Empa bestimmt erstmals Vulkanaschekonzentrationen auf dem Jungfraujoch

Mit Hilfe derartiger Messungen und atmosphärischer Transportmodelle untersuchen Empa-Forscher normalerweise in der Vergangenheit liegende Emissionen. Verwendet man für die Computermodellierung Wettervorhersagen, können aber auch Prognosen gestellt werden – etwa wohin sich die Wolke aus isländischer Vulkanasche über Europa in den nächsten Tagen bewegen wird.

Messgeräte der Empa auf dem Jungfraujoch zeigten seit dem Abend des 17. Aprils mehrere starke Anstiege von Schwefeldioxid (SO2) sowie von Kleinstteilchen, den so genannten PM10-Partikeln. Normalerweise stellt sich in einem solchen Fall die Frage, woher diese Schadstoffe stammen. Diesmal war ihre Herkunft jedoch klar: Sie waren mit der Aschewolke des Vulkans Eyjafjallajökull aus Island ins Schweizer Hochgebirge verfrachtet worden.

Die Wissenschaftler der Empa, die zusammen mit dem Schweizer Bundesamt für Umwelt (BAFU) das nationale Beobachtungsnetz für Luftfremdstoffe (NABEL) betreiben, gewinnen aus den Messungen wichtige Informationen, vor allem über aktuelle Konzentrationen sowie die Zusammensetzung der Vulkanasche. Die höchsten am Jungfraujoch gemessenen Konzentrationen von PM10-Feinstaub (Partikel mit einem Durchmesser kleiner als 10 Mikrometer) betrugen in den vergangenen Tagen rund 30 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Die chemische Zusammensetzung der Vulkanasche wollen die Empa-Forscher in den nächsten Tagen analysieren.

Die Gesamtteilchenmasse – eine entscheidende Grösse

Aus den kontinuierlichen Messungen der Empa können laufend die aktuellen Feinstabkonzentrationen bestimmt werden, eine entscheidende Information, um die Gefährlichkeit der Aschewolke für Flugzeugturbinen abschätzen zu können. Diese Daten sind eine ideale Ergänzung zu den Laser-basierten Lidarmessungen der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und von MeteoSchweiz, mit denen sich zwar vertikale Profile und damit die Höhe und Ausdehnung der Aschewolke bestimmen lassen, die aber keine verlässliche Auskunft zu Massenkonzentrationen liefern. Die Messungen der Empa werden zudem von einer Reihe weiterer Analysen des Paul Scherrer Instituts (PSI) am Jungfraujoch ergänzt, mit denen sich z.B. die Grössenverteilung und optischen Eigenschaften der Partikel bestimmen lassen.

Die Empa wertet daher in den nächsten Tagen die Partikelfilter der auf 3571 Meter über Meer gelegenen Sphinx-Forschungsstation auf dem Jungfraujoch aus. Dies wird allerdings einige Tage dauern. Bevor die Analyse mit dem induktiv gekoppeltem Plasmaspektrometer (ICP-MS, „inductively coupled plasma mass spectrometer“) möglich ist, müssen die Proben erst aufwändig präpariert werden. Andere NABEL-Messstationen, z.B. die auf der Rigi, liefern weitere Messdaten auf anderen Höhenniveaus und zeigen, wie stark und wie schnell die Aschewolke absinkt. Alle Messdaten zusammen ergeben dann ein genaueres Bild.

Kurzzeitprognosen sind möglich – und sehr begehrt

Normalerweise benutzen die Empa-Forscher und -Forscherinnen die Daten aus ihren Schadstoffmessungen in Kombination mit atmosphärischen Strömungsmodellen – so genannten Partikeltransportmodellen -, um Quellregionen für bestimmte Schadstoffe zu identifizieren. Das Modell liefert dabei die Information, woher die Luft stammt, die am Jungfraujoch gemessen wird. Das Prinzip lässt sich jedoch auch umkehren: Mit Hilfe von Wettervorhersagen kann das gleiche Modell berechnen, wie sich eine Schadstoffwolke von einer Quelle wie einem Vulkan künftig ausbreiten wird. Dies ermöglicht aussagekräftige Prognosen für zwei bis drei Tage.

Die Empa benutzt für rechenintensive Modellierungen wie diese das Modell „FLEXPART“ und ihren Hochleistungs-Clusterrechner Ipazia. „Die Computerbilder zeigen deutlich, dass die neu hereinkommende Wolke die Schweiz zumindest bis Freitag nicht direkt treffen wird“, erklären Dominik Brunner und Stephan Henne von der Empa-Abteilung „Luftfremdstoffe/Umwelttechnik“. „England, die Benelux-Länder und Deutschland dürften dagegen weiterhin mehr oder weniger stark betroffen sein.“ Allerdings, so betont Henne, stützen sich die Prognosen wie bei anderen Computersimulationen auch auf gewisse Annahmen, beispielsweise der „Quellstärke“, also wie viel Material vom Vulkan ausgeworfen wird. Zudem sei nicht genau bekannt, wie sich das Eruptionsmaterial chemisch zusammensetzt und wie es durch Niederschlag ausgewaschen werden kann.

Sehr interessiert – sowohl an den Messungen wie an Prognosen – ist vor allem das Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl), das anhand dieser und zahlreicher anderer Daten entscheiden muss, ob eine Flugsperre verhängt, verlängert oder aufgehoben wird. „Karten mit absoluten Werten in den unterschiedlichen Luftschichten kann jedoch zurzeit noch niemand liefern“, sagt Brigitte Buchmann, Leiterin der Empa-Abteilung „Luftfremdstoffe/Umwelttechnik“. „Unsere Modellrechnungen bestätigen aber immerhin die Richtigkeit der Vorhersagen, etwa durch das englische Vulcanic Ash Advisory Center“.

Media Contact

Rémy Nideröst idw

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