Die Krux mit der Erbschaftsteuer

Das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer vom 31.1.2007 hat weitreichende Folgen. Darauf weist der Bochumer Steuerrechtler Prof. Dr. Roman Seer (Juristische Fakultät der RUB) hin: Von der Entscheidung betroffen ist auch das „Gesetz zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge“, das gerade erst in den Deutschen Bundestag eingebracht wurde.

Die „tiefgreifenden Mängel und Fehlwirkungen“ dieses Gesetzesprojektes haben Prof. Seer und PD Dr. Harald Jansen (Betriebswirtschaftliche Steuerlehre) in einer interdisziplinären Forschungsarbeit für den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages herausgearbeitet. „Sollte die Große Koalition gleichwohl daran festhalten, ist ein erneuter Gang nach Karlsruhe vorgezeichnet“, so Prof. Seer. Der Experte fordert nun ein grundsätzliches Umdenken in der Erbschaftsbesteuerung.

Bochumer Expertise liegt Urteil zugrunde

Gleich mehrere Arbeiten des Bochumer Steuerrechtlers Prof. Dr. Roman Seer liegen dem aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer zugrunde: Bereits in seiner Antrittsvorlesung an der RUB 1997 hatte Prof. Seer nachgewiesen, dass die im Erbschaftsteuergesetz enthaltenen Wertmaßstäbe gegen das verfassungsmäßige Gleichheitsgebot verstoßen: Während etwa das private Geldvermögen und Wertpapiere mit ihren vollen Nenn- bzw. Kurswerten angesetzt werden, bleibt die Bewertung von Sachwerten (zum Beispiel von Grundstücken, GmbH-Anteilen, Betriebsvermögen) in der Regel deutlich hinter den Verkehrswerten zurück. „Gleichzeitig sind die Wertmaßstäbe aber auch innerhalb den einzelnen Sachvermögen höchst unterschiedlich ausgestaltet und besitzen eher den Charakter von Zufallswerten“, so der RUB-Steuerexperte. Dem ist das Verfassungsgericht nun gefolgt und hat das nach Seer „willkürliche Bewertungs-Konglomerat“ insgesamt für unvereinbar mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz erklärt. Dem Gesetzgeber bleibt nun bis zum 31.12.2008 Zeit, eine verfassungskonforme Rechtslage herzustellen.

Verzicht auf Steuer oder spürbare Tarifsenkung

„Dass das Bundesverfassungsgericht so entscheiden würde, überrascht mich nicht“, so Prof. Seer. Allerdings stehe der aktuelle Entwurf des „Gesetz zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge“ im Widerspruch dazu: Er sieht vor, die Erbschaftsteuer auf so genanntes produktives Betriebsvermögen zu erlassen. Voraussetzung für diesen Erlass soll aber sein, dass der Erbe das Unternehmen zehn Jahre in wirtschaftlich vergleichbarem Umfang fortführt. Für Seer gibt es nur zwei alternative Wege aus dem grundsätzlichen Dilemma: „Entweder verzichtet der Staat gänzlich auf eine Erbschaftsteuer oder er gestaltet ihre Wertmaßstäbe gleichheitskonform aus, verbreitert so die Bemessungsgrundlage und senkt zugleich spürbar den Steuertarif für alle Vermögensarten.“

Weitere Informationen

Prof. Dr. Roman Seer, Lehrstuhl für Steuerrecht, Juristische Fakultät der RUB, Tel. 0234/32-28269, E-Mail: ls.seer@jura.ruhr-uni-bochum.de

Media Contact

Dr. Josef König idw

Weitere Informationen:

http://www.ruhr-uni-bochum.de/

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