Fluconazol macht Pilze sexuell aktiv

Die Behandlung mit Fluconazol kann bei Candida albicans zu Veränderungen im Erbgut führen, die den Pilz paarungskompetent machen. Bild: Bernardo Ramírez-Zavala/Universität Würzburg

Der Hefepilz Candida albicans kommt bei den meisten gesunden Menschen als harmloser Besiedler unter anderem im Verdauungstrakt vor. Doch vor allem bei immungeschwächten Patienten kann er auch lebensbedrohliche Infektionen verursachen.

Diese werden meistens mit dem Medikament Fluconazol behandelt, das bei Candida die Synthese von Ergosterol hemmt. Ergosterol erfüllt bei dem Pilz ähnliche wichtige Funktionen wie Cholesterin beim Menschen.

Candida albicans kann allerdings resistent gegen dieses Medikament werden. Die dafür verantwortlichen Mechanismen hat die Wissenschaft in den letzten Jahren weitgehend geklärt. Die Arbeitsgruppe von Professor Joachim Morschhäuser vom Institut für Molekulare Infektionsbiologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) hat dazu wesentliche Erkenntnisse beigesteuert.

Die Resistenz gelingt dem Pilz mit zahlreichen Mechanismen. Beispielsweise befördert er mit speziellen Pumpen das Medikament aus seinen Zellen hinaus. „Hoch resistente Candida albicans, bei denen die Fluconazoltherapie versagt, nutzen meist eine Kombination von mehreren dieser Mechanismen“, sagt Morschhäuser.

Resistenzmechanismen werden neu kombiniert

Normalerweise vermehrt sich Candida albicans ungeschlechtlich, durch Zellteilung. Morschhäusers Arbeitsgruppe hat jetzt herausgefunden, dass resistente Pilzzellen in Gegenwart von Fluconazol auf geschlechtliche Fortpflanzung umschalten können.

In diesem Fall verschmelzen die Zellen über spezielle Fortsätze und vereinigen ihr Erbgut. In den Nachkommenzellen werden verschiedene Resistenzmechanismen neu kombiniert, und diese werden noch unempfindlicher beziehungsweise hoch resistent gegen Fluconazol.

„In unseren Untersuchungen fanden wir heraus, dass sich bei Behandlung mit Fluconazol die Zellen durchsetzen, die die vorteilhaften Resistenzmerkmale behalten haben“, sagt die Erstautorin Christina Popp.

Fluconazol selektiert nicht nur auf Resistenzmutationen, sondern könne gleichzeitig zu Veränderungen im Erbgut führen, die den normalerweise asexuellen Pilz „paarungskompetent“ machen und es den Zellen erlauben, individuell erworbene Resistenzmechanismen zu kombinieren und dadurch hochresistente Nachkommen zu erzeugen.

Damit hat die Wissenschaft neues Wissen über die Resistenz an der Hand, das für die Entwicklung besserer und neuer Medikamente hilfreich sein und zur Überwindung von Resistenzen beitragen kann.

Morschhäuser vermutet, dass die hier beschriebenen Resistenzmechanismen nur ein Beispiel dafür sind, wie sich Candida albicans in seinem Wirt verändern kann. Als nächstes will sein Team darum untersuchen, ob auch andere Formen der Anpassung auf ähnliche Weise dazu beitragen, dass sich der Pilz erfolgreich in unterschiedlichen Wirtsnischen etablieren kann.

Finanziell gefördert wurde diese Forschung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und durch das Open-Access-Publication-Programm der DFG und der JMU.

Prof. Dr. Joachim Morschhäuser, Lehrstuhl für Molekulare Infektionsbiologie, T.: +49 931 31-82152, joachim.morschhaeuser@uni-wuerzburg.de

Popp C, Ramírez-Zavala B, Schwanfelder S, Krüger I, Morschhäuser J (2019) Evolution of fluconazole-resistant Candida albicans strains by drug-induced mating competence and parasexual recombination. mBio 10:e02740-18. https://doi.org/10.1128/mBio.02740-18

https://youtu.be/7fHJ9O3T4rw

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Corinna Russow/Robert Emmerich Julius-Maximilians-Universität Würzburg

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