Biotechnologie 2.0 – Brauchen wir noch Zellen?

Zählt man die Kunst des Bierbrauens oder Brotbackens mit hinzu, so wendet der Mensch seit Tausenden von Jahren biotechnologische Verfahren an. Zur echten wissenschaftlichen Disziplin entwickelte sich die Biotechnologie jedoch erst im 20. Jahrhundert.

Deutschland nahm dabei eine Vorreiterrolle ein: Seine leistungsstarke Chemieindustrie lieferte geeignete Anlagen und Verfahren, die auf den Umgang mit empfindlichen lebenden Zellen angepasst werden konnten. Seither hat sich die Biotechnologie zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor mit hoher Wertschöpfung entwickelt und ihre Produkte wie Antibiotika, Impfstoffe, Insulin oder Enzyme für Waschmittel sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken.

Die fortschreitende Digitalisierung aller technischen Prozesse, die Miniaturisierung von Systemen ebenso wie Materialien mit völlig neuen Eigenschaften ebnen den Weg für die nächste Generation biotechnologischer Verfahren.

Am 11. und 12. Oktober 2016 treffen sich Biotechnologen aus ganz Deutschland am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – in Jena zu ihrem Jahreskongress. Wissenschaftler aus Universitäten, außeruniversitären Instituten und der Industrie präsentieren in zahlreichen Vorträgen ihre Ergebnisse in der Entwicklung völlig neuer technologischer Konzepte.

So ist es heute eine große Herausforderung, bestimmte Molekülbausteine, die zur Herstellung von Wirkstoffen benötigt werden, in ausreichender Menge und Qualität bereitzustellen. Bei der Lösung dieses Problems spielen mikrofluidische Verfahren oder intelligente, schaltbare Materialoberflächen eine zentrale Rolle.

Viele der vorgestellten Projekte werden durch Fördergelder des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert. Das Ministerium erkannte bereits 2010 den Handlungsbedarf auf dem Gebiet der Biotechnologie und initiierte den Strategieprozess „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren – Biotechnologie 2020+“.

Für den zugehörigen Jahreskongress 2016 übernahm die Leibniz-Gemeinschaft die Schirmherrschaft. Ihre biotechnologischen Kompetenzen bündelte die Forschungsorganisation in einem Leibniz Research Cluster. Darin arbeiten fünf Leibniz-Institute, darunter das Jenaer Hans-Knöll-Institut, gemeinsam an der Entwicklung neuer Technologien zur Synthese von Molekülbausteinen in miniaturisierten Produktionsanlagen.

Ein Höhepunkt des Jahreskongresses ist die öffentliche Podiumsdiskussion. Unter dem Titel „Biotechnologie 2.0 – Brauchen wir noch Zellen?“ diskutieren namhafte Vertreter aus Wissenschaft, Industrie und Politik Fragen zur gesellschaftlichen Bedeutung der Biotechnologie, zur Förderung der Forschung auf diesem Sektor und zur Stellung Deutschlands im internationalen Vergleich.

Alle Interessierten sind herzlich eingeladen. Termin: 11. Oktober 19 Uhr am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut, Beutenbergstraße 11a. Der Veranstaltungsraum ist ausgeschildert. Eintritt frei.

Die Gesprächspartner:

Prof. Dr. Philippe Bastiaens
Abteilungsleiter Systemische Zellbiologie am Max-Planck-Institut für Molekulare Physiologie Dortmund,

Prof. Dr. Frank Bier
Abteilungsleiter Automatisierung am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie Potsdam-Golm,

Prof. Dr. Thorsten Heinzel
Vizepräsident für Forschung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena,

RD Dr. Matthias Kölbel
Leiter des Referats Methoden- und Strukturentwicklung in den Lebenswissenschaften am Bundesministerium für Bildung und Forschung Berlin,

Prof. Dr. Oskar Zelder
Leiter Forschung Fermentationsprodukte bei BASF Ludwigshafen,

Prof. Dr. Axel Brakhage
Lehrstuhlinhaber Molekularbiologie und Mikrobiologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Direktor des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut Jena moderiert die Diskussion.

Informationen zum HKI
Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet modifiziert.
Das HKI verfügt über fünf wissenschaftliche Abteilungen, deren Leiter gleichzeitig berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut, darunter das anwendungsorientierte Biotechnikum als Schnittstelle zur Industrie. Gemeinsam mit der FSU betreibt das HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen. Zurzeit arbeiten etwa 400 Personen am HKI, davon 130 als Doktoranden.
Das HKI ist Initiator und Kernpartner großer Verbundvorhaben wie der Exzellenz-Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, der Sonderforschungsbereiche FungiNet (Transregio) und ChemBioSys, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics sowie von InfectControl 2020, einem Konsortium im BMBF-Programm Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation. Seit 2014 ist das HKI Nationales Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen.

Informationen zur Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 88 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.100 Personen, darunter 9.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,6 Milliarden Euro.

http://www.biotechnologie2020.plus

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Dr. Michael Ramm idw - Informationsdienst Wissenschaft

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