Dichtsysteme im Vergleich

Aufgabe von Sensoren ist es, physikalische oder chemische Kennwerte aufzunehmen und in elektrische Signale umzuwandeln. In einem modernen PKW werden heute bis zu 90 Sensoren verbaut. Sie sind wesentliche Komponenten zur Erreichung der heutigen Standards in Bezug auf Sicherheit und Komfort und ermöglichen die Optimierung des Ressourcenverbrauchs.

In der Natur des Sensors liegt es, dass er dort positioniert wird, wo die zu messende Größe aufgenommen werden muss. D.h., ein Sensor zu Überwachung der Motortemperatur am Motor oder ein Sensor zur Ölzustandsüberwachung in der Ölwanne. Da die Signale über Elektroden nach außen geführt werden, muss an deren Ausgang der Sensor gegenüber den Verhältnissen an der Messstelle wie Temperatur, Druck oder aggressive Medien abgedichtet werden.

Das reine Umspritzen der Elektroden und Messfühler ist dabei unter den Bedingungen der Automobilindustrie häufig nicht ausreichend dicht. Ergänzend werden chemisch vernetzende Massen eingesetzt. Die richtige Auswahl dieser Produkte ist für die Zuverlässigkeit von Sensoren von großer Bedeutung. Dies gilt insbesondere für solche, die unter schwierigen Umgebungsbedingungen betrieben werden, wie sie beispielsweise bei Sensoren zur Überwachung des Ölzustands oder -drucks vorherrschen.

Speziell für derartige Anwendungen wurden in einem aufwändigen Projekt Vergussmassen auf der Basis säureanhydridvernetzender Epoxide entwickelt, die hervorragend beständig gegenüber hohen Temperaturen und aggressiven Medien sind und angepasste mechanische Eigenschaften aufweisen. Sie unterscheiden sich damit deutlich von bisher eingesetzten Systemen.

Technische Grenzen bisheriger Dichtsysteme

Grundsätzlich härten Polymere unter dem Einfluss höherer Temperaturen nach. Das bedeutet, dass nicht abreagierte Seitengruppen bei höheren Temperaturen an Beweglichkeit gewinnen und miteinander reagieren können. Bedingt durch den daraus folgenden höheren Vernetzungsgrad steigen mechanische Kennwerte wie Zugfestigkeit, E-Modul und Glasübergangstemperatur an. Das Material wird härter. Gleichzeitig können bei Temperaturen von 150 °C durch oxidativen Angriff Ketten zerstört werden, was zu einem Verlust der inneren Kohäsion des Polymers führt. Das Material versprödet.

Ein anderer unerwünschter Effekt ist das Eindiffundieren aggressiver Medien in die Polymere und das dadurch bedingte Quellen des Materials, das meist mit einem Abfall mechanischer Kennwerte verbunden ist. Speziell Öle, die eine hohe chemische Ähnlichkeit zu Polymeren aufweisen, können in höheren Mengen eingelagert werden. Unter ungünstigen Voraussetzungen kann das aufgenommene Öl das Polymer anlösen oder chemische Bindungen zerstören. Diffundiert Öl entlang der Grenzschicht zum Substrat ein, kann es zum Ablösen des Vergusses durch Abbau der adhäsiven Bindungen kommen.

Bei Kombination beider negativer Einflussfaktoren – Temperatur und Medien – wie z. B. in einer Ölwanne potenzieren sich die beschriebenen Effekte dadurch, dass die Viskosität von Ölen bei höheren Temperaturen deutlich absinkt und sie so noch einfacher in das polymere Netzwerk eindringen können. Da auch die Öle einem thermooxidativen Angriff unterliegen, entstehen viele aggressive Alterungsprodukte im Öl, die das Polymer zusätzlich schädigen. In der Summe kommt es deshalb zu starken Eigenschaftsveränderungen der Polymere.

Spätestens in Verbindung mit mechanischen Belastungen, wie sie durch Vibrationen oder Thermal Mismatch (Entstehung von mechanischen Spannungen im innigen Verbund von Materialien mit unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten bei Temperaturschwankungen) auftreten, kommt es bei ungeeigneten Vergussmaterialien zu Undichtigkeiten. Der Sensor fällt aus und führt zu Qualitätsmängeln am Auto.

