Aus Altreifen werden wieder Autoteile

MATERIALICA 2001: Marktreifes Recyclingverfahren für Altgummi aus Sachsen

Jedes Jahr türmen sich auf deutschen Mülldeponien rund eine Million Tonnen Gummiabfälle. Allein die 600.000 Tonnen an abgefahrenen Autoreifen stellen ein gehöriges Umweltproblem dar. Grund: Gummi lässt sich, nachdem er vulkanisiert wurde, nicht wieder verwerten. Nachdem es Kunststofftechnikern der Technischen Universität Chemnitz 1998 erstmals gelungen war, aus Altgummi wieder einen brauchbaren Kunststoff herzustellen, haben sich nun sächsische Industriepartner zusammengetan, um dieses erprobte Recyclingverfahren auf den Markt zu bringen.

Auf der diesjährigen MATERIALICA, die vom 1. bis 4. Oktober 2001 in München stattfindet, stellt sich der sächsische Verbund aus Wissenschaftlern, Maschinenherstellern und Automobilzulieferern zum ersten Mal der deutschen Öffentlichkeit vor. Auf dem Gemeinschaftsstand 204 in Halle C1 präsentiert die TU Chemnitz gemeinsam mit ihren Partnern Muster-Autoteile aus Altgummi – mit dabei sind Radkästen oder solche Bauteile, die sonst unter der Motorhaube verborgen ihre Arbeit tun. Lüftergehäuse oder Kabelkanäle zum Beispiel. „Wir sind nun in der Lage, ab dem Jahr 2002 große Mengen des neuartigen Kunststoffes herzustellen“, freut sich Dr. Hannes Michael von der Chemnitzer Professur Kunststoffverarbeitungstechnik.

Das neuartige Produkt mit Namen ELAPLASTEN wird aus Altreifenmehl und dem Massenkunststoff Polypropylen hergestellt. Den Chemnitzer Kunststofftechnikern um Prof. Dr. Günter Mennig ist es dabei erstmals gelungen, die elastische Komponente des Gummis mit den positiven Eigenschaften eines schmelzfähigen Thermoplastes sowohl chemisch als auch physikalisch miteinander zu verbinden. Das Ergebnis ist ein äußerst stabiler und formbarer Werkstoff, der zu der Gruppe der Thermoplastischen Elastomere (TPE) gehört. Besonders der Preis dürfte die Industrie überzeugen: Er ist um bis zu zwei Drittel billiger als die handelsüblichen TPE, die aus Kautschuk und Kunststoff hergestellt werden. Darüber hinaus lässt sich ELAPLASTEN immer wieder aufschmelzen, nach Belieben umformen und spritzgießen. Die hohe Zugfestigkeit und das gute Dehnungsverhalten des aus Altgummi gewonnenen ELAPLASTEN garantieren die Herstellung besonders schlag- und stoßbelastbarer Bauteile, wie sie im Automobilbau gefragt sind.

Um die Markteinführung des überaus umweltfreundlichen Recyclingverfahrens bemüht sich neben der TU Chemnitz eine Arbeitsgemeinschaft sächsischer Firmen, die von der ERMAFA Kunststofftechnik GmbH aus Chemnitz geleitet wird. ERMAFA rüstet handelsübliche Maschinen für die ELAPLASTEN-Produktion um. Dessen Herstellung wird von der Forschungsstelle für Analytik und Umwelttechnologie GmbH (FARU) aus Dresden übernommen, die von der TU die ausschließliche Lizenz der Patente erworben hat und nun in Radebeul eine Produktionshalle aufbaut. Als drittes sitzt der Automobilzulieferer Riesselmann Kunststofftechnik GmbH aus Ottendorf-Okrilla mit im Boot, der aus dem neuartigen TPE die Bauteile formen wird.

In Asien hat die sächsische Verfahrens- und Werkstoffinnovation bereits für Aufsehen gesorgt. Auf der thailändischen Umweltmesse POLLUTECH war der Gemeinschaftstand im Mai dieses Jahres regelrecht umlagert: Mehr als 30 asiatische Unternehmen haben starkes Interesse angemeldet, einige wollen die Chemnitzer Kunststofftechniker demnächst besuchen. Darüber hinaus wurde mit dem vietnamesischen Institut für Tropische Technologie (ITT) in Hanoi ein gemeinsames Forschungsprojekt vereinbart, in dem ELAPLASTEN derzeit unter tropischen Bedingungen getestet wird.

Weitere Informationen gibt
Prof. Dr. Günter Mennig, Professur Kunststoffverarbeitungstechnik der TU Chemnitz, Telefon (03 71) 531 23 83 und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Hannes Michael, Telefon (03 71) 531 23 82.

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Alexander Friebel idw

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