Kongo: Investoren den Weg weisen

Die Demokratische Republik Kongo zählt zu den ärmsten Staaten der Welt: Im „Human Development Index“ der Vereinten Nationen, einem Gradmesser für Wohlstand, nimmt das Land weltweit den vorletzten Platz ein. Das hat viele Ursachen, unter anderem die jahrzehntelange Ausplünderung des Landes unter Diktator Mobutu und ein Bürgerkrieg, der noch heute im Osten des Landes immer wieder aufflammt.

Zugleich ist der Kongo einer der rohstoffreichsten Staaten der Erde. Im Bergbau werden Diamanten, Gold, Kupfer und das Metallerz Coltan gewonnen. Letzteres liefert unter anderem die Metalle Niob und Tantal, die für die Luft- und Raumfahrtindustrie wichtig sind. Auch Seltene Erden gibt es in Kongo – eine Reihe von Metallen also, die für die Computer- und Elektronik-Industrie bedeutsam sind. Hinzu kommen landwirtschaftliche Exportprodukte wie Kaffee, Kautschuk und Holz.

Gute Grundlagen also für die kongolesische Wirtschaft – die aber dennoch nicht in Fahrt kommt. Warum ist das so? Wie lässt sich eine Eigendynamik anstoßen? Das wollen Wissenschaftler von den Universitäten Würzburg und Kinshasa in einem Gemeinschaftsprojekt ergründen. Federführend sind die Juristin Dr. Karin Linhart und ihr Fachkollege Professor Dr. Jean-Michel Kumbu aus Kinshasa. Beteiligt sind weiterhin Politik- und Wirtschaftswissenschaftler sowie Geographen beider Universitäten.

Transparenz für Investoren schaffen

Die Idee der Wissenschaftler? „Stellen Sie sich eine deutsche Firma vor, die Zink verarbeitet und diesen Rohstoff im Kongo nicht nur kaufen, sondern dort auch die ersten Verarbeitungsschritte erledigen lassen will“, sagt Karin Linhart. Derzeit stehe ein solcher Investor vor vielen Fragen: Wen kann er in der kongolesischen Politik ansprechen? Gibt es vor Ort Handelskammern oder ähnliche Institutionen? Was ist bei Steuern und Zöllen zu beachten? Besteht im Falle von Streitigkeiten internationaler Investitionsschutz?

Solche grundlegenden Fragen wollen die Wissenschaftler beantworten. Ihr Ziel: Transparenz schaffen und potenziellen Investoren mit einer Art Leitfaden den Weg weisen. Was die Krönung des Projekts wäre: „Wenn sich Firmen finden, die nicht nur am Ausverkauf in Kongo interessiert sind, sondern sich mit einer Niederlassung vor Ort engagieren“, sagt Karin Linhart. Denn das setze Wachstumsimpulse: Wo es Arbeit und Lohn gibt, entstehen auch Wohnviertel, Schulen und soziale Einrichtungen.

Provinz Bas-Congo als Modellregion

Die Wissenschaftler wollen ihre Idee zunächst modellhaft in einer kleineren Region umsetzen, in der Provinz Bas-Congo im Westen des Landes. Sie ist politisch stabil, besitzt einen Meereshafen und ist von den Unruheprovinzen im Osten so weit entfernt wie Polen von Portugal. „Das Klima für internationale Investitionen ist dort verhältnismäßig freundlich, und der Gouverneur steht für eine vernünftige Wirtschaftspolitik“, erklärt Jean-Michel Kumbu die Auswahl dieser Provinz.

Kontakte geknüpft, erste Arbeiten laufen

In der ersten Projektphase wurde für jeden deutschen Teilnehmer ein kongolesischer Fachkollege identifiziert. Die Partner sollen auf lange Sicht kooperieren. Persönliche Kontakte sind ebenfalls schon geknüpft: Karin Linhart war einige Wochen in Kinshasa, wo sie unter anderem Kurse in Rechtsenglisch und US-amerikanischem Recht gab. Zudem bereitete ihre Würzburger Jura-Kollegin Rabia Ünlü kongolesische Assistenten und Studenten mit einem Deutsch-Intensivkurs auf einen Forschungs- oder Studienaufenthalt in Deutschland vor.

Zurzeit halten sich drei Kongolesen in Würzburg auf, um dem Projekt weiteren Vorschub zu geben: Jura-Professor Jean-Michel Kumbu, sein Assistent Yves Manzanza und Jura-Student Shama Busha Pongo. Eine zentrale Rolle spielt Yves Manzanza: Er organisiert und verwaltet das Projekt.

Angelaufen sind auch die ersten handfesten Arbeiten: Die Wirtschaftswissenschaftler zum Beispiel sammeln Daten zu solchen Fragen: Wo im Kongo gibt es welche Rohstoffe? Wer hat die Rechte daran, wer vergibt Lizenzen? Die Juristen bauen eine Datenbank mit wirtschaftsrechtlichen Regelungen des Kongo auf, die Politikwissenschaftler analysieren die politischen Rahmenbedingungen, die potentielle Investoren im Kongo vorfinden. Sie wollen herausarbeiten, welche politischen Strukturen sich, zum Beispiel aufgrund von Korruption, negativ auf das Investitionsklima auswirken. Auf diese Weise versucht das Projekt Stellschrauben zu identifizieren, die das Wirtschaftswachstum im Kongo derzeit behindern.

Finanzielle Unterstützung bekommt das Vorhaben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Es fördert die Anbahnung des Projekts in seinem Programm „Partnerschaften für nachhaltige Problemlösungen in Entwicklungsländern“. Auf lange Sicht streben die Wissenschaftler weitere Förderung auf deutscher und internationaler Ebene an.

Die deutsch-kongolesischen Projektpartner

Als Partner im Projekt „Gesellschaftswissenschaftliche Grundlagen für einen wirtschaftlichen Aufschwung im Kongo“ haben sich folgende Fachkollegen zusammengetan:

• Rechtswissenschaft: Dr. Karin Linhart, Prof. Dr. Jean-Michel Kumbu, Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf, Prof. Dr. Christoph Teichmann

• Politikwissenschaft: Prof. Dr. Gisela Müller-Brandeck-Bocquet und Prof. Dr. Greg Basue

• Wirtschaftswissenschaft: Prof. Dr. Ronald Bogaschewsky und Prof. Dr. Odilon Gamela

• Geographie: Ferdinand Paesler

Ursprünge des Projekts

Initiiert von den Professoren Gerhard Bringmann und Virima Mudogo haben die Universitäten Würzburg und Kinshasa im Jahr 2008 eine Partnerschaftsvereinbarung getroffen. Sie sieht unter anderem die Kooperation in Forschung und Lehre vor. Auf diesem Boden ist auch das neue Projekt gediehen. Die beteiligten Würzburger Wissenschaftler haben es im Rahmen des Afrikazentrums der Universität initiiert.

Kontakt

Dr. Karin Linhart, Juristische Fakultät der Universität Würzburg, klinhart@jura.uni-wuerzburg.de

Prof. Dr. Jean-Michel Kumbu, Juristische Fakultät der Universität Kinshasa, Jm_kumbu@yahoo.fr

Media Contact

Robert Emmerich Uni Würzburg

Weitere Informationen:

http://www.uni-wuerzburg.de

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