Verbesserte Zuverlässigkeit durch neue Chemie

Von den am Häufigsten zur Sensorabdichtung eingesetzten Materialien weisen Epoxide im Vergleich zu Polyurethanen eine deutlich bessere Beständigkeit gegenüber den meisten aggressiven Medien auf und sind deutlich alterungsstabiler bei hohen Temperaturen. In der Klasse der Epoxide wiederum zeigen diejenigen, die organische Säureanhydride als Härter enthalten, das beste Verhalten. Diese Härter ermöglichen über ihre spezielle Ringstruktur eine extrem enge Vernetzung des Polymers und damit Glasübergangstemperaturen von deutlich über 150 °C. Durch die geringe Dehnung der Ringe und molekulare Verhakungen weisen diese Polymere geringe Ausdehnungskoeffizienten auf, so dass auch bei hohen Temperaturen nur geringe Mengen an Sauerstoff und Chemikalien in das Material eindiffundieren können.

Deshalb wurden in der Neuentwicklung Epoxidharze mit organischen Säureanhydriden als Härter herangezogen. Über die Abmischung von Grundharzen mit spezifischen Eigenschaften, den Einsatz von Haftvermittlern und den Zusatz von Füllstoffen entstanden neue Materialien, die den vielfältigen Anforderungen von Sensoren ideal gerecht werden.

Im Einsatz: Abdichten von Öldrucksensoren

In der Praxis hat sich die neue Formulierung bereits bewährt: in Öldrucksensoren für den Einsatz in Automobilen, bei denen das Produkt sowohl zum Verguss des Sensorinnenraums als auch zur Abdichtung der Elektroden eingesetzt wird.

In umfangreichen Belastungstests wie
– Langzeitlagerung bei 150°C
– 1000 h Einlagerung in ATF-Öl bei 150°C
– 1000 Zyklen Temperaturschock -40 / 150°C
– VDA Klimatest
– Kundenspezifische Vibrationstests und mechanische Schockprüfungen
erwiesen sich die mit DELO-MONOPOX GE720 vergossenen Sensoren als zuverlässig dicht. Alle anderen untersuchten Epoxid- und Polyurethanmassen wiesen dagegen Leckagen auf.
Farbe schwarz
Dichte 1,7 g/cm³
Viskosität 20.000 mPas
Zugfestigkeit 40 MPa
Reißdehnung 0,3 %
Glasübergangstemperatur 175 °C
E-Modul 12.000 N/mm²
Ausdehnungskoeffizient (30 – 150°C) 23 ppm/K
Polymerisationsschrumpf 0,6 %
Wasseraufnahme 0,2 %
Ionengehalte Cl-, K+, Na+ je Aushärtung 40 min @ 150°C
Eine weitere Stärke des neuen Materials ist die hohe Konstanz elektrischer Kennwerte. Die Verguss- und Dichtmasse zeigt im Vergleich zu Anderen eine relativ geringe Abhängigkeit der Dielektrizitätskonstante R von der Frequenz. In Bezug auf die Temperatur zeigt sich bis nahe an die Glasübergangstemperatur von 175 °C keine wesentliche Änderung von R. Somit ist der Einfluss des Vergussmaterials auf die elektrische Kennlinie von Sensoren denkbar gering.

Verbesserte Haftung durch Vorbehandlung

Entscheidenden Einfluss auf die Dichtheit eines Sensors hat auch die ädhesive Anbindung der Abdichtmasse unter Medien- und Temperatureinfluss. Je nach eingesetztem Kunststoff ergeben sich z. T. sehr unterschiedliche Haftfestigkeiten. Sollte die Festigkeit z. B. durch Verunreinigungen wie Trennmittelrückstände auf der Sensoroberfläche zu gering sein, empfiehlt sich es sich, die Oberfläche vor dem Abdichten vorzubehandeln. Hierfür stehen eine Reihe von Verfahren zur Verfügung wie Beflammen, Plasma- oder Coronabehandlung. Oft ist bereits eine einfache Reinigung sehr effektiv. Abb. 4 zeigt exemplarisch die Veränderung der Druckscherfestigkeit von PBT-Prüfkörpern, die mit einem Epoxidgießharz verklebt wurden, unmittelbar nach der Verklebung und unter dem Einfluss von Feuchtelagerungen. Fast alle untersuchten Vorbehandlungsarten zeigen eine Zunahme der Festigkeit.

