Chemiedozententagung in Göttingen: Begehrte Preise, wichtige Forschungsarbeiten

Die traditionsreiche Veranstaltung findet in diesem Jahr vom 8. bis 11. März an der Universität Göttingen statt. Nach dem sonntäglichen Begrüßungsabend beginnt das Tagungsprogramm am 9. März mit einer Festveranstaltung der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) mit Grußworten aus Wissenschaft und Politik, einem Vortrag des Generalsekretärs der Volkswagenstiftung und Ehrungen.

In diesem Jahr wird dem Schweizer Chemiker Dr. Hans-Ulrich Blaser, Solvias AG, Basel, der Horst-Pracejus-Preis und dem deutschen Chemiker Dr. David Scheschkewitz, der zurzeit am Imperial College in London tätig ist, der Carl-Duisberg-Gedächtnispreis verliehen.

In seiner Begrüßungsansprache wird GDCh-Präsident Professor Dr. Klaus Müllen, Mainz, die ungeheure Themenvielfalt in der Chemie hervorheben, die auch bei der Chemiedozententagung deutlich wird. Kein Chemiker könne mehr das Gesamtgebiet der Chemie beherrschen, er könne es leider auch kaum mehr umfassend verstehen. Müllen appelliert an die 123 Vortragenden, eine Sprache zu wählen, die wenigstens allen teilnehmenden Chemikerinnen und Chemikern verständlich sei. Ein Anorganiker könne heute kaum mehr den Ausführungen beispielsweise eines Medizinischen Chemikers folgen.

Müllen begrüßt den Wandel der Tagung von einer ehemals rein deutschen bzw. rein deutschsprachigen hin zu einer internationalen Veranstaltung mit deutsch- und englischsprachigen Vorträgen. Wissenschaftler aus 11 Ländern beteiligen sich an den Vorträgen.

Das Grußwort der Göttinger Universität wird Universitätspräsident Professor Dr. Kurt von Figura übermitteln, aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung reist Staatssekretär Professor Dr. Frieder Meyer-Krahmer an, um die Teilnehmer der Tagung zu begrüßen, und das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur entsendet den Leiter des Referats für Forschungsförderung und Forschungspolitik, Rüdiger Eichel, für ein Grußwort nach Göttingen.

Die vielen jungen Wissenschaftler in Göttingen werden den Vortrag von Dr. Wilhelm Krull, Generalsekretär der Volkswagenstiftung, mit dem Titel „Zukunft stiften – Stiftungsprofessuren; Neue Chancen für den wissenschaftlichen Nachwuchs“ mit großer Aufmerksamkeit verfolgen, bevor die beiden GDCh-Preise vergeben werden.

Horst-Pracejus-Preis
Hans-Ulrich Blaser erhält den Horst-Pracejus-Preis in Anerkennung seiner wegweisenden und grundlegenden Arbeiten, mit denen es gelang, homogene und heterogene asymmetrische Katalyseverfahren in der Industrie einzusetzen. Besonders aufsehenerregend war die Entwicklung eines enantioselektiven katalytischen Verfahrens zur Herstellung des Herbizids Metolachlor. Es ist das mengenmäßig bedeutendste metallorganische asymmetrische Katalyseverfahren überhaupt. Blaser gelang es, Platin- und Iridium-Katalysatoren im Sinne einer besseren Selektivität beispielsweise für die Herstellung von Feinchemikalien und Pharmawirkstoffe zu modifizieren. Die katalytischen Phänomene versucht er immer besser zu verstehen, indem er die molekularen Wechselwirkungen zwischen Katalysator und Substrat untersucht. Durch zahlreiche Publikationen hat Blaser das Gebiet der asymmetrischen Katalyse in seiner gesamten Breite gefördert und populär gemacht. Die Preiskommission, die in den vergangenen Jahren ausschließlich Hochschulwissenschaftler für den Preis vorgeschlagen hatte, war außerdem der Auffassung, dass die Verleihung des Pracejus-Preises für die Arbeitsgebiete Katalyse und Chiralität an einen Industriechemiker ein wichtiges Signal dafür sei, dass diese Forschungsrichtung auch in der Praxis von großer Bedeutung ist.

