Informationstechnologien verbrauchen mehr und mehr Strom – "Green IT" kann gegensteuern

Das haben das Berliner Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM und das Karlsruher Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI in einer gemeinsamen Studie herausgefunden.

In der im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) erstellten „Abschätzung des Energiebedarfs der weiteren Entwicklung der Informationsgesellschaft“ geben die beiden Institute zudem Handlungsempfehlungen, um den wichtigsten Trends zu begegnen.

Im Jahr 2007 benötigten Informations- und Kommunikationstechnologien in Deutschland etwa 55 Milliarden Kilowattstunden Strom, was mehr als 10,5 Prozent des gesamten Jahresstromverbrauchs darstellt. Bis zum Jahr 2020 gehen die beiden Fraunhofer-Institute von einer mehr als 20-prozentigen Steigerung aus. Als Hauptverbraucher im Bereich IKT sind mit 60 Prozent private Haushalte zu erwarten, deren Anteil durch größer werdende Fernseher und intensivere (Internet-)Nutzung von PCs weiter steigt. Unternehmen, Rechenzentren und Breitbandnetze werden hingegen nur 40 Prozent des benötigten Stroms verbrauchen.

Die Studie verweist vor allem auf die „Green IT“, um der Entwicklung entgegenzusteuern. Im Bereich „Green Networks“ ist ein flächendeckender Ausbau der Zugangs- und Transportnetze eine Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Gerade durch die vermehrte interaktive Nutzung des Internets sind die Nutzer über einen längeren Zeitraum hinweg online. Breitbandige Netzzugänge und immer mehr leistungsfähige Endgeräte – von der VoIP-Ausrüstung bis zum großen Flachbildschirm – werden nahezu täglich und über große Zeitspannen genutzt. Zugleich führt die Vernetzung ebenso wie das neue Internet-Protokoll-System IPv6 zu einer dauerhaften Netzwerk-Bereitschaft (Netzwerk-Standby), was ebenso zu einem erhöhten Stromverbrauch beiträgt. Die Studie zeigt, dass passives Standby heute mit durchschnittlich 0,5 bis 1,0 Watt realisiert wird. Für Netzwerk-Standby sollte man als Faustformel den zehnfachen Verbrauch annehmen.

Gefragt ist eine ökoeffiziente, ganzheitliche Gestaltung der Netze zur Unterstützung IP-basierter Sprach-, Video/TV- und Datenkommunikation mit hoher Bandbreite im Hin- und Rückkanal. Von Anfang an müssen Energie- und Ressourceneffizienz in die Konzepte und Planungen einbezogen werden, da die neue Netzinfrastruktur über viele Jahre hinweg bestehen wird. Wichtige Schritte sind hochenergieeffiziente Zugangs- und Transportnetze mit Bandbreiten von 100 Megabit/Sekunde bis langfristig 10 Gigabit/Sekunde, eine energieeffiziente Netzanbindung typischer Nutzer in Stadt, Land, Unternehmen, Schulen, Krankenhäusern und Behörden sowie Energieeinsparungen durch softwarebasierte Netzanpassung in Zugangsnetzen.

Neben dem Privatverbrauch sind Server und Rechenzentren wesentliche Elemente einer effektiven IKT-Infrastruktur. Die zunehmende Rolle der Datenverfügbarkeit und -sicherheit führt bei vielen Unternehmen zu einer kompletten Erneuerung der IKT-Konzepte. Dabei werden zwar die Potenziale energieeffizienter Technik genutzt, doch diese Stromersparnis wird oft durch höhere Anforderungen wieder kompensiert. Ganzheitliche Konzepte und Maßnahmen des „Green Computing“ sollten deshalb mehrere Ziele haben: Erstens sollten sie, die Auslastung der vorhandenen Rechen- und Speicherleistung von derzeit etwa 30 Prozent auf 60 Prozent oder mehr erhöhen, zweitens die Effizienzpotenziale modernster Klima- und Anlagentechnik nutzen und drittens den Wirkungsgrad der Stromwandlung im Gesamtsystem erhöhen. Beispiele sind der mögliche Betrieb von Servern unter höheren Temperaturbedingungen von etwa 27 °C bis 35 °C sowie mittelgroße, lokal erreichbare Rechenzentren als kostengünstige, energieeffiziente Alternative zu Home-Servern und kleinen Serverräumen in KMU.

Weitere Möglichkeiten zum Stromsparen im IKT-Bereich sind die Verbesserung einzelner Produkte und die Systemoptimierung. Beispielsweise ermöglicht die Miniaturisierung von elektronischen Komponenten und Baugruppen bei vielen Endgeräten erhebliche Energieeinsparungen. Die Anwendung der besten verfügbaren Hard- und Software für die Systemoptimierung („Green Components“) ist daher eine weitere Empfehlung der Fraunhofer-Studie. Zudem weist die Untersuchung auf den Bedarf neuer statistischer Daten und Methoden zur Messung der realen Energieeffizienz hin, da eine effektive Steuerung und Nutzungsoptimierung eine höhere Transparenz der Datenströme und des daran gebundenen Stromverbrauchs braucht („Green Information“).

Die Studie kann unter www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Service/publikationen,did=305306.html heruntergeladen werden.

Media Contact

Georg Weigelt idw

Weitere Informationen:

http://www.izm.fraunhofer.de

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