Ablation bei Vorhofflimmern: Gap-AF Studie hilft bei Optimierung der Pulmonalvenenisolation

Lückenlos geschlossene Ablationslinien verhindern Vorhofflimmern wirkungsvoller als unvollständige, lückenhafte Linien. Dies wurde jetzt bestätigt durch die vom Kompetenznetz Vorhofflimmern (AFNET) durchgeführte Gap-AF – AFNET 1 Studie, die erste kontrollierte klinische Studie, die die beiden Ablationsstrategien bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern direkt vergleicht. Am 25. Juni 2013 wurden die Ergebnisse beim EHRA EUROPACE Kongress in Athen, Griechenland, vorgestellt.

Die Erkenntnis, dass elektrische Impulse aus den Pulmonalvenen Vorhofflimmern auslösen, hat dazu geführt, Vorhofflimmern durch eine Katheterablation am Ursprungsort dieser Impulse zu verhindern. Experten der kardiologischen Organisationen Heart Rhythm Society (HRS), European Heart Rhythm Association (EHRA) und European Society of Cordiology (ESC) haben erstmals im Jahr 2007 eine gemeinsame Konsensuserklärung publiziert, die besagt, dass Patienten, die sich einer Katheterablation von Vorhofflimmern unterziehen, eine komplette Pulmonalvenenisolation erhalten sollten, bestehend aus einer geschlossenen linearen Läsion um die Pulmonalvenenöffnungen herum. Die Erklärung wurde 2012 aktualisiert.

„Diese Empfehlung basierte auf Beobachtungen, nicht auf einer prospektiven randomisierten Studie. Aber einige Elektrophysiologen glaubten weiterhin, dass es ausreiche, unvollständige lineare Läsionen zu setzen, bei denen Verbindungen zwischen den Pulmonalvenen und dem linken Vorhof bestehen bleiben.“, erklärte Prof. Karl-Heinz Kuck, der wissenschaftliche Leiter der Gap-AF Studie. Diese Annahme wurde folgendermaßen begründet: Bei 95 Prozent der Patienten, bei denen Vorhofflimmern nach einer vollständigen Pulmonalvenenisolation wieder auftritt, wurden Lücken in den Ablationslinien gefunden. „Da sie die Pulmonalvenen nicht dauerhaft isolieren können, argumentieren die Verfechter der unvollständigen Ablation, dass eine unvollständige Isolation ausreiche und außerdem den Vorteil habe, dass die Prozedur kürzer dauert, was möglicherweise eine niedrigere Komplikationsrate und geringere Kosten bedeutet.“, sagt Prof. Kuck vom Asklepios Klinikum St. Georg, Hamburg.
Von Februar 2006 bis August 2010 wurden 233 Patienten aus sechs deutschen Zentren in die Gap-AF Studie eingeschlossen mit dem Ziel, die Effektivität einer vollständigen Pulmonalvenenisolation mit der einer unvollständigen zu vergleichen. Alle Patienten hatten paroxysmales Vorhofflimmern, das sich durch Medikamente nicht beseitigen ließ. Nach dem Zufallsprinzip wurden sie einer von zwei Behandlungsgruppen zugeordnet: 117 Patienten bekamen eine komplette Pulmonalvenenisolation, 116 eine inkomplette. Bei der unvollständigen Prozedur stoppte der Elektrophysiologe die Radiofrequenzablation an einer Stelle, um eine Lücke in der Ablationslinie zuzulassen. Teilnehmen konnten Patienten über 55 Jahre, die zuvor mit mindestens einem Antiarrhythmikum behandelt worden waren. Patienten mit einer schlechten linksventrikulären Funktion waren von der Studienteilnahme ausgeschlossen.

Primärer Endpunkt der Studie war die Zeit bis zum ersten Wiederauftreten von Vorhofflimmern, entweder als symptomatisches Vorhofflimmern mit einer Dauer von mindestens 30 Sekunden, nachgewiesen durch eine EKG-Aufzeichnung, oder als asymptomatisches Vorhofflimmern, nachgewiesen durch zwei aufeinanderfolgende Vorhofflimmer-EKGs innerhalb von 72 Stunden. In der Studie wurden dafür Tele-EKG Karten eingesetzt – kleine scheckkartengroße Geräte, mit denen der Patient selbst ein EKG aufzeichnen und telefonisch übermitteln kann. Jeder Patient wurde angehalten, ein EKG aufzuzeichnen, sobald er Vorhofflimmer-Symptome spürt, und außerdem einmal täglich unabhängig von Symptomen.

Die Ergebnisse zeigten, dass nach drei Monaten Beobachtungszeit 37,8 Prozent (46) der Patienten, die eine komplette Ablation bekommen hatten, im Sinusrhythmus, also ohne Rhythmusstörung waren, dagegen nur 20,8 Prozent (26) der Patienten mit inkompletter Ablation. Die mittlere Dauer im Sinusrhythmus betrug 60 Tage für die Gruppe der vollständigen Pulmonalvenenisolation gegenüber 16 Tagen für die unvollständige Ablation.

Nach drei Monaten erhielten die Studienpatienten eine erneute elektrophysiologische Untersuchung, die folgendes ergab: 70 Prozent der Patienten mit vollständiger und 89 Prozent der Patienten mit unvollständiger Ablation wiesen Lücken in den Ablationslinien auf. Beim Auftreten von Komplikationen wie Synkopen, Schlaganfälle oder schwere Blutungen zeigten die beiden Gruppen keine Unterschiede.

„Die Studie zeigt uns zum ersten Mal, dass eine vollständige Pulmonalvenenisolation effektiver ist als eine unvollständige. Daraus ergibt sich, dass die Empfehlung in den Leitlinien von bisher Klasse Ic zu Klasse Ia hochgestuft werden sollte, da sie jetzt durch eine multizentrische randomisierte Studie untermauert ist.“, erklärt Prof. Kuck. „Jedoch verdeutlicht die Studie auch, dass die Rückfallraten hoch sind, selbst bei einer vollständigen Ablationsprozedur. Wir brauchen dringend weitere Forschung, um die Ablationstechniken zu verbessern, um die vollständigen Ablationslinien beständiger zu machen. Dazu ist es notwendig, andere Energiequellen und Werkzeuge für die Katheterablation zu erforschen.“

Das Kompetenznetz Vorhofflimmern
Das Kompetenznetz Vorhofflimmern (AFNET) ist ein interdisziplinäres bundesweites Forschungsnetz, in dem Wissenschaftler und Ärzte aus Kliniken und Praxen zusammenarbeiten. Ziel der Forschungsprojekte, klinischen Studien und Register, die im Kompetenznetz Vorhofflimmern durchgeführt werden, ist es, die Behandlung und Versorgung von Vorhofflimmerpatienten zu verbessern. Das Netzwerk besteht seit 2003 und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die Netzwerkzentrale befindet sich am Universitätsklinikum Münster.
Kontakt:
Prof. Karl-Heinz Kuck
Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
k.kuck@asklepios.com
Pressekontakt:
Dr. Angelika Leute
a.leute@t-online.de
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