Wenn der Bauernhof zur Fischfarm wird – Innovative Technologien setzen auf Abwärme durch Biogasanlagen

Neue Ansätze in der Aquakultur stehen im Mittelpunkt des zweitägigen internationalen Innovationsforums AQUALLIANCE, das heute im Stralsunder OZEANEUM beginnt.

An der deutschlandweit bisher größten Tagung nationaler und internationaler Experten zum Thema Aquakultur nehmen mehr als 200 Teilnehmer teil, unter anderem aus Israel, den Niederlanden, der Schweiz und Vietnam.

Vor dem Hintergrund eines weltweit steigenden Bedarfs an Fisch trotz allgemeiner Überfischung der Ozeane werden Meeresprodukte in Zukunft verstärkt aus der Aquakultur kommen müssen. Während in den letzten Jahren insbesondere in Asien zweistellige Wachstumsraten mit der Aquakultur erzielt wurden, stagniert die Entwicklung in Europa. Fischzucht in marktfähigen Größenordnungen unter Berücksichtigung der sensiblen Lebensbedingungen der Meerestiere erfordet äußerst anspruchsvolle und energieintensive Kreislauftechnologien. Ein vielversprechender und energiesparender Ansatz stellt die Nutzung von Abwärme, zum Beispiel von Biogas* in der Landwirtschaft, für geschlossene Kreislaufanlagen da. Auf dem Innovationsforum AQUALLIANCE soll die dazu notwendige, interdisziplinäre Zusammenarbeit von Ingenieuren und Wissenschaftlern in konkreten Projekten forciert werden.

Schätzungen gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2030 circa 50 Prozent der Fische in Aquakultur produziert werden. Mit Blick auf das Nachfrageverhalten der Verbraucher fordert vor allem der Handel immer mehr Produkte aus nachhaltiger Produktion bzw. kontrollierten Fanggebieten. Die Entwicklung und Nutzung geschlossener Kreislauftechnologien in Kooperation mit Produzenten regenerativer Energieformen bietet gute Vorraussetzungen für eine heimische Fischzucht in rentablen Größenordnungen.

In der Regel wird durch Biogasanlagen Strom erzeugt. Häufig geht die dabei überschüssige Abwärme verloren. Im Falle einer sinnvollen Nutzung dieser Abwärme erhält der Biogaserzeuger jedoch einen sogenannten Kraft-Wärme-Kopplung-Bonus (KWK-Bonus) von 2 Cent pro Kilowattstunde. Biogaserzeuger sehen somit in der Fischzucht eine Option, um den Kraft-Wärme-Kopplung-Bonus zu erhalten und die Rentabilität ihrer Anlagen zu erhöhen. Durch die Nutzung der Biogas-Abwärme ist es zum Beispiel möglich, das Wasser für die Zucht von afrikanischen Welsen in den Produktionsbecken konstant auf 27 Grad zu halten.

Das Interesse an geschlossenen Fischfarmen nimmt auch deshalb zu, da diese Anlagen die Aufzucht ermöglichen, ohne an einem Fluss oder Bach gelegen zu sein. In diesen standortunabhängigen Anlagen wird das verschmutzte, warme Wasser unter Einsatz von Filtertechnik und Wasseraufbereitung gereinigt und wieder den Fischbecken zugeführt.

Die Fischerzeugung in Kreislaufanlagen wird nicht nur von Investoren aus der Landwirtschaft zunehmend wahrgenommen, sondern auch vom Handel. Deutschland importiert 85 Prozent der Fischwaren und kann nur 15 Prozent aus Eigenanlandungen und Eigenerzeugung decken. Zwar kann der „fehlende“ Fisch nicht gänzlich mit Produkten aus geschlossenen Haltungssystemen gedeckt werden, da in Deutschland sehr viel Seefisch konsumiert wird. Der Handel verlangt aber zunehmend Rohware in vorzüglicher Qualität und Frische mit ganzjähriger Verfügbarkeit in entsprechenden Marktgrößenordnungen.

In diesem Zusammenhang diskutieren die Teilnehmer des Innovationsforums unter anderem Möglichkeiten der Kostensenkung durch effiziente Futtermittel und Fütterungssysteme sowie moderne Produktionstechnik und neue Energiekonzepte. Um wirtschaftlich erfolgreich zu sein, muss vor allem der Produktionsfaktor Wasser unter Einsatz hochwertiger Futtermittel und innovativer Technik optimal ausgenutzt werden.

Das Innovationsforum AQUALLIANCE wird gemeinschaftlich von der BioCon Valley GmbH und dem „AquaTech – Verein zur Förderung von modernen Verfahren in der Aquakultur e. V.“ organisiert. Unterstützt wird AQUALLIANCE vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Initiative „Unternehmen Region“. Weitere Informationen unter http://www.bcv.org und http://www.aqualliance.de.

*Hintergrundinformation zu Biogas
Als Biogas wird ein Gemisch aus Methan und Kohlenstoffdioxid bezeichnet. Dieses Gasgemisch wird in eigens hierfür hergestellten Biogasanlagen durch einen kontrollierten Fäulnisprozess von Gülle, Bioabfall oder Energiepflanzen wie Mais oder Getreide erzeugt. Die meisten der rund 4.000 Biogasanlagen in Deutschland werden in Bayern (ca. 1.450) betrieben. Größere Anlagen mit 500 kWel und mehr stehen vor allem in den neuen Bundesländern und in Norddeutschland. Eine steigende Biogaserzeugung und -nutzung ist auch Teil der Strategie der deutschen Bundesregierung zur Erreichung der deutschen Klimaziele.
Ansprechpartner
BioCon Valley GmbH
Frank Neudörfer
Schillingallee 68 (BMFZ), 18057 Rostock
T +49 381-25 29 513 0
M +49 179-104 61 29
E fn@bcv.org

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Dr. Heinrich Cuypers idw

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