Die Auswahl des Vorbehandlungsverfahrens muss sehr sorgfältig erfolgen, da nicht jedes Vorbehandlungsverfahren eine Verbesserung der Haftfestigkeit erbringt. Bei ungünstigen Verfahrensparametern ist durch Schädigung der Kunststoffoberfläche sogar eine Verschlechterung möglich. Die Festlegung des Vorbehandlungsprozesses ist deshalb von hoher Wichtigkeit. In enger Kooperation zwischen Anwender und Klebstoffhersteller lassen sich erfahrungsgemäß die besten Ergebnisse erzielen.

Integration in den Produktionsprozess

Die Aufbringung von einkomponentigen Abdichtmassen richtet sich sehr stark nach der Aufgabe. So können die Durchführungen von Pins oder Elektroden mittels Dispensern umgossen werden. Für einfachere Aufgaben sind oft einfache Druck / Zeit – gesteuerte Systeme ausreichend, höhere Anforderungen können mit Schraubendispensern oder volumetrischen Systemen abgedeckt werden. Grundsätzlich ist auch der Einsatz von Jetventilen denkbar. Soll ein grösserer Hohlraum vergossen werden, bietet sich der Einsatz einer Vakuumvergussanlage an.

Die Aushärtung von DELO-MONOPOX GE720 erfolgt mit Wärme. Die Auswahl des geeigneten Ofens hängt sehr stark von den jeweiligen Prozessanforderungen ab. So können vergossenen Teile batchweise in einem Umluftofen ausgehärtet werden. Grundsätzlich ist aber auch eine deutlich schnellere Inline-Härtung mit entsprechend leistungsfähigen IR-Strahlern oder Induktionsanlagen denkbar.

Zusammenfassung
Das sichere Abdichten von Sensoren, die unter besonders anspruchsvollen Bedingungen funktionieren müssen, hat bisher häufig zu großen Schwierigkeiten geführt. Im Juli 2006 musste Toyota wegen fehlerhafter Motorsensoren, die Öl durchsickern ließen, weltweit über 420.000 Autos zurückrufen (vgl. Süddeutsche Zeitung, 19. Juli 2006). Mit den neuen Säureanhydrid-Systemen ist ein wichtiger Entwicklungsschritt gelungen, um den sicheren Betrieb der Sensoren über die gesamte Lebensdauer z. B. eines Autos zu ermöglichen. Erfreulich für die Hersteller: Die Umstellung auf die neuen Produkte bringt keine Nachteile mit sich. Im Gegenteil: Wer bisher z. B. 2-k Polyurethane eingesetzt hat, gewinnt zusätzlich Zeit, da die Aushärtung der neuen Epoxide deutlich schneller erfolgt und inlinefähig ist.

Neben den betrachteten Anwendungen im Automotivebereich sind viele weitere Anwendungen beispielsweise bei Industriesensoren denkbar.

Media Contact

Jennifer Bader DELO Industrie Klebstoffe

Weitere Informationen:

http://www.delo.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Automotive

Die wissenschaftliche Automobilforschung untersucht Bereiche des Automobilbaues inklusive Kfz-Teile und -Zubehör als auch die Umweltrelevanz und Sicherheit der Produkte und Produktionsanlagen sowie Produktionsprozesse.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Automobil-Brennstoffzellen, Hybridtechnik, energiesparende Automobile, Russpartikelfilter, Motortechnik, Bremstechnik, Fahrsicherheit und Assistenzsysteme.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

KI-basierte Software in der Mammographie

Eine neue Software unterstützt Medizinerinnen und Mediziner, Brustkrebs im frühen Stadium zu entdecken. // Die KI-basierte Mammographie steht allen Patientinnen zur Verfügung und erhöht ihre Überlebenschance. Am Universitätsklinikum Carl Gustav…

Mit integriertem Licht zu den Computern der Zukunft

Während Computerchips Jahr für Jahr kleiner und schneller werden, bleibt bisher eine Herausforderung ungelöst: Das Zusammenbringen von Elektronik und Photonik auf einem einzigen Chip. Zwar gibt es Bauteile wie MikroLEDs…

Antibiotika: Gleicher Angriffspunkt – unterschiedliche Wirkung

Neue antimikrobielle Strategien sind dringend erforderlich, um Krankheitserreger einzudämmen. Das gilt insbesondere für Gram-negative Bakterien, die durch eine dicke zweite Membran vor dem Angriff von Antibiotika geschützt sind. Mikrobiologinnen und…

Partner & Förderer