Gelenkverschleiß von Kreuzbändern abhängig

Wie lässt sich der Verschleiß von künstlichen Kniegelenken reduzieren? Dieser Frage ist Dr. Jan Philippe Kretzer von der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg auf den Grund gegangen. Mit Hilfe eines von ihm entwickelten Simulationsverfahrens hat er herausgefunden, dass der Verschleiß von der Unversehrtheit der Kreuzbänder abhängt. Die neue Erkenntnis ist entscheidend, um länger haltbare Implantate zu fertigen oder geeignetere Gelenkmodelle für Patienten mit geschädigtem Bandapparat auszuwählen.

Zwei Kreuzbänder stabilisieren die Bewegungen des Kniegelenks. Ist eines verletzt oder gerissen, verändert sich der Bewegungsablauf im Knie. Trotz der wichtigen Funktion der Kreuzbänder wurde ihr Einfluss auf den Verschleiß des Implantats noch kaum berücksichtigt. „Gängige Tests für künstliche Kniegelenke simulieren die Bewegungsabläufe mit intaktem Bandapparat, also zwei Kreuzbändern“, erklärt Dr. Kretzer, Leiter des Labors für Biomechanik und Implantatforschung an der Orthopädie. „Dabei wird bei einem Großteil der Patienten bei der Implantation das vordere Kreuzband entfernt.“

Prothese im 24-Stunden-Dauertest

Kernstück seines neuen Testverfahrens ist ein mathematisches Computermodell, das den Einfluss des verbleibenden hinteren Kreuzbandes auf den Bewegungsablauf genau abbildet. Diese Daten fließen in den Bewegungssimulator ein, der die mehrjährige Belastung der Kunstgelenke im 24-Stunden-Betrieb realitätsgetreu nachahmt und dabei Abrieb und Verschleiß erfasst.

„Mit Hilfe dieser Modifikation des Belastungstests haben wir erstmals gezeigt, dass die Kreuzbänder den Implantatverschleiß deutlich beeinflussen. Fehlt eines, ist die Abnutzung im künstlichen Gelenk höher als bisher angenommen“, so Dr. Kretzer. Für die Forschungsarbeit, die im „Journal of Biomechanics“ veröffentlicht wurde, hat ihn die International Society for Technology in Arthroplasty bei ihrem Jahrestreffen in Dubai im Oktober mit einem dotierten Posterpreis ausgezeichnet.

In weiteren Studien untersuchen die Heidelberger Wissenschaftler nun, was sich im künstlichen Knie von Patienten tut, denen beide Kreuzbänder fehlen oder welche Implantat-Modelle sich am besten in diesen Fällen eignen. In Deutschland erhalten jährlich rund 140.000 Menschen einen Kniegelenksersatz, Tendenz steigend. Bei ca. 10.000 Menschen pro Jahr muss das künstliche Gelenk ausgetauscht werden.

Ansprechpartner:
Dr. sc. hum. Dipl.-Ing. Jan Philippe Kretzer
Labor für Biomechanik
Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg
Schlierbacher Landstraße 200a
69118 Heidelberg
Tel.: 06221 / 96 92 09
Fax: 06221 / 96 92 06
E-Mail: philippe.kretzer@med.uni-heidelberg.de
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 10.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 Departments, Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.600 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.
Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
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Tel.: 06221 / 56 45 36
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E-Mail: annette.tuffs(at)med.uni-heidelberg.de

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