Hoffungsträger Elektrochemie – Electrochemistry 2010 mit neuen Forschungsergebnissen

Zum Speichern von Strom und für die Energieversorgung müssen bessere Batteriesysteme und Brennstoffzellen erforscht und entwickelt werden. Elektrochemiker betreiben intensiv Grundlagen- und Anwendungsforschung, um diese Ziele in absehbarer Zukunft zu erreichen.

Auf der Tagung „Electrochemistry 2010“ vom 13. bis 15. September an der Ruhr-Universität Bochum berichten Forscher – vornehmlich aus Deutschland und dem europäischen Ausland – über aktuelle Forschungsergebnisse. Aus dem Motto der Tagung „From microscopic understanding to global impact“ geht hervor, dass man sich für ein globales Ziel wie die Elektromobilität u.a. mit der Materialforschung bis in den atomaren Bereich hinein befassen muss.

Die Fachgruppe Angewandte Elektrochemie der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), die die Tagung zusammen mit anderen Fachgesellschaften maßgeblich organisiert, begeht aus Anlass der Tagung ihr 50jähriges Gründungsjubiläum. „Auch damals stand die Batterieforschung neben der Weiterentwicklung großtechnischer Elektrolysen und galvanischer Verfahren hoch im Kurs“, erinnert die Fachgruppenvorsitzende, Professor Dr. Angelika Heinzel (Universität Duisburg-Essen und Zentrum für BrennstoffzellenTechnik GmbH). „Durch die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Bereich der Brennstoffzellen, insbesondere aber durch die in den letzten Jahren stark wachsenden Aktivitäten im Bereich der Batterieforschung, wird den Arbeiten der Elektrochemiker wieder höchste Aufmerksamkeit entgegengebracht.“

Schon bei näherer Betrachtung der Plenar- und Hauptvorträge wird aber deutlich, dass Elektrochemiker weit mehr Forschungsinteressen haben als allein die Energieforschung. Ihr Know-how ist auch in den Lebenswissenschaften gefragt, wie Professor Dr. Christian Amatore von der École Normale Supérieure in Paris beweist. Er untersucht mit elektrochemischen Methoden auf der Ebene einzelner Körperzellen den oxidativen Stress, der sich in der Ausschüttung unterschiedlichster großer und kleiner Moleküle in äußerst geringen Mengen bemerkbar macht. Mit klassischen analytischen Methoden lässt sich nicht ermitteln, wie und warum diese biologischen Mechanismen ablaufen. U.a. führt Amatore seine elektrochemischen Untersuchungen an von Knochenkrebs befallenen Zellen durch. Hier dient die Elektrochemie der medizinischen Forschung.

Professor Dr. Daniel Mandler von der Hebräischen Universität Jerusalem behandelt ein ganz anderes Thema, das aber auch für den medizinischen Bereich von Bedeutung ist. Er kann auf elektrochemischem Wege dünne Filme auf verschiedene Materialien auftragen. Damit kann man der Korrosion von Metallen vorbeugen, aber auch das biomedizinische „Engineering“ verbessern, das im chirurgisch-orthopädischen Bereich eine Rolle spielt. Dünne keramische Filme und nanostrukturierte Beschichtungen können nach solchen Sol-Gel-Verfahren Oberflächen aller Art schützen.

Professor Dr. Katharina Krischer von der Technischen Universität München zeigt in ihrem Vortrag, unter welchen Bedingungen die klassischen Gleichungen, mit denen elektrokatalytische Reaktionen beschrieben werden, nicht mehr gültig sind. Dies ist sowohl bei isolierten nanometergroßen Elektroden der Fall, als auch dann, wenn die Reaktionen spontan räumliche Strukturen ausbilden. Da viele elektrokatalytischen Prozesse an nanometergroßen Katalysatorpartikeln ablaufen und komplexe Reaktionsnetzwerke ausbilden, zeigen diese grundlagenorientierten Arbeiten Wege zur Effizienzerhöhung in technischen Anwendungen der Elektrokatalyse, etwa in der Brennstoffzelle, auf.

Die Rolle der Elektrochemie für die Elektromobilität kann gar nicht überbewertet werden. Heute hat man mit einer Batterie eine deutlich geringere Reichweite als 500 Kilometer, und herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien geben auch nicht mehr her, so Professor Dr. Martin Winter, Universität Münster. Der Physikochemiker weiß genau, welche Leistungen Autos erbringen müssen. Bei seinen Forschungsarbeiten zu neuen Elektrodenmaterialien bleibt er dem Element Lithium aber treu. In seinem Plenarvortrag stellt er vor, mit welchem Batteriesystem längere Reichweiten zu erzielen wären.

Ein wichtiger Programmpunkt der Elektrochemikertagung in Bochum ist die Verleihung des Förderpreises auf dem Gebiet der Angewandten Elektrochemie. Diesen erhält Dr. Sascha E. Pust für seine an der Universität Oldenburg eingereichte Doktorarbeit. Zum Thema „Lokale elektrochemische Charakterisierung und Modifikation von funktionellen Grenzflächen“ hat er einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung ortsaufgelöster elektrochemischer Methoden geleistet und diese Techniken u.a. zur Charakterisierung von Legierungen und modernen Elektrodenmaterialien erfolgreich angewandt. Pust, der jetzt am Forschungszentrum Jülich tätig ist, wird in Bochum seine Arbeiten in einem Vortrag vorstellen.

An der Bochumer Tagung werden weit über 300 Wissenschaftler teilnehmen. „Damit wird die erste internationale Elektrochemikertagung in Deutschland, die Electrochemistry 2008 in Gießen, die bereits als ein großer Erfolg gewertet werden konnte, von der Teilnehmerzahl her deutlich übertroffen. Wir hoffen, dass wir auch atmosphärisch an die Gießener Tagung anknüpfen können“, äußerten sich die beiden Vorsitzenden der Konferenz, Professor Dr. Gunther Wittstock (Universität Oldenburg) und Professor Dr. Wolfgang Schuhmann (Universität Bochum).

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gehört mit annähernd 30.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie hat 26 Fachgruppen und Sektionen, darunter die Fachgruppe Angewandte Elektrochemie mit rund 400 Mitgliedern. Besonders wichtig und zukunftsorientiert ist die Nachwuchsförderung der Fachgruppe: Studenten bietet die Fachgruppe Stipendien für die Jahrestagung, Berufsberatung sowie Anreize zur wissenschaftlichen Arbeit durch die Vergabe des Fachgruppenpreises. Zur Information der interessierten Öffentlichkeit hat die Fachgruppe die GDCh-Broschüre „HighChem hautnah – Aktuelles aus der Elektrochemie und zum Thema Energie“ herausgegeben.

Media Contact

Dr. Renate Hoer GDCh

Weitere Informationen:

http://www.gdch.de

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