Emulsionströpfchen kontrolliert stabilisieren und aufbrechen

Kryogene REM-Aufnahme eines Öltropfens (gelb), stabilisiert durch temperaturresponsive Mikrogele (grün) in Wasser (blau). Die Mikrogele halten den Öltropfen bei Raumtemperatur stabil, bei Erhitzung flacht ihre Form jedoch ab und die Emulsion bricht auf.
(c) Universität Göteborg / Marcel Rey

Gemeinsam mit Forschenden aus Göteborg, Edinburgh, Zürich und Osaka entwickelten Physiker der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) ein Konzept, um die Stabilität von Öltröpfchen in Emulsionen gezielt zu steuern. Dabei setzen sie Mikrogelpartikel ein, die bei Raumtemperatur eine Öl-in-Wasser-Emulsion stabilisieren, aber das eingekapselte Öl freisetzen, wenn es erhitzt wird. Die in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht Arbeit umfasst eine systematische Studie zum fundamentalen Mechanismus dieser kontrollierten Stabilisierung und gezielten Aufbrechen von Emulsionströpfchen.

Physik: Veröffentlichung in Nature Communications

Öl und Wasser sind von Natur aus nicht mischbar. Eine Möglichkeit, dennoch eine Kombination zwischen ihnen herzustellen, sind sogenannte Emulsionen. Sie setzen sich aus zahlreichen winzigen Tröpfchen zusammen, die fein in einer Flüssigkeit verteilt sind. Emulsionen sind überall anzutreffen: Milch besteht aus Fetttröpfchen, die durch Milchproteine stabilisiert in Wasser schweben; in Mayonnaise wird Öl in Wasser durch das Vermengen mit Eigelb und den darin enthaltenen Proteinen stabilisiert.

In vielen technologischen Anwendungen wie Medikamenten ist es entscheidend, die Tröpfchenstruktur nicht nur langfristig stabil zu halten, sondern auch gezielt aufzubrechen, um die eingekapselten Wirkstoffe freizusetzen.

Die Idee des internationalen Forschungsteams bestand darin, Emulsionen mit speziellen temperaturresponsiven Mikrogelpartikel zu stabilisieren, welche ihre Form der Umgebungstemperatur anpassen. Bei Raumtemperatur sind sie durch Wasseraufnahme geschwollen, über 32 Grad Celsius schrumpfen sie jedoch und ziehen sich zusammen.
So können Emulsionen hergestellt werden, die bei Raumtemperatur über lange Zeit stabil sind, beim Erhitzen über 32 Grad Celsius jedoch aufbrechen.

„Die Stabilität der Emulsion wird durch die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Tröpfchen bestimmt. Sie kann somit über die Eigenschaften und Form der stabilisierenden Mikrogele gesteuert werden“, betont Erstautor Dr. Marcel Rey von der Universität Göteborg.

Die Stabilität und das gezielte Aufbrechen der Emulsionen hängt von den Eigenschaften der stabilisierenden Mikrogele ab. Ein Mikrogel besitzt dabei sowohl Eigenschaften von Partikeln und von Polymeren, was sich für diese Arbeit besonders wichtig ist: Der Partikelcharakter führt zu einer hohen Stabilität der Emulsion, während der polymere Charakter das responsive Verhalten und das Aufbrechen der Emulsion ermöglicht. Damit sich die Emulsionen temperaturresponsiv verhalten, ist daher ein Kompromiss erforderlich, der einen minimalen Partikelcharakter für die Stabilität und einen hohen polymeren Charakter für ein schnelles und zuverlässiges Aufbrechen der Emulsionen berücksichtigt. In diesem Zusammenhang sind schwach vernetzte Mikrogele ideale Stabilisatoren für responsive Emulsionen.

„Die Morphologie dieser Oberflächenstrukturen ist der Schlüssel zum Verständnis der Tröpfchenstabilität. Die Responsivität der verwendeten Mikrogelpartikel erlaubt eine weitgehende Kontrollmöglichkeit durch externe Einflüsse wie Fremdionenkonzentration und Temperatur“, erklärt Koautor Prof. Dr. Hartmut Löwen vom Institut für Theoretische Physik II der HHU.

Der Düsseldorfer Beitrag in dieser Kollaboration bestand in einer Simulation. Im Computer wurden zwei benachbarte Tröpfchen samt ihrer stabilisierenden Mikrogelpartikel modelliert und dann die mittlere Kraft zwischen den Tröpfchenoberflächen berechnet. Ist diese Kraft abstoßend (repulsiv), sind die Tröpfchen stabil. Ist sie dagegen anziehend (attraktiv), sind sie instabil. Teilt ein Mikrogelpartikel seine Polymerarme auf beide Oberflächen benachbarter Tröpfchen auf, dann führt dies zur Anziehung und damit zur Instabilität. Durchdringen sich die Polymerarme von benachbarten Tröpfchen nicht, dann ist die Kraft repulsiv. Die Stabilität der Tröpfchen kann also durch die Bedeckungsdichte gesteuert werden. Dieses Prinzip wurde quantitativ untermauert und auch anschaulich visualisiert.

Die Anwendung der vorgestellten Idee kann zukünftig helfen, gezielt „smarte“ responsive Emulsionen herzustellen, deren Stabilität von außen gesteuert werden kann.

Originalpublikation:

Rey M, Kolker J, Richards JA, Malhotra I, Glen TS, Li ND, Laidlaw FH, Renggli D, Vermant J, Schofield AB, Fujii S, Löwen H, Clegg PS. Interactions between interfaces dictate stimuli-responsive emulsion behaviour. Nature Communications. 2023, 14, 6723

DOI: 10.1038/s41467-023-42379-z

https://www.hhu.de/die-hhu/presse-und-marketing/aktuelles/pressemeldungen-der-hhu/news-detailansicht/emulsionstroepfchen-kontrolliert-stabilisieren-und-aufbrechen

Media Contact

Dr.rer.nat. Arne Claussen Stabsstelle Presse und Kommunikation
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer