Cortison-Produktion: Saarbrücker Forscher entwickeln umweltfreundliches Verfahren

Mit Hilfe des Bakteriums Bacillus megaterium wollen die Saarbrücker Biochemiker um Professorin Rita Bernhardt und Frank Hannemann ein umweltfreundliches Verfahren entwickeln, um Cortison und ähnliche Präparate herzustellen. Foto: AG Bernhardt/Saar-Uni

Vor über 50 Jahren wurde der körpereigene Wirkstoff Cortison erstmals als Medikament eingesetzt – das Steroidhormon wird beim Menschen in den Nebennieren gebildet.

„Um Cortison und andere Arzneimittel auf Steroid-Basis herzustellen, kombiniert die Industrie meist mikrobiologische mit chemischen Verfahren“, sagt Rita Bernhardt, Professorin für Biochemie an der Universität des Saarlandes.

„Dabei fallen unter anderem Lösungsmittel und toxische Chemikalien an.“ Diese Produktionsprozesse umweltfreundlicher und somit auch kostengünstiger zu gestalten, hat sich das Team um Bernhardt in einem neuen Forschungsprojekt vorgenommen: Gemeinsam mit den Unternehmen OakLabs aus dem brandenburgischen Hennigsdorf und Metabolomic Discoveries aus Potsdam arbeitet es an einem neuartigen Verfahren, um Wirkstoffe auf Steroid-Basis zu produzieren.

„Wir nutzen dazu den Mikroorganismus Bacillus megaterium“, sagt Frank Hannemann, promovierter Biochemiker, der gemeinsam mit Professorin Rita Bernhardt das Projekt in Saarbrücken koordiniert. „Er besitzt ein paar vorteilhafte Eigenschaften, die ihn interessant für die biotechnologische Produktion machen.“ Er sei nicht infektiös und im Vergleich zu anderen Bakterien relativ groß, sodass er während der Wirkstoffproduktion besonders gut kontrolliert und untersucht werden könne, so der Biochemiker.

Er werde in der Industrie zudem schon für andere Verfahren verwendet. Hannemann weiter: „Um dieses Bakterium für verschiedene biotechnologische Anwendungen attraktiver zu machen, wollen wir gemeinsam mit den beteiligten Firmen den Stoffwechsel des Mikroorganismus unter verschiedenen Bedingungen untersuchen. Dazu zählen etwa Faktoren wie Temperatur und Nährstoffzufuhr. So wollen wir herausfinden, welche Stoffwechselprodukte und genetischen Elemente die Produktion zum Beispiel verbessern oder beinträchtigen.“ Diese Erkenntnisse wollen die Forscher nutzen, um mit dem Bakterium die Arzneimittelausbeute deutlich zu erhöhen.

Um Cortison anschließend mit dieser neu entwickelten Methode herzustellen, müssen die Wissenschaftler den Stoffwechsel der Bakterien zunächst derart verändern, dass diese spezielle Cytochrome 450 produzieren.

„Dabei handelt es sich um eine Gruppe von Enzymen, die viele unterschiedliche Reaktionen ausführen und auch maßgeblich an der Produktion von Cortison beteiligt sind“, erklärt Bernhardt. Nur mit Hilfe der Cytochrome können die Bakterien den gewünschten Wirkstoff Cortison in einem Schritt bilden – ohne dass dabei schädliche Chemikalien anfallen.

„Die Produktion von Cortison ist unser Pilotprojekt“, so Bernhardt. „Mit dem Verfahren könnte man künftig auch andere Arzneimittel ressourcenschonend herstellen.“ Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt fördert das Vorhaben für drei Jahre mit 390.000 Euro.

Fragen beantworten:
Prof. Dr. Rita Bernhardt
Biochemie
E-Mail: ritabern(at)mx.uni-saarland.de
Tel.: 0681 302-4241

Dr. Frank Hannemann
Biochemie
E-Mail: f.hannemann(at)mx.uni-saarland.de
Tel.: 0681 302-6671

Dr. Martina Schad
OakLabs GmbH
E-Mail: m.schad(at)oak-labs.com

Dr. Nicolas Schauer
Metabolomic Discoveries GmbH
E-Mail: schauer(at)metabolomicdiscoveries.com

Hinweis für Hörfunk-Journalisten: Sie können Telefoninterviews in Studioqualität mit Wissenschaftlern der Universität des Saarlandes führen, über Rundfunk-Codec (IP-Verbindung mit Direktanwahl oder über ARD-Sternpunkt 106813020001). Interviewwünsche bitte an die Pressestelle (0681/302-2601).

Media Contact

Melanie Löw Universität des Saarlandes

Weitere Informationen:

http://www.uni-saarland.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Klimakrise gefährdet alpine Ökosysteme

Gebirge sind vom Klimawandel besonders betroffen: Sie erwärmen sich schneller als das Flachland. Mit der Erwärmung schwindet die Schneedecke und Zwergsträucher dringen in höhere Lagen vor – mit starken Auswirkungen…

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Partner & Förderer