Internationale Konjunktur: Tiefpunkt durchschritten – beträchtliche Risiken bleiben

Zur Jahreswende 2001/02 nahm in kaum einer Region der Welt das wirtschaftliche Aktivitätsniveau noch zu. Mittlerweile ist der Tiefpunkt der Schwächephase zwar durchschritten, doch ist der Weg aus der Talsohle mühsam, erst für die zweite Jahreshälfte ist eine durchgreifende Konjunkturerholung zu erwarten, und auch diese Prognose ist mit beträchtlichen Risiken behaftet. Alle Industrieländer, aber auch gewichtige Schwellenländer befinden sich zeitgleich in einer Schwächephase, und die Attentate des 11. September haben diese Synchronität noch erhöht. Eine vergleichbare Konstellation hatte es zuletzt während der ersten Ölkrise 1974/75 gegeben. Da die Verflechtung der Volkswirtschaft inzwischen intensiver ist als damals, ist die Gefahr groß, dass sich negative Entwicklungen gegenseitig verstärken und die konjunkturelle Abschwächung länger andauert als erwartet. Günstiger als in früheren Schwächephasen ist die Lage bei der Inflation. Da sie diesmal niedrig ist, konnten die Notenbanken bereits kräftig gegensteuern, was die Hoffnung nährt, dass die Schwäche tatsächlich bald überwunden wird.

Von zentraler Bedeutung ist die Entwicklung in den Vereinigten Staaten; verzögert sich hier der Aufschwung, so gilt dies auch für den Rest der Welt. Die Meldungen über die amerikanische Wirtschaft waren während der letzten Wochen äußerst widersprüchlich. Zwar scheinen die kurzfristigen Folgen des 11. September inzwischen überwunden. Zudem sind Geld- und Finanzpolitik auf expansivem Kurs. Allerdings wirkt die Politik erst nach und nach, vor allem die Zinssenkungen wurden bislang nur in geringem Umfang an die Kreditnehmer weitergegeben. Außerdem ist fraglich, ob der private Verbrauch, zuletzt wesentliche Stütze der Konjunktur, diese Rolle weiterhin spielt; er wurde bislang stark von den Vermögenszuwächsen an den Aktienmärkten alimentiert, die nun nicht mehr für Konsumzwecke zur Verfügung stehen. Auch dürften sich die Konsumenten wegen der steigenden Arbeitslosigkeit zurückhalten. Dadurch kommt die Wirtschaft nur langsam in Fahrt. Im Jahresdurchschnitt 2002 wächst das BIP um lediglich 0,6 %, 2003 dann wieder kräftiger, um 2,9 %. – Die japanische Wirtschaft wird 2002 nochmals schrumpfen und sich erst im kommenden Jahr dank außenwirtschaftlicher Impulse beleben.

Im Euro-Raum machte sich die zyklische Abschwächung nicht so stark bemerkbar wie in den Vereinigten Staaten, und es kommt nicht zu einer Rezession. Allerdings bleibt hier ebenfalls die Entwicklung bis Mitte dieses Jahres flach, zumal die Wirtschaftspolitik geringere Impulse gibt als in den Vereinigten Staaten. Der private Konsum wird nun durch die wachsende Arbeitslosigkeit gedämpft, stützt aber noch die Konjunktur. Die Investitionstätigkeit gewinnt erst nach und nach an Fahrt. Stärkere Impulse werden vom Außenhandel kommen, sobald sich das internationale Umfeld verbessert; hier hatte es allerdings auch die stärksten Einbrüche gegeben. Das BIP wächst 2002 um durchschnittlich 1,1 % und 2003 um 2,8 %. Die Arbeitslosigkeit nimmt dabei vorerst zu, die Preissteigerungsraten bleiben aber moderat.
Im Jahresdurchschnitt wächst das BIP der Industrieländer insgesamt mit einer Rate von 0,5 %; 2003 wird der Zuwachs 2,7 % betragen.

TABELLE: Eckwerte zur Konjunktur in den Industrieländern
IM INTERNET

(aus: RWI-Konjunkturberichte 2/2001)
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