Rückläufige Stahlerzeugung in Deutschland zu erwarten

Zu diesen Ergebnissen kommt der aktuelle Stahlbericht des RWI. Die weltweite Stahlproduktion wird demnach 2011 und 2012 wohl nur verhalten zunehmen. Treibende Kraft dürften dabei die Schwellenländer bleiben, während die Stahlproduktion in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften eher weiter zurückgehen dürfte.

Die deutsche Stahlindustrie hatte sich rasch von der Rezession erholt, im Frühjahr 2010 lag die Monatsproduktion bei über 4 Millionen Tonnen. Seitdem schwankt sie bei weiter aufwärts gerichteter Nachfrage um einen Wert von 3,7 Millionen Tonnen pro Monat. Dies entspricht einer mittleren Kapazitätsauslastung von 86%. Die Schwankungen sind zum einen eine Folge des Lagerzyklus. So wurden sowohl in der ersten Jahreshälfte 2010 als auch 2011 die Lager aufgestockt, es folgte jeweils ein Lagerabbau in der zweiten Jahreshälfte. Zudem wurde im vergangenen Jahr in vielen europäischen Ländern im Rahmen von Konjunkturprogrammen die Nachfrage nach Kraftfahrzeugen gefördert.

Dies führte zu vermehrten deutschen Stahlexporten für die ausländische Automobilindustrie. Als die Förderprogramme im Verlaufe des Jahres 2010 ausliefen, sanken auch die Stahlausfuhren. Gleichzeitig stiegen die Stahleinfuhren nach Deutschland, weil durch das kommunale Investitionsprogramm vermehrt gebaut wurde und dafür weitgehend Stahlsorten aus dem Ausland zum Einsatz kamen. Seit dem Frühjahr 2011 ist die Handelsbilanz mit Walzstahl negativ, es wird also mehr ein- als ausgeführt. Seitdem gibt auch die inländische Erzeugung nach.

Die Erlöse der Stahlindustrie blieben trotz der guten Kapazitätsauslastung und der nach wie vor recht kräftigen Nachfrage unter Druck. Einerseits stiegen die Kosten der Stahlerzeugung aufgrund verteuerter Rohstoffe kräftig. Andererseits konnten an den Absatzmärkten nur geringe Preiserhöhungen durchgesetzt werden, zuletzt waren die Verkaufspreise sogar leicht rückläufig.

Prognose: Deutsche Rohstahlproduktion wird 2012 sinken

Für den weiteren Verlauf dieses Jahres erwartet das RWI insgesamt eine nahezu gleichbleibende, für das kommende Jahr eine rückläufige deutsche Rohstahlproduktion. Sie dürfte in diesem Jahr durchschnittlich um 0,2% steigen, im nächsten Jahr um 7,9% auf 40,4 Millionen Tonnen zurückgehen. Damit würde die Kapazitätsauslastung voraussichtlich auf unter 80% sinken. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Zum einen dürfte die Produktion der Stahlverwender insbesondere aufgrund der zu erwartenden nachlassenden Investitionsdynamik im nächsten Jahr nur noch um durchschnittlich 1,4% steigen. Zudem dürften die gefüllten Lager geleert werden und die Exporte wegen der flauen Konjunktur im Euro-Raum nur verlangsamt wachsen.

Die Erfahrungen aus der Finanzkrise zeigen, dass Unternehmen bei einer Knappheit an qualifizierten Arbeitskräften bemüht sind, Produktionsrückgänge nicht unmittelbar auf die Beschäftigung durchschlagen zu lassen. Daher ist in der Stahlindustrie für 2012 nur ein moderater Rückgang der Beschäftigung um 1,4% zu erwarten. Dies impliziert einen Produktivitätsrückgang um 6,5%, der jedoch voraussichtlich nur vorübergehend hingenommen werden wird.

Stahlproduktion in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften eher rückläufig

Auch der internationale Stahlmarkt hatte sich von dem Einbruch während der Rezession rasch erholt. Bereits im März 2010 übertraf die weltweite Rohstahlerzeugung das Vorkrisenniveau. Entscheidend hierfür war die kräftige Zunahme der chinesischen Produktion. In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften lag die monatliche Stahlerzeugung hingegen bis zuletzt unter der vor der Rezession. Im Januar 2011 scheint die globale Rohstahlproduktion ihren Höhepunkt überschritten zu haben. Ursache hierfür war zum einen, dass die Industrieproduktion weltweit weniger stark wuchs. Zum anderen scheint die Stahlerzeugung stärker auf konjunkturelle Verlangsamung zu reagieren als früher. Trotzdem blieben die Preise für die Rohstoffe der Stahlindustrie hoch, die Notierungen für Eisenerz und Schrott befinden sich sogar nahe dem historischen Höchststand. Beim Eisenerz ist der hohe Preis überwiegend auf die Marktmacht weniger Anbieter zurückzuführen, hinzu kommt der hohe Zeit- und Kostenaufwand, um neue Lagerstätten zu erschließen. Trotz flauer Nachfrage dürften die Preise daher kaum sinken.

Das RWI rechnet für 2011 und 2012 mit einer zwar anhaltenden, aber schwachen Expansion der Weltwirtschaft. Entsprechend dürfte die weltweite Nachfrage nach Stahl nur verhalten zunehmen. Für den Jahresdurchschnitt 2011 zeichnet sich zwar ein Plus bei der Rohstahlerzeugung von knapp 8% ab. Dieses resultiert aber allein aus dem hohen statistischen Überhang und dem kräftigen Zuwachs zu Jahresbeginn, während aktuell die Erzeugung leicht sinkt. Für das kommende Jahr ist mit einer allmählichen Produktionsausweitung zu rechnen, da die dämpfenden Effekte in Japan wohl wegfallen werden und wieder mit einem allmählichen Lageraufbau zu rechnen ist. Allerdings dürfte die Zunahme mit etwa 5% im Jahresdurchschnitt verhalten bleiben. Treibende Kraft werden wohl die Schwellenländer bleiben, während sich in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften, angesichts der dort schwachen gesamtwirtschaftlichen Expansion, eher eine Fortsetzung des Produktionsrückgangs abzeichnet.

Ihre Ansprechpartner dazu:
Prof. Dr. Roland Döhrn Tel.: (0201) 8149-262
Sabine Weiler (Pressestelle) Tel.: (0201) 81 49-213
Dieser Pressemitteilung liegt der „Stahlbericht“ aus dem aktuellen Konjunkturbericht des RWI zugrunde, er ist unter www.rwi-essen.de/publikationen/rwi-konjunkturberichte/ als pdf-Datei erhältlich.

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