Die EU braucht eine einheitliche Haltung gegenüber ausländischen Investoren

Immer mehr Direktinvestitionen in die EU werden künftig aus Ländern kommen, deren politische Systeme nicht mit unserem vergleichbar sind. Ausländische Staatsfonds, aber auch Unternehmen aus solchen undemokratischen Ländern wollen zunehmend in der EU Fuß fassen.

Im jüngsten Policy Brief des Wirtschaftsforschungsinstitutes Breugel fordern die Autoren Lars-Hendrik Röller und Nicolas Véron eine einheitliche Grundhaltung gegenüber solchen Investoren.

Es muss ein Konsens geschaffen werden, welche Investitionen willkommen sind und welche nicht. Die Autoren schlagen daher eine EU-Richtlinie vor, die die wichtigsten Grundprinzipien auf europäischer Ebene festlegt.

Einzelfallentscheidungen sollen aber den Mitgliedsstaaten vorbehalten bleiben.

Röller und Véron sehen die Ursache für den Erfolg von Staatsfonds vor allem in einem strukturellen Wachstum der internationalen Investitionsfähigkeit. Nicht-europäische staatliche Investoren sind immer häufiger in der Lage, überall auf der Welt zu investieren. Die Autoren betonen, dass ein steigender Anteil der Direktinvestitionen nach Europa voraussichtlich aus Ländern kommen wird, deren Regierungsformen anders und häufig deutlich weniger liberal sind, als die der EU Staaten oder die der klassischen Investitionspartner. Dies bietet nicht nur Potential für politische Spannungen, sondern kann auch ernsthafte Sicherheitsrisiken bergen. Diese Risiken sollten allerdings nicht überbewertet werden. Eingeschränkte Offenheit gegenüber ausländischen Direktinvestitionen oder Barrieren innerhalb des EU-Binnenmarktes sind sowohl grundsätzlich falsch als auch schädlich. Denn die gegenwärtige Wirtschafts- und Finanzkrise wird Europas Bedarf an Investitionen aus dem Ausland weiter vergrößern. Sie macht aber auch deutlich, dass es politische und sicherheitsbezogene Bedenken bezüglich der Auswirkungen ausländischer Investitionen zu beachten gilt.

Initiativen von Staatsinvestoren, die sich den Bedenken von Empfängerländern widmen, sind grundsätzlich willkommen. Die von einer Gruppe von 26 Investorenländern in diesem Monat vorgestellten „Santiago Prinzipien“ sind beispielsweise eine guter Ansatz. Aber solche Initiativen werden nicht alle Risikoszenarien abdecken können. Die Autoren plädieren daher für einen offenen, umfassenden und nachhaltigen politische Rahmen auf europäischer Ebene, anhand derer ausländische Direktinvestitionen in der EU beurteilt werden können. Diese Richtlinie sollte mit Mechanismen ausgestattet sein, die garantieren, dass Sicherheitsbedenken nicht als Vorwand für Wirtschaftsprotektionismus missbraucht werden können.

Röller und Véron erklären, wie dies am besten nach EU-Recht realisiert werden kann: In jedem einzelnen Fall blieben die Risikoabschätzung sowie die Verhandlungen von Firmenübernahmen in den Händen der betroffenen EU-Mitgliedsstaaten. Gleichzeitig müsste aber ein Rahmen geschaffen werden, der geeignete Methoden, multilaterale Koordination und einen Best-Practise-Austausch ermöglichte. Die Verabschiedung eines von den Autoren vorgeschlagenen politischen Gerüstes würde es erlauben, nationalen und europäischen Sicherheitsrisiken zu begegnen und gleichzeitig die Offenheit des europäischen Wirtschaftsraumes für ausländische Direktinvestitionen zu wahren.

Die Autoren
Lars-Hendrik Röller arbeitet als non-resident Senior Fellow für das Forschungsinstitut Breugel. Er ist Präsident der European School of Management and Technology in Berlin, einer internationalen Managementschule, die von 25 führenden internationalen Firmen und Institutionen gegründet wurde. Von 2003 bis 2006 war Röller Chefvolkswirt für Wettbewerbsfragen der Europäischen Kommission. Dort war er verantwortlich für ökonomische Analysen in den Bereichen Firmenzusammenschlüsse, Kartelluntersuchungen, Missbrauch von Marktmacht und Kontrolle staatlicher Beihilfen. Zu diesen Themen hat Röller zahlreiche Bücher und Aufsätze veröffentlicht.

Nicolas Véron ist Research Fellow bei Bruegel. Er konzentriert seine Forschung auf die Bereiche Kapitalmärkte, Regulierung von Finanzmärkten, internationale Investitionspolitik und die globale Expansion von Firmen. Er war Berater für Firmenfragen des französischen Arbeitsministers, Finanzvorstand eines Pariser Technologieunternehmens und selbstständiger Unternehmensberater. Nicolas Véron hat eine regelmäßige Kolumne in der renommierten französischen Wirtschaftszeitung La Tribune.

ESMT
Die ESMT European School of Management and Technology wurde im Oktober 2002 durch die Initiative von 25 führenden deutschen Unternehmen und Verbänden gegründet. Das Ziel der Gründer war es, in Deutschland eine internationale Managementschule mit europäischem Fokus aufzubauen. Als private Hochschule bietet die ESMT Führungskräfteausbildung sowie die internationalen Full-time MBA- und berufsbegleitenden Executive MBA-Programme an. Die ESMT ist eine staatlich anerkannte private wissenschaftliche Hochschule.
Bruegel
Das in Brüssel ansässige Forschungsinstitut befasst sich schwerpunktmäßig mit internationalen Wirtschaftsfragen. Es wurde 2005 mit der Unterstützung europäischer Regierungen und internationaler Unternehmen gegründet. Breugel trägt durch offene, faktenbasierte und politikrelevante Analyse, Forschung und Diskussion zu der Qualität der Wirtschaftspolitik in Europa bei.
Kontakt:
Martha Ihlbrock
Tel.: 030-21 231 1043
Fax: 030-21 231 1069
E-Mail: martha.ihlbrock@esmt.org
ESMT European School of Management and Technology
Schlossplatz 1
10178 Berlin

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