Elefant imitiert menschliche Sprache

Der Elefant Koshik, während er die menschliche Sprache imitiert<br><br>Copyright: Department für Kognitionsbiologie, Universität Wien<br>

Der Asiatische Elefant namens Koshik aus dem Everland-Zoo in Südkorea imitiert seine Pfleger auf Koreanisch so genau, dass KoreanerInnen verstehen können, was er „sagt“. Den Schall produziert der Elefant dabei auf außergewöhnliche Weise: Um seine Mundhöhle für die Produktion menschlicher Laute zu modulieren, steckt Koshik sich seinen Rüssel während der Lautäußerung ins Maul. Aktuell publiziert dazu ein internationales Forschungsteam mit starker Beteiligung der Universität Wien in der Fachzeitschrift Current Biology.

Elefant Koshik imitiert fünf koreanische Wörter: „annyong“ (hallo), „anja“ (setz dich), „aniya“ (nein), „nuo“ (leg dich hin) und „choah“ (gut). Dabei ahmt er zwei wichtige Aspekte der menschlichen Sprache nach: die Tonhöhe und die Klangfarbe. Die Klangfarbe wird maßgeblich von den sogenannten Formanten geprägt. Formanten sind durch die Resonanzeigenschaften des Vokaltraktes verstärkte Bereiche des Sprachspektrums.

Die Lage der Formanten charakterisiert die Bedeutung bestimmter Laute, insbesondere jene der Vokale. Elefant Koshik trifft präzise die menschlichen Formanten sowie die Tonhöhe seiner Pfleger. Dies ist beachtlich, wenn man die Größe, den langen Vokaltrakt und die anatomischen Unterschiede zwischen Mensch und Elefant bedenkt. Elefanten haben einen Rüssel und keine Lippen, der große Elefantenkehlkopf produziert normalerweise sehr tiefe Laute, viele davon im Infraschallbereich.

Sprachimitationen im Tierreich

Vokale Imitation oder vokales Lernen ist eine grundlegende Eigenschaft der menschlichen Sprache und der Musik. Innerhalb des Tierreichs sind in erster Linie Vögel für ihre Fähigkeit, Laute zu imitieren, bekannt. Es gibt auch Berichte über vokale Imitationen bei Afrikanischen und Asiatischen Elefanten: So sollen Afrikanische Elefanten LKW-Geräusche sowie Laute von Asiatischen Elefanten imitiert haben. Darüber hinaus gibt es eine Anekdote, dass ein Asiatischer Elefant in einem Zoo in Kasachstan Wörter in Kasachisch sowie in Russisch imitieren konnte. Wissenschaftlich wurde dies jedoch nie belegt.

Wissenschaftliche Analyse von Koshiks „Sprache“

Im Fall des Elefanten Koshik bestätigte das Team von WissenschafterInnen rund um Angela Stöger und Tecumseh Fitch vom Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien die Sprachimitation auf mehreren Wegen. „Zunächst wurden Koshiks Imitationen Koreanern vorgespielt, die diese mündlich und schriftlich zu beschreiben hatten. Wir waren über die relativ hohe Übereinstimmung der Beschreibungen – sowohl was die Bedeutung als auch die Schreibweise der Laute betraf – wirklich überrascht. Ein Vergleich der akustischen Struktur der Sprachimitationen mit den gesprochenen Worten seiner Pfleger und mit 'normalen' Elefantenlauten hat ergeben, dass sich Koshiks Imitationen deutlich von natürlichen Elefantenlauten unterscheiden, hingegen aber der Sprache seiner Pfleger sehr ähnlich sind“, so Bioakustikerin Angela Stöger. Nach Einschätzung der ForscherInnen kennt Koshik die Bedeutung seiner imitierten Wörter jedoch nicht. Die gewonnenen Erkenntnisse tragen zum weiteren Verständnis der komplexen, vokalen Imitationen zugrundeliegenden Mechanismen und deren Evolution bei.

Nicht restlos geklärt ist, warum Koshik begann, seine Pfleger zu imitieren. Die WissenschafterInnen vermuten, dass es mit Koshiks „Jugendzeit“ zu tun hat. In dieser Phase war Koshik über mehrere Jahre der einzige Elefant im Everland Zoo, und seine Pfleger waren seine wichtigsten sozialen Kontaktpersonen. „Wir vermuten, dass Koshik seine Lautäußerungen an jene der Pfleger angepasst hat, um die soziale Bindung zu seinen Gefährten zu stärken. Das ist ein Verhalten, das man auch von anderen Arten kennt – vorausgesetzt, die Tiere sind zur vokalen Imitation fähig. In speziellen Fällen tritt dies auch zwischen Individuen unterschiedlicher Spezies auf“, so Angela Stöger abschließend.

Publikation:
An Asian Elephant Imitates Human Speech. Angela S. Stoeger, Daniel Mietchen, Sukhun Oh, Shermin de Silva, Christian T. Herbst, Soonwhan Kwon, and W. Tecumseh Fitch. In: Current Biology. 1. November 2012.

DOI: 10.1016/

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