Gründungszuschuss erfolgreiches Förderinstrument – Mitnahmeeffekte geringer als angenommen

Gleichzeitig sind die Mitnahmeeffekte dieses Förderprogramms weitaus geringer, als in der politischen Diskussion häufig unterstellt wird. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Für die Studie wurden vorher arbeitslose Existenzgründer intensiv sowohl zum eigenen Unternehmertum als auch zu ihrer Einschätzung des Förderinstruments Gründungszuschuss befragt. Die erhobenen Daten machen deutlich, dass der seit dem Jahr 2006 angebotene Gründungszuschuss die Geförderten nachhaltig in die Selbständigkeit integriert. Auch nach Auslaufen der Förderung nach spätestens 15 Monaten bricht die Überlebensquote der Gründer nicht ein.

„19 Monate nach der Existenzgründung sind durchschnittlich 75 bis 84 Prozent der Geförderten noch selbständig tätig. Das ist ein außerordentlich hoher Prozentsatz, der die kritische Anfangsphase der Gründung auch dank der staatlichen Förderung erfolgreich überstanden hat“, erklärt Prof. Dr. Marco Caliendo (Universität Potsdam), Programmdirektor des Bereichs Evaluationsforschung am IZA und Mitverfasser der Studie.

Weitere 7 bis 12 Prozent waren zum Erhebungszeitpunkt wieder in abhängiger Beschäftigung, so dass die gesamte Arbeitsmarktintegration mit 87 bis 94 Prozent sogar noch positiver ausfällt.

Förderinstrument sichert Lebensunterhalt in kritischer Startphase

Die Förderung durch den Gründungszuschuss hat laut Einschätzung der Gründer wesentlich dazu beigetragen, dass Anfangsinvestitionen getätigt und der eigene sowie der Lebensunterhalt der Familie gesichert werden konnte. Rund 70 Prozent aller Gründer geben außerdem an, dass ohne das Instrument das erste halbe Jahr der selbständigen Existenz nicht überstanden worden wäre. Etwa gleich hoch ist der Anteil der Geförderten, die mit der derzeitigen Förderdauer von maximal 15 Monaten zufrieden ist.

Gründer erwirtschaften existenzsicherndes Einkommen

Auch hinsichtlich des Einkommens der geförderten Selbständigen kann von einem Erfolg des Gründungszuschusses gesprochen werden. So verdienen in Vollzeit arbeitende, weibliche Selbständige durchschnittlich 1.670 Euro netto pro Monat, während männliche Neuunternehmer bei monatlich etwa 2.500 Euro netto liegen. Die Forscher haben diese Einkommen ebenfalls in Relation zu monatlichen Nettoverdiensten vergleichbarer abhängig beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesetzt und dabei festgestellt, dass die männlichen Selbständigen in Vollzeit im Vergleich deutlich mehr verdienen, während das Nettoeinkommen der Frauen nur unwesentlich geringer ist. Berücksichtigt man zusätzlich die jeweilige Haushaltsgröße, so zeigt sich, dass die erzielten Einkünfte der ehemals geförderten Selbständigen insgesamt deutlich oberhalb des Armutsgrenzwertes liegen und somit als existenzsichernd angesehen werden können.

Gründungszuschuss bietet nicht mehr allen gründungswilligen Arbeitslosen eine Alternative zur abhängigen Beschäftigung

Im Vergleich zu den Vorgängerprogrammen Überbrückungsgeld und Ich-AG weist der Gründungszuschuss ähnliche Teilnehmerstrukturen wie das Überbrückungsgeld auf und deckt daher nicht mehr die gleiche Breite der gründungswilligen Personen ab. So gründen vermehrt besser qualifizierte und ältere Personen mit Hilfe des Gründungszuschusses, wobei Frauen jedoch nicht benachteiligt werden.

Mitnahmeeffekte weniger bedeutend als bisher angenommen

Die Gründungsförderung sieht sich dem pauschalen Vorwurf ausgesetzt, sie unterstütze vor allem solche Existenzgründer, die diesen Schritt auch ohne jede staatliche Förderung unternommen hätten. Die neue Studie bestätigt dies nicht. Zwar geben etwa 47 Prozent der geförderten Gründer rückblickend – also unter dem Eindruck des eigenen Erfolgs – an, dass sie sich auch ohne den Gründungszuschuss selbständig gemacht hätten. Berücksichtigt man jedoch, dass ein Großteil dieser Personengruppe den Gründungszuschuss als stark mitentscheidend für das unternehmerische Überleben in der kritischen Startphase ansieht, reduziert sich der Anteil mit potenziellen Mitnahmeeffekten auf nur noch 19 Prozent. „Die Politik scheint die Mitnahmeeffekte eher zu überschätzen, während sie zugleich die insgesamt positive Wirkung des Gründungszuschusses unterschätzt“, so Caliendo.

Die Studie im Wortlaut:
Marco Caliendo, Jens Hogenacker, Steffen Künn, Frank Wießner: „Alte Idee, neues Programm: Der Gründungszuschuss als Nachfolger von Überbrückungsgeld und Ich-AG“.
IZA Discussion Paper No. 6035.
http://ftp.iza.org/dp6035.pdf
Pressekontakt:
Prof. Dr. Marco Caliendo
Universität Potsdam
Lehrstuhl für Empirische Wirtschaftsforschung
Tel.: (0331) 977-3225, Fax: -3210
E-Mail: caliendo@uni-potsdam.de

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