Die wirtschaftliche Lage in Deutschland im Januar 2012 [1]

Im Jahr 2011 wuchs die deutsche Wirtschaft insgesamt kräftig um preisbereinigt
3,0 % [2]. Dies war mehr als doppelt so stark wie das durchschnittliche Wachstum seit der Wiedervereinigung (1,3 %).

Nach schwungvoller Entwicklung in den ersten drei Quartalen des Jahres 2011, in denen das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um preisbereinigt durchschnittlich 0,7 % [3] expandierte, war die Entwicklung im vierten Quartal schwach [4]. Die Verunsicherung durch die Finanz- und Staatsschuldenkrise sowie die konjunkturelle Eintrübung des europäischen sowie des übrigen internationalen Umfelds hinterlassen zunehmend Spuren auch bei der deutschen Wirtschaft.

Die konjunkturell gedämpfte Entwicklung dürfte sich zu Jahresbeginn zunächst noch fortsetzen. Dank der nach wie vor robusten Binnenwirtschaft ist allerdings eine ausgeprägte Schwächephase derzeit nicht wahrscheinlich. Vielmehr ist die realwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland bemerkenswert widerstandsfähig. Die nachlassende Dynamik des Welthandels sorgt zwar für stärker zurückhaltende Dispositionen der exportorientierten Unternehmen. Die weniger vom Außenhandel abhängigen Dienstleistungsbranchen weiteten hingegen bis zuletzt ihre wirtschaftlichen Aktivitäten aus.

Der weitere Verlauf der europäischen Vertrauens- und Staatsschuldenkrise bleibt von entscheidender Bedeutung für die weitere Wirtschaftsentwicklung. Aus heutiger Sicht spricht jedoch einiges dafür, dass die dämpfenden Effekte weltweit allmählich an Einfluss verlieren, die Weltwirtschaft im weiteren Jahresverlauf wieder etwas mehr Fahrt aufnimmt und sich damit auch die außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die deutsche Wirtschaft wieder verbessern.

Die Erzeugung im Produzierenden Gewerbe fiel im November trotz einer leichten Belebung im Bauhauptgewerbe um 0,6 % zurück. In der Tendenz blieb sie damit rückläufig und dürfte im Schlussquartal hinter dem Niveau des dritten Jahresviertels zurückbleiben. Hierauf deutet die Nachfrage nach industriellen Erzeugnissen hin, die im November nach einem guten Vormonat von einer nahezu ebenso starken Gegenbewegung gekennzeichnet war (-4,8 %). Damit blieben die Auftragseingänge in der Trendbetrachtung merklich gedämpft. Auch die Baunachfrage ist derzeit abwärts gerichtet. Die Stimmungsindikatoren stabilisierten sich zuletzt etwas, zeugen aber weiterhin von verhaltenen Zukunftsbewertungen der Unternehmen.

Die deutsche Exportwirtschaft dürfte im vergangenen Jahr erstmals Waren im Wert von mehr als einer Billion Euro ausgeführt haben. Im November erhöhten sich die Warenausfuhren und Dienstleistungen saisonbereinigt um 2,5 %. Die Einfuhren nahmen um 0,4 % ab. Insgesamt behauptet sich der deutsche Außenhandel damit trotz der schwachen Entwicklung wichtiger Absatzmärkte recht ordentlich. Dennoch ist für das laufende Jahr bei einer insgesamt ruhigeren Entwicklung per Saldo nicht mit einem Wachstumsbeitrag des Außenhandels zu rechnen.

Die robuste Binnenkonjunktur stützt sich weiterhin auf eine stabile Nachfrage der privaten Haushalte.

Die Umsätze im Einzelhandel im engeren Sinne gingen zwar im November etwas zurück (-0,9 %), doch sprechen der spürbare Anstieg des Geschäftsklimas im Einzelhandel und das recht freundliche Konsumklima zum Jahreswechsel für einen guten Ausklang der privaten Konsumausgaben im vierten Quartal. Die Inflationsrate ging im Dezember deutlich zurück und näherte sich wieder der Zwei-Prozent-Marke. Der Druck seitens der Einfuhr- und Erzeugerpreise ließ zuletzt weiter nach.

Der erfreuliche Anstieg der realen verfügbaren Einkommen ergibt sich vor dem Hintergrund der moderaten Preisentwicklung aus den steigenden Löhnen und Gehältern sowie der Zunahme der Beschäftigung. Die Erwerbstätigkeit nahm zuletzt im November um saisonbereinigt 25.000 Personen weiter zu. Nach ersten Hochrechnungen des Statistischen Bundesamts waren im Jahresdurchschnitt 2011 mit 41,1 Millionen Erwerbstätigen so viele Menschen in Deutschland beschäftigt wie noch nie zuvor, wobei die Zuwächse im Jahresverlauf kleiner wurden. Die Arbeitslosigkeit ist weiter auf dem Rückzug (Dezember: saisonbereinigt -22.000). Mit jahresdurchschnittlich 2,976 Millionen Arbeitslosen wurde der niedrigste Stand seit 1991 erreicht. Die Nachfrage nach Arbeitskräften blieb hoch, und die vorlaufenden Indikatoren des Arbeitsmarktes deuten nach wie vor auf eine Fortsetzung der positiven Trends hin.

Von der guten Arbeitsmarktentwicklung profitieren gerade auch ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ihre Beschäftigungschancen sind so gut wie lange nicht. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Alter von 50 bis unter 65 Jahren überstieg 2011 das Vorkrisenniveau von 2008 um über 1,1 Millionen. Die Beschäftigungsquote Älterer ist seit 2005 um fast zehn Prozentpunkte auf über 47 Prozent angestiegen. In Deutschland sind mehr Ältere erwerbstätig als im Durchschnitt der EU. Die Zahlen belegen, dass am deutschen Arbeitsmarkt die Weichen für eine beschäftigungsfreundliche schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre gestellt sind.

Hinweis:
Eine ausführliche Darstellung und Kommentierung der wirtschaftlichen Lage und Entwicklung wird in der Februar-Ausgabe des Monatsberichts „Schlaglichter der Wirtschaftspolitik“ veröffentlicht. Die aktuelle Ausgabe wird voraussichtlich Mitte der 4. Kalenderwoche auf der Internetseite des BMWi zu finden sein.
[1] In diesem Bericht werden statistische Daten verwendet, die bis zum
11. Januar 2012 vorlagen.
[2] Meldungen des Statistischen Bundesamtes zum ersten vorläufigen Jahresergebnis vom 11. Januar 2012.
[3] Soweit nicht anders vermerkt, handelt es sich um Veränderungsraten gegenüber der jeweiligen Vorperiode auf Basis preisbereinigter, sowie nach dem Verfahren Census X-12-ARIMA kalender- und saisonbereinigter Angaben.

[4] Erste Ergebnisse zur Wirtschaftsleistung im vierten Quartal werden vom Statistischen Bundesamt am 15. Februar 2012 veröffentlicht.

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