Blaser, Jahrgang 1943, studierte an der ETH Zürich Chemie und verbrachte danach über drei Jahre als Postdoc an der University of Chicago und der Harvard University. Seine Industriekarriere begann er 1975 bei Monsanto in Zürich, wechselte aber bereits ein Jahr später zu Ciba-Geigy nach Basel. Dort stieg er vom Forschungschemiker bis zum Leiter der Katalyseforschung auf. In der neu gegründeten Novartis war er für kurze Zeit „Co-Head of Catalysis & Synthesis Services“, bis er 1999 eine Leitungsfunktion in dem Spin-off-Unternehmen der Novartis, der Solvias, übernahm.

Carl-Duisberg-Gedächtnispreis
Bereits im vergangenen Jahr hatte die Wöhler-Vereinigung für Anorganische Chemie in der GDCh David Scheschkewitz mit dem Wöhler-Nachwuchspreis ausgezeichnet. Seine Arbeiten haben phenylenverbrückte Disilene von einer Laborkuriosität zu optisch interessanten Materialien werden lassen. Hierbei steht die Frage im Raum, ob Silicium leitfähige Polymere in ihren optoelektronischen Eigenschaften „veredeln“ kann. So sind Silene mit Silicium-Silicium-Doppelbindungen homolog den in der organischen Photovoltaik eingesetzten Polyphenylenvinylenen. Silene zeigen in den Olefinen ähnliches chemisches Verhalten, besitzen aber den Vorteil, dass sie im sichtbaren Spektralbereich absorbieren. Was sich so einfach liest, war eine synthetische Meisterleistung bzw. etliche synthetische Meisterleistungen. Scheschkewitz erhält den Carl-Duisberg-Gedächtnispreis, weil ihm die Integration von niedervalenten Siliciumbausteinen, mit all ihren ungewöhnlichen Eigenschaften, in funktionelle Materialien gelang.

Scheschkewitz, Jahrgang 1971, studierte in Oldenburg Chemie, promovierte an der Universität Marburg, war Postdoc in Frankreich, in den USA und in der Schweiz und habilitierte sich an der Universität Würzburg. Seit knapp einem Jahr ist er Senior Lecturer in synthetischer anorganischer Chemie am Imperial College London. In Göttingen stellt er einen Ausschnitt aus seinen Arbeiten in einem Vortrag zum Abschluss der GDCh-Festveranstaltung vor.

ADUC-Preise
Danach eröffnet der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Universitätsprofessoren und -professorinnen für Chemie in der GDCh (ADUC), Professor Dr. Jürgen Janek, Gießen, offiziell die Chemiedozententagung. Auch hier sind Preisverleihungen angesagt. Begehrt bei den jungen Forschern sind die ADUC-Jahrespreise, die oftmals helfen, die erste Sprosse auf der Karriereleiter zu erklimmen. In diesem Jahr werden damit Dr. Markus Rolf Heinrich, Technische Universität München, Dr. Jens Bredenbeck, Universität Frankfurt, und Dr. Johannes Neugebauer, ETH Zürich, seit 1. Januar 2009 Universität Leiden/NL, ausgezeichnet.

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gehört mit über 28.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie vergibt zahlreiche angesehene Preise, so seit 1999 alle zwei Jahre den Horst-Pracejus-Preis, benannt nach dem Rostocker Chemiker Horst Pracejus (1927 – 1987), der sich mit seinen Arbeiten zur chiralen Katalyse eine Namen gemacht hat. Mit dem Carl-Duisberg-Gedächtnispreis wird die Erinnerung an einen der bedeutendsten Industriechemiker wach gehalten. Der Preis wurde nach Duisbergs Tod 1935 von der IG Farbenindustrie beim Verein Deutscher Chemiker, eine der beiden Vorgängerorganisationen der GDCh, zur Förderung des akademischen Nachwuchses eingerichtet.

Media Contact

Dr. Renate Hoer GDCh

Weitere Informationen:

http://www.gdch.de

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