und aus Holland stellten den Tagungsteilnehmern eindrucksvoll Injektionsverfahren vor, die die Düngerlösung mit hohem Druck in den Boden schießen (high pressure injection).

Praktiker unter den Teilnehmern betonten wiederholt, dass mit Flüssigdüngerinjektion gedüngte Bestände oft deutlich gesünder und vitaler aussehen als konventionell gedüngte, besonders dann, wenn die Düngerlösung neben Stickstoff auch Schwefel enthält. Wissenschaftliche Untersuchungen, welche Einflüsse die Injektionsdüngung auf die Gesundheit der Pflanzen und die Ammoniumernährung hat, fehlen jedoch bisher. Hier ist die Forschung gefragt, um dem umweltfreundlichen Verfahren weitere positive Impulse zu geben.

Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Martin Kücke
JKI-Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde
Bundesallee 50, 38116 Braunschweig
Tel: 0531 596-2417
martin.kuecke@jki.bund.de
Alle Vorträge werden in der Veröffentlichungsreihe „Julius-Kühn-Archiv“ publiziert und erscheinen im Sommer 2010.

Media Contact

Dr. Gerlinde Nachtigall idw

Weitere Informationen:

http://www.jki.bund.de

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