HYPERRAUM.TV-Doku: Anwendungs-Exploration

Grundlagenforschung in der Biochemie führt vielfach zu Anwendungen in der Pharmazie. Deshalb besteht für den Chemiker Thomas Carell von der Münchner Universität zwischen beiden Bereichen kein Spannungsfeld. Als Grundlagenforscher zeigt er in der letzten Folge unseres Themenschwerpunktes über DNA- und RNA-Forschungen keine Berührungsängste mit der Anwendungsseite. Er ist, wie er Susanne Päch in der Sendung „Anwendungs-Exploration“ sagt, sogar überzeugt, dass die Forschung für eine verbesserte Entwicklung pharmazeutischer Methoden noch enger mit Start-up-Szene und Industrie zusammenarbeiten sollte.

Thomas Carell befasst sich im Besonderen mit der Wunderwelt der Zellen und ihrer Nukleinsäuren, die die genetischen Informationen speichern. Aus ihnen entstehen die Proteine, die dann in der Zelle eines Organismus für den Stoffwechsel verantwortlich sind – mehr Grundlagenforschung geht da nicht. Doch Carell hat pharmazeutische Anwendungen trotzdem stets im Blick. Er sagt: „Selbst als Grundlagenforscher kann man sich Anwendungsthemen gar nicht so richtig entziehen“. So ist es nicht erstaunlich, dass er in den neunziger Jahren mit Partnern eine Firma im Bereich Biotechnologie gründete, die direkt aus seinen Forschungen hervorging. Ums Geschäft geht es ihm dabei nicht, das Unternehmen habe, so betont er sogleich, noch nie Geld an die Anteilseigner ausgeschüttet. Alle Gewinne würden ausschließlich für Investitionen in die Zukunft eingesetzt. Dass der Blick von biotechnologischen Grundlagenforschern solche Anwendungen nicht aus den Augen verliert, ist für Carell heute sogar noch wichtiger als früher. Carell beklagt, dass die Pharmazie heute weniger Geldmittel in die Forschung steckt als früher. Das führt dazu, dass risikoreichere Entwicklungen in der Industrie heute überhaupt nicht mehr gemacht werden – das, was Carell „Anwendungs-Exploration“ nennt, also Entwicklungsforschung in einer Phase, die noch sehr nah an der Grundlagenforschung liegt und ein Forschungsprodukt noch nicht klar umrissen ist.

Deshalb setzt sich Carell dafür ein, diese Brücke zwischen reiner Grundlagenforschung und Produktentwicklung in einer Kooperation von Wirtschaft und Forschung zu befördern. So gehörte er zu den Gründungsvätern der beiden Münchner Universitäten, die 2022 den Zuschlag für eine derartige Förderung erhalten. Der Cluster (Cluster for Nucleic Acid Therapeutics Munich C-NATM) ist ein Innovationsnetzwerk aus Wissenschaft und Wirtschaft und wird mit jährlich fünf Millionen Euro vom Bund sowie vom Freistaat und beteiligten Unternehmen in der Region gefördert. Das Projekt soll Forschung an den Universitäten mit Start-ups und Industrie enger verzahnen, um so bei der Entwicklung von Medikamenten in diesem noch jungen Forschungsfeld der Nukleinsäure-Medizin für Diagnostik und Therapie schneller voranzukommen. Bisher haben deutsche Wissenschaftler in diesem Bereich eine Spitzenrolle. Ob das auch in Zukunft so bleibt? Geschwindigkeit in Richtung Anwendung gehört nicht gerade zu den typisch deutschen Forschungstugenden. Sie folgt an Universitäten eher dem Muster: „Grundlagenforschung richtig top – Anwendungsumsetzung ziemlich mau“. So soll der Cluster dank verbesserter Zusammenarbeit von Wissenschaft und Industrie zu besserem Informationsaustausch und damit auch zu mehr Dynamik führen, um möglichst schnell zu werden. Doch das mit dem „möglichst schnell werden“ ist für den Grundlagenforscher zuletzt dann doch eine recht ambivalente Angelegenheit: „Es gab natürlich bei den Gutachtern für die Förderungsentscheidung auch die, die sagten, wir wollen, dass es schnell geht. Und ich habe stets gesagt: Das mit dem „schnell gehen“ ist so eine Sache. Erst einmal geht es darum, Gelder zu bekommen, um verstärkt anwendungsorientierte Weiterentwicklungen zu machen. Dann sehen wir weiter.“

Ansprechpartner:

Dr. Susanne Päch
Chefredaktion HYPERRAUM.TV
Bavariafilmplatz 3
82031 Grünwald
susanne.paech@hyperraum.tv

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