Digitalisierung bringt Produktion zurück an den Standort Deutschland

Durch die Digitalisierung gewinnt die industrielle Produktion am Standort Deutschland Thomas Ernsting/LAIF

Wie die Analysen zeigen, verharren Produktionsverlagerungen der deutschen Industrie ins Ausland weiterhin auf einem sehr geringen Niveau. Lediglich 9 % der Betriebe des deutschen Verarbeitenden Gewerbes haben von 2013 bis Mitte 2015 Teile ihrer Produktion ins Ausland verlagert – kaum mehr als beim bisherigen Tiefstand von 2012.

Gleichzeitig sind Rückverlagerungen von Produktionskapazitäten leicht angestiegen. „Damit kommt derzeit auf jeden dritten Verlagerer ein Rückverlagerer von Produktionskapazitäten“, bemerkt Prof. Dr. Steffen Kinkel, Leiter des Instituts für Lernen und Innovation in Netzwerken (ILIN) an der Hochschule Karlsruhe.

Die wichtigsten Gründe für Rückverlagerungen sind nach wie vor Einbußen bei der Flexibilität und Lieferfähigkeit sowie Qualitätsprobleme, die jeweils von mehr als der Hälfte der Betriebe angeführt werden. An Bedeutung haben unterschätzte Aufwendungen für die Koordination und Betreuung des ausländischen Produktionsstandorts gewonnen, die von gut einem Viertel der Betriebe genannt werden.

Die 13 seit 2004 der EU neu beigetretenen mittel- und osteuropäischen Mitgliedsstaaten (EU 13) sind mit mehr als der Hälfte der Nennungen nach wie vor die bevorzugte Zielregion für Produktionsverlagerungen, gefolgt von China mit etwa 30 % und dem restlichen Asien mit etwa 20 % der Nennungen. Bei den Herkunftsregionen von Rückverlagerungen zeigen sich erstmals deutliche Verschiebungen.

Mit einem Drittel kommen die meisten Rückverlagerungen aus den westlichen EU-Kernstaaten (EU 15), vornehmlich zur Konzentration von Kapazitäten am deutschen Hauptstandort, zur Optimierung der Auslastung oder zur technisch-organisatorischen Verbesserung der Prozesse. Dagegen gingen die Rückverlagerungsaktivitäten aus den EU 13 deutlich von etwa der Hälfte auf nunmehr ein Zehntel zurück. Die deutschen Industrieunternehmen scheinen die Qualität, Flexibilität und Koordination der dortigen Produktion zwischenzeitlich im Griff zu haben.

Zwischen der Nutzung von Digitalisierungstechnologien in den betrieblichen Wertschöpfungsprozessen und der Verlagerungsneigung der Betriebe zeigen sich interessante Zusammenhänge. Zwar verlagern bei der Digitalisierung „fortgeschrittene“ Betriebe nicht seltener Produktion ins Ausland, aber mit anderen Strategien. Sie suchen häufiger die Nähe zu Kunden und seltener geringere Lohnkosten als in der Digitalisierung zurückhaltende Betriebe.

Ein klarer, positiver Zusammenhang zeigt sich indes zwischen der Digitalisierungsintensität und der Rückverlagerungsneigung der Betriebe. Demnach verlagern bei der Digitalisierung „fortgeschrittene“ Betriebe signifikant häufiger Teile ihrer Produktion wieder an den deutschen Standort zurück als Betriebe mit geringerem Digitalisierungsgrad in der Produktion.

Im Mittel des Schätzmodells haben die beim Einsatz von Digitalisierungstechnologien „Fortgeschrittenen“ eine etwa 10 Mal höhere Rückverlagerungswahrscheinlichkeit (ca. 5 %) als „Nichtnutzer“ von Digitalisierungstechnologien (ca. 0,5 %). „Hier greifen zwei Erklärungsmuster“, erklärt Steffen Kinkel vom ILIN, „zum einen kann der Einsatz von Digitalisierungstechnologien zu einer erhöhten Automatisierung und Produktivität deutscher Produktionsstandorte führen, sodass die Lohnkostenanteile geringer und geringe Lohnkosten weniger attraktiv werden, was Rückverlagerungen begünstigt.

Zum anderen kann der Einsatz von Digitalisierungstechnologien zu einer erhöhten Flexibilität und Fähigkeit zur individualisierten Produktion genutzt werden, die eine effiziente Bedienung individueller Kundenwünsche ermöglicht und Anreize für Firmen bietet, die Produktion in die Nähe ihrer europäischen Kunden zurückzuholen.“ Demnach kann der intensive Einsatz von Digitalisierungstechnologien signifikant zu attraktiveren Produktionsbedingungen mit erhöhter Wertschöpfung am deutschen Standort beitragen.

http://www.hs-karlsruhe.de/hochschule/aktuelles/presse/digitalisierung-bringt-pr…

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Holger Gust M. A. idw - Informationsdienst Wissenschaft

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