Konjunkturpaket II reduziert Wachstumsverlust um 0,6 Prozentpunkte

Das Konjunkturprogramm der Bundesregierung sollte dringend nachgebessert werden, um seine Wirksamkeit zu erhöhen. Problematisch ist vor allem die Zusammensetzung des Konjunkturpakets II: Bei einem Gesamtvolumen, das nur an der Untergrenze des Erforderlichen liegt, fließt zu viel Geld in Steuer- und Abgabensenkungen und damit in konjunkturell wenig effiziente Maßnahmen.

Zudem treten diese viel zu spät in Kraft. Es wäre daher sinnvoll, zumindest die vorgesehene Kinderzulage als schnell wirkendes Element deutlich aufzustocken. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung. „Die Krise herrscht jetzt und nicht erst zur Jahresmitte 2009“, warnen die Wissenschaftler in einer neuen Untersuchung, die am heutigen Dienstag als IMK Policy Brief erscheint. „Die Konstruktion des Konjunkturprogramms, das späte Inkrafttreten und der hohe Anteil von Steuer- und Abgabensenkungen verhindern, dass die Wirtschaft in Deutschland bereits in diesem Jahr effektiv stabilisiert wird. Stattdessen lässt man sie in eine tiefe Rezession fallen.“

Das IMK geht in seiner aktualisierten Prognose davon aus, dass die deutsche Wirtschaft 2009 ohne Eingreifen des Staates um drei Prozent schrumpfen würde. Dies kommt dem negativen Risikoszenario von 3,5 Prozent Rückgang nahe, das die Konjunkturforscher in ihrer Prognose vom Dezember skizziert hatten. In der bislang beschlossenen Form kann das Konjunkturpaket II den Wachstumsverlust um 0,6 Prozentpunkte dämpfen. Somit geht das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr nach der neuen IMK-Prognose um 2,4 Prozent zurück. Durch die Konjunkturpakete I und II sowie die Wiedereinführung der Pendlerpauschale fallen für die öffentliche Hand 2009 und 2010 Mehrausgaben und Mindereinnahmen von 65,3 Milliarden Euro an.

„Es gibt keine Alternative dazu, mit Konjunkturprogrammen den Sturz der Wirtschaft zu bremsen. Hätte man das Paket aber effizienter angelegt, könnte mit dem eingesetzten Geld wesentlich mehr erreicht werden“, sagt der Wissenschaftliche Direktor des IMK, Prof. Dr. Gustav A. Horn. Während sich beispielsweise öffentliche Investitionen über Nachfrage- und Beschäftigungseffekte zu einem erheblichen Teil selbst finanzierten, sei diese Form der Gegenfinanzierung bei Steuer- und Abgabensenkungen fast zu vernachlässigen.

Das IMK empfiehlt, wenigstens die kurzfristig wirksamen Komponenten des Pakets aufzustocken und die geplante Kinderzulage von 100 auf 500 Euro zu erhöhen. Für den Staat entstünden Mehrausgaben von sieben Milliarden Euro. Die Ökonomen halten die Zusatzbelastung für absolut vertretbar, wenn damit verhindert werden könne, dass der konjunkturelle Einbruch die Arbeitslosigkeit massiv ansteigen lässt. „Greift die Krise aber erst in vollem Umfang auf den Arbeitsmarkt über, sind auch alle Hoffnungen auf einen die Konjunktur stabilisierenden Konsum vergebens.“ Demgegenüber sei ein staatliches Defizit von mehr als drei Prozent vom BIP zweitrangig und angesichts der Ausnahmesituation mit dem Europäischen Wachstums- und Stabilitätspakt vereinbar.

Um die Wirkung des Programms nicht noch weiter zu reduzieren, dürfe der Staat auf keinen Fall an anderer Stelle sparen, warnen die Konjunkturforscher zudem. Horn: „So bitter das für die Steuerzahler ist: Der Staat hat bislang nicht zu viel getan, sondern eher noch zu wenig. Ein Abschwung ist nicht die Zeit für Sparversuche egal welcher Art.“ Ein Großteil solcher Sparanstrengungen würde sich ohnehin negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirken – und damit wegen schwächerer Steuereinnahmen und höherer Kosten für Arbeitslosigkeit fast wirkungslos verpuffen.

Besonders kritisch sehen die Experten die Schuldenbremse, deren Einführung die Bundesregierung zeitgleich mit dem zweiten Konjunkturprogramm beschlossen hat. Mit diesem „mechanischen“ Instrument könne die Politik nicht mehr stark genug auf konjunkturelle Schwankungen reagieren und sei möglicherweise gezwungen, zu früh wieder auf einen Sparkurs umzuschwenken. Stattdessen müsse die Bundesregierung bereit sein, die fiskalischen Stützungsmaßnahmen so lange in vollem Umfang aufrecht zu erhalten, wie es die konjunkturelle Lage erfordert, schreiben die Ökonomen des IMK. Das könne möglicherweise mehrere Jahre dauern. „Erst wenn die Krise überwunden ist, darf der Konsolidierungseffekt einsetzen. Dies vorab mittels eines konkreten Datums festlegen zu wollen, ist äußerst riskant.“

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Rainer Jung idw

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