Acetylierung: ein Zeitmesser für die Cortisol-Empfindlichkeit

Dr. Aishwarya Iyer-Bierhoff hat eine molekulare „Sanduhr“ für die Cortisol-Wirkung entdeckt.
Foto: Anne Günther/Universität Jena

Aufklärung des Regulationsmechanismus ebnet den Weg, um die Wirkung entzündungshemmender Therapien zu verbessern und um Strategien zu entwickeln, negativen Effekten eines stress- und altersbedingten Cortisolüberschusses entgegenzuwirken. Eine Forschungsgruppe um Prof. Thorsten Heinzel an der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat, zusammen mit Forschenden des Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena und der Universität Ulm, nun einen wichtigen Aspekt der Cortisol-Resistenz aufklären können. Die Studie wurde von der Carl-Zeiss-Stiftung im Rahmen des Forschungskonsortiums IMPULS gefördert und kürzlich im Fachjournal „iScience“ veröffentlicht.

Cortisol gehört chemisch zu den Glukokortikoiden, die auch als Stresshormone bezeichnet werden. Neben seiner natürlichen Funktion wird Cortisol auch als entzündungshemmendes Medikament verwendet. In der Zelle wirkt das Hormon durch Bindung an den Glukokortikoidrezeptor (GR), der dann als Transkriptionsfaktor die Aktivität bestimmter Zielgene reguliert. Um das Cortisol-Signal wieder abzuschalten, baut die Zelle den Cortisol-gebundenen GR mit der Zeit ab. Daher kann chronischer Stress oder eine langfristige Cortisol-Therapie dazu führen, dass der zelluläre GR-Vorrat aufgebraucht wird und es zu einer Unempfindlichkeit gegenüber Cortisol kommt. Die molekularen Mechanismen, die zu dieser Cortisol-Resistenz führen, sind bisher noch weitgehend unbekannt.

Eine Forschungsgruppe um Prof. Thorsten Heinzel an der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat, zusammen mit Forschenden des Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena und der Universität Ulm, nun einen wichtigen Aspekt der Cortisol-Resistenz aufklären können. Die Studie wurde von der Carl-Zeiss-Stiftung im Rahmen des Forschungskonsortiums IMPULS gefördert und kürzlich im Fachjournal „iScience“ veröffentlicht.

Für das Projekt war auch die Technologieeinheit Proteomik des FLI entscheidend, die mittels Massenspektrometrie die genaue molekulare Zusammensetzung des GR untersucht hat. Dabei konnte eine chemische Modifikation, die sogenannte Acetylierung nachgewiesen werden, die nur auftritt, wenn der GR an Cortisol gebunden ist. Allerdings ändert diese Acetylierung die Funktion von GR als Transkriptionsfaktor nicht, wie die Messung der Genaktivität durch RNA-Sequenzierung ergab, die ebenfalls am FLI von der Next Generation Sequencing Core Facility durchgeführt wurde. Weitere Untersuchungen zeigten aber, dass der modifizierte GR weniger stabil ist und schneller abgebaut wird. „Dieser Befund legt nahe, dass die Zelle durch die Acetylierung von GR die Reaktion auf Cortisol einstellen kann. Das heißt, je mehr Acetylierung erfolgt, desto kürzer ist die Wirkung des Cortisols“, erklärt Dr. Aishwarya Iyer-Bierhoff, die Erstautorin der Studie.

Mit der Aufklärung dieses Regulationsmechanismus ergeben sich neue Möglichkeiten, der Cortisol-Resistenz entgegenzuwirken, um so z. B. die Wirkung entzündungshemmender Therapien zu verbessern. Darüber hinaus können auch neue Strategien entwickelt werden, wie den negativen Effekten eines stress- und altersbedingten Cortisolüberschuss entgegengewirkt werden kann.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

aishwarya.iyer-bierhoff@uni-jena.de

Originalpublikation:

Aishwarya Iyer-Bierhoff, Martin Wieczorek, Sina Marielle Peter, Dima Ward, Martin Bens, Sabine Vettorazzi, Karl-Heinz Guehrs, Jan P. Tuckermann, Thorsten Heinzel. Acetylation-induced proteasomal degradation of the activated glucocorticoid receptor limits hormonal signaling, iScience, Volume 27, Issue 2, 2024.
https://doi.org/10.1016/j.isci.2024.108943 https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2589004224001640

http://www.leibniz-fli.de

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