Archäologie in 3D: Jacobs Forscher testen Robotersystem im alten Rom

Irma3D auf dem Ausgrabungsgelände Ostia Antica<br>Copyright: Jacobs University<br>

Forscher der Jacobs University testeten in Kooperation mit dem Institut für Kulturgeschichte der Antike der österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Soprintendenza Speciale per i Beni Archeologici di Roma – Sede di Ostia erfolgreich einen mobilen Roboter auf dem Ausgrabungsgelände Ostia Antica bei Rom. Ein antikes Wohnhaus konnte so als präzises virtuelles 3D-Modell dargestellt werden.

Die Arbeitsgruppe „Automation“ unter der Leitung von Andreas Nüchter, Professor of Computer Science an der Jacobs University Bremen, hat den mobilen Roboter Irma3D (engl.: Intelligent Robot for Mapping Applications in 3D) erfolgreich in Ostia Antica eingesetzt. Ostia Antica ist das Grabungsgelände der antiken Stadt Ostia, eines Vororts von Rom an der Tibermündung. Als Hafenstadt Roms hatte Ostia große Bedeutung, unter anderem wurde die gesamte Getreideversorgung der Hauptstadt und der Warenverkehr aus dem Mittelmeerraum hier abgewickelt. Die Ruinenstadt zählt heute zu den bedeutendsten Ausgrabungsstätten der römischen Welt. Etwa zwei Drittel des antiken Stadtgebietes sind bislang freigelegt.

Im Gegensatz zum Action-Adventure Klassiker Indiana Jones, der seine Ergebnisse noch handschriftlich in seinem Notizbuch fixieren musste, setzt die moderne Archäologie 3D-Laserscanner ein. Bisher mussten Archäologen den Scanner aufwendig positionieren, die Scanposition einmessen und die gewonnenen Daten manuell registrieren und so zu einem vollständigen 3D-Modell zusammensetzen. Mit dem Roboter Irma3D steht dem Archäologen nun ein Werkzeug zur Verfügung, dass ferngesteuert, angetrieben von leistungsstarken Akkus durch das System von Räumen und Gängen fährt und dabei vollautomatisch die Umgebung digitalisiert. Während der Fahrt werden die Radumdrehungen mitprotokolliert, woraus sich zusammen mit den Daten eines inertialen Messsystems und den 3D-Scandaten die Bewegungen des Roboters errechnen lassen. Die so erstellte fotorealistische Visualisierung archäologischer Daten dient vor allem der Interpretation. Durch die sehr genaue Vermessung können Erkenntnisse zu zentralen archäologischen Fragestellungen gewonnen werden.

„Von besonderem Interesse ist es für uns, den Kontext von Architektur und Ausstattung, also Wandmalerei und Fußbodenmosaike, gemeinsam zu dokumentieren. Wir können zeigen, dass die Gartenhäuser in Ostia Antica als ein großes Bauprojekt mit vielen geradezu seriell vorbereiteten und dann vermieteten Wohnungen angelegt wurden. Die neue 3D-Dokumentation ist sehr schnell und hochpräzise, die einzelnen Häuser können direkt verglichen werden“, so der Archäologe Dr. Norbert Zimmermann vom Institut für Kulturgeschichte der Antike der österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Die aufgenommenen Daten dienen auch der digitalen Archivierung, deren Ziel die dauerhafte Verfügbarkeit und der Erhalt von Inhalten ist. Zur Effizienzsteigerung wollen die Wissenschaftler in Zukunft aus der Luft Aufnahmen machen. Mit einem Flugroboter, der einen Miniaturscanner trägt, könnten die 3D-Daten noch präziser erstellt werden. Eine Aufnahme aus der Vogelperspektive würde auch das 3D-Modell einer Ausgrabungsstätte ergänzen. Zudem soll die Semantik der Grabung direkt vor Ort aufgenommen werden. Dafür arbeitet die Jacobs University Bremen mit den Firmen denkmal3D und masswerke zusammen und wird in einem Förderprojekt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie entsprechende Software für die semantische Wahrnehmung und Kartierung entwickeln.

Fragen zum Roboter Irma3D beantwortet:
Andreas Nüchter | Professor of Computer Science
Email: n.nuechter@jacobs-university.de | Tel.: +49 421 200-3181
Fragen zur archäologischen Grabungsstätte beantwortet:
Norbert Zimmermann | Projektleiter Domitilla-Projekt,
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Email: norbert.zimmermann@oeaw.ac.at | Tel.: +43-1-51581-3487

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Judith Ahues idw

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