Malaria-Parasiten – Alter Farbstoff in neuer Kombination

Neue Wirkstoffkombinationen auf der Basis des ältesten synthetischen Malariamittels, dem Farbstoff Methylenblau, können die Verbreitung der Malaria-Parasiten eindämmen und einen wesentlichen Beitrag zu der langfristig von der internationalen Roll Back Malaria-Initiative angestrebten Ausrottung leisten.

Tropenmediziner des Universitätsklinikums Heidelberg haben in einer Studie mit 160 an Malaria erkrankten Kindern in Burkina Faso gezeigt: Kombiniert mit neueren Malaria-Medikamenten verhindert Methylenblau, dass die Malariaerreger infizierter Menschen von den blutsaugenden Moskitos wieder aufgenommen und weiter verbreitet werden können und ist damit doppelt so effektiv wie die Standardtherapie. Die Ergebnisse der Studie sind im Mai [O1]2009 im Online-Magazin „PloS One“ veröffentlicht worden.

Die Malaria ist nach wie vor eine der gefährlichsten Tropenkrankheiten. Jedes Jahr erkranken 300 Millionen Menschen weltweit daran – mehr als eine Million sterben oder tragen schwere Gehirnschäden davon. Betroffen sind besonders Kinder unter fünf Jahren.

Malaria-Erreger brauchen Mensch und Moskito

Beim Stich der Anopheles-Mücke gelangen die Malaria-Parasiten (Plasmodien) mit dem Speichel des Moskitos in den Menschen, vermehren sich dort in den Leberzellen und befallen dann die roten Blutkörperchen. Dies verursacht starke Beschwerden wie hohes Fieber oder Blutarmut; besonders Kinder können sogar ins Koma fallen. Während ihrer Vermehrung im menschlichen Körper entwickeln sich einige Parasiten zu speziellen Geschlechtsformen, den Gametozyten. Werden diese durch eine blutsaugende Anopheles-Mücke aufgenommen, vermehren sie sich im Moskito weiter. Der Kreislauf schließt sich.

Die Gametozyten sind der Schlüssel für die Ausbreitung der Malaria durch die Anopheles-Mücke. Gängige Malaria-Medikamente, sogenannte Artemisinine, blockieren die Vermehrung der Parasiten im menschlichen Körper und verringern die Anzahl der Gametozyten im Blut um die Hälfte. So ist die Übertragung des Erregers auf die Mücke zwar erschwert, aber nicht vollständig verhindert. „Wir brauchen dringend alternative Therapien, die effektiv gegen die Gametozyten wirken und so die Malaria-Kontrolle verbessern“, erklärt Professor Dr. Olaf Müller, Projektleiter in der Abteilung Tropenhygiene und Öffentliches Gesundheitswesen des Hygiene-Instituts des Universitätsklinikums Heidelberg.

Methylenblau verhindert Übertragung auf Mücken

Die geeignete Zutat für eine solche Alternative ist ein altbewährtes Mittel: Der Farbstoff Methylenblau, der bereits Ende des 19. Jahrhunderts Malaria-Patienten verabreicht wurde, hat sich in Kombination mit verschiedenen Malaria-Medikamenten als sicher, verträglich und wirksam erwiesen.

In der aktuellen Studie in Burkina Faso mit 160 an Malaria erkrankten Kindern zwischen sechs und zehn Jahren testeten die Heidelberger Wissenschaftler, wie Kombinationstherapien von Artemisininen und Methylenblau auf die Gametozyten im Blut wirken. Eine Gruppe der Kinder erhielt die Standardtherapie, bestehend aus einer Kombination der Wirkstoffe Artesunat und Amodiaquin, zwei weitere Gruppen jeweils Methylenblau kombiniert mit einem der beiden Medikamente. Die Mediziner kontrollierten anhand von Blutproben die Anzahl der Gametozyten drei, sieben und 14 Tage nach Therapiebeginn.

Kombinationstherapie doppelt so wirksam wie Standardtherapie

Es zeigte sich: Beide Kombinationstherapien wirkten doppelt so gut gegen Gametozyten wie die Standardtherapie; schon in den ersten Tagen waren diese Parasiten-Formen fast vollständig verschwunden. „Methylenblau hemmt nicht nur die Bildung der Geschlechtsformen, sondern zerstört auch die bereits vorhandenen Zellen“, erklärt Professor Müller. „Auf diese Weise ergänzen sich die Wirkprofile von Methylenblau und Artemisininen, die die Parasiten in den roten Blutkörperchen schnell und effektiv eliminieren.“ Da Methylenblau von der Heidelberger Arbeitsgruppe bereits seit Jahren in Westafrika angewendet wird, ist es klinisch gut getestet; schwere oder gehäufte Nebenwirkungen traten nicht auf. Besonders wichtig: Durch die Kombination wird die Resistenzentwicklung gegen Artemisinine erschwert.

Die Studie ist ein Projekt im Rahmen des Sonderforschungsbereichs SFB 544 „Kontrolle tropischer Infektionskrankheiten“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Ihm gehören Wissenschaftler und Ärzte aus dem Universitätsklinikum und anderen Heidelberger Forschungszentren an.

Weitere Informationen:
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Tropenhygiene-und-oeffentliches-Gesundheitswesen.1213.0.html
Literatur:
Boubacar Coulibaly, Augustin Zoungrana, Frank P. Mockenhaupt, R. Heiner Schirmer, Christina Klose, Ulrich Mansmann, Peter E. Meissner, and Olaf Müller. Strong Gametocytocidal Effect of Methylene Blue-Based Combination Therapy against Falciparum Malaria: A Randomised Controlled Trial. PLoS ONE. 2009; 4(5): e5318. Published online 2009 May 5. DOI: 10.1371/journal.pone.0005318.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. med. Olaf Müller, MPH
Abteilung Tropenhygiene und Öffentliches Gesundheitswesen
Universitätsklinikum Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 324
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 50 35
E-Mail: Olaf.mueller(at)urz.uni-heidelberg.de
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 7.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit 1.600 Betten werden jährlich rund 500.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.100 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. (Stand 12/2008)
Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
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Tel.: 06221 / 56 45 36
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