Mindestlohn 7,50 €: 4,6 Millionen hätten Anspruch auf Lohnerhöhung

Bei Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 7,50 Euro hätten 4,6 Millionen Beschäftigte in Deutschland Anspruch auf eine Lohnerhöhung. Auf die Unternehmen kämen 10 bis 12 Milliarden Euro Zusatzkosten zu, von denen allerdings auch der Staat über Steuereinnahmen sowie 3,7 bis 4,2 Milliarden Euro Mehreinnahmen für die Sozialversicherungen profitieren würde. Zu diesen Ergebnissen kommen die Arbeitsmarktforscher Dr. Claudia Weinkopf und Thorsten Kalina vom Forschungsschwerpunkt „Flexibilität und Sicherheit“ des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen) in einer Modellrechnung auf Basis des Sozioökonomischen Panels für 2004.

Durch den Mindestlohn würden vor allem die Einkommen von Beschäftigten in den unteren Lohngruppen steigen, die meist in bescheidenen Einkommensverhältnissen leben und die Einkommenssteigerung unmittelbar in den Konsum umsetzen. „Den eventuell steigenden Preisen stünde also eine mindestens gleichhohe Steigerung der Kaufkraft entgegen“, erläutert Forschungsdirektorin Dr. Claudia Weinkopf. „Durch den Mindestlohn könnte es sich dann z.B. ein Wachmann leisten, zum Frisör zu gehen, auch wenn der Preis für den Haarschnitt leicht steigen würde.“ Und auch der Staat verdient mit – an der Mehrwertsteuer.

Nach den Berechnungen arbeiten 14,6 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland zu Stundenlöhnen unter 7,50 Euro. Von einem Mindestlohn in dieser Höhe würden überdurchschnittlich gering Qualifizierte (28,8 Prozent) profitieren, ebenso Frauen (18,3 Prozent). Ihr Anteil an allen Mindestlohnbeziehenden läge bei fast zwei Dritteln. Unter ausländischen Beschäftigten würden 17,5 Prozent den Mindestlohn bekommen, die meisten – knapp 94 Prozent – wären aber Deutsche. Die Einführung eines Mindestlohns würde sich vor allem im Dienstleistungssektor auswirken, wo fast 80 Prozent der Mindestlohn-Berechtigten arbeiten. Branchen, die besonders betroffen sind, wären Private Haushalte mit Hauspersonal (61,1%), Erbringung von sonstigen Dienstleistungen (55,2%), Gastgewerbe (51,3%), Landwirtschaft und gewerbliche Jagd (30,3%), Kraftfahrzeughandel, Reparatur und Instandhaltung von KFZ, Tankstellen (28,2%), Kultur, Sport und Unterhaltung (26,2%), Einzelhandel (25,5%) sowie Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen (23,5%).

Vor allem kleine Unternehmen wären vom Mindestlohn betroffen: In Kleinstbetrieben (unter 5 Beschäftigte) hätte jeder Dritte Anspruch auf eine Lohnerhöhung. Mit zunehmender Betriebsgröße geht dieser Anteil deutlich zurück, so dass in Großbetrieben (200 bis 2.000 Beschäftigte) nur noch jeder Zehnte bzw. in Betrieben mit mehr als 2.000 Beschäftigten jeder 13. Beschäftigte den Mindestlohn bekommen würde.

Bereits heute muss der Staat in erheblichem Umfang Niedrigstlöhne subventionieren, stellen die Arbeitsmarktforscher fest. Im September 2005 bezogen gut 900.000 Erwerbstätige ergänzende Leistungen der Grundsicherung (Hartz IV), weil ihr eigenes Einkommen nicht ausreichte, um ihren Bedarf zu decken – davon rund 280.000 Vollzeitbeschäftigte. Dr. Claudia Weinkopf: „Das zeigt, wie wichtig die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes in Deutschland ist. Denn ohne eine gesetzlich fixierte Untergrenze besteht die Gefahr, dass Unternehmen die „Ausfallbürgschaft“ des Staates zunehmend nutzen, um Löhne weiter abzusenken.“

Für weitere Fragen stehen
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Dr. Claudia Weinkopf
Durchwahl: 0209/1707-142
E-Mail: weinkopf@iatge.de
Thorsten Kalina
Durchwahl: 0209-1707-330
E-Mail: kalina@iatge.de
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