Kundenverständnis führt zum Erfolg. Beste Marktforschung ist der "persönliche Verkauf".

Joachim-Tiburtius-Preis an Dr. Pakize Schuchert-Güler, Institut für Marketing.

Marketing – das bedeutet die Befriedigung von Kundenwünschen und Kundenbedürfnissen. Demzufolge muss es eine der Zielsetzungen des Marketings sein, eben diese Kundenbedürfnisse und -wünsche zu ermitteln und schließlich mit entsprechenden Produkten zu befriedigen. Um etwas über die Wünsche der Kunden zu erfahren, können verschiedene Verfahren und Methoden der Marktforschung eingesetzt werden. Eine weitere Möglichkeit, sich den Kundenwünschen zu nähern, bietet auch der „persönliche Verkauf“ – und dies ist die naheliegendere Variante, da das persönliche Gespräch zwischen Verkäufer und Käufer eine spontane Reaktion des Verkäufers erlaubt und er somit direkt auf die Bedürfnisse des individuellen Kunden eingehen kann. Um den empirischen Beweis zu erbringen, dass eine Annäherung an das Verständnis von Kundenwünschen nur durch die Untersuchung des Informationsverhaltens der Verkäufer mög-lich ist, hat sich Dr. Pakize Schuchert-Güler diesem Thema in ihrer Dissertation angenommen. Die Arbeit „Kundenwünsche im persönlichen Verkauf – Eine empirische Analyse der Eindrucksbildung als Erfolgsfaktor“ ist am Institut für Marketing der Freien Universität Berlin unter Prof. Dr. Alfred Kuß entstanden. Für ihre Forschungsleistungen wird Frau Dr. Schuchert-Güler am 30. November 2001 der mit 3.000 DM dotierte 3. Preis der Joachim-Tiburtius-Preise verliehen.

Der Ausgangspunkt der Überlegungen bestand darin, dass sich der Verkäufer in seiner alltäglichen Praxis mit Hilfe der ihm zur Verfügung stehenden und vom Kunden zu erfragender Informationen ein Bild bzw. einen Eindruck über die Bedürfnisse und Wünsche sowie das Kaufverhalten des Kunden bilden muss, um ihm anschließend die entsprechenden Produkte zur Befriedigung dieser Wünsche anbieten zu können. Genau dieser Prozess der Eindrucksbildung über Kundenwünsche während der Verkaufsbegegnung stellt die Verknüpfung des persönlichen Verkaufs mit dem Kerngedanken des Marketing, dem Kundenwunsch, dar. Die Forschungsfragen, die sich aus diesen Überlegungen ergaben, betrafen sowohl die kognitiven Prozesse der Eindrucksbildung des Verkäufers als auch das Konstrukt des Kundenwunsches, über das ein Eindruck zu bilden war.

Eine Begründung für die besondere Betrachtung des Forschungsbereichs „persönlicher Verkauf“ ergibt sich aus der Tatsache, dass Unternehmen die von ihnen produzierten Produkte absetzen müssen. Verkaufen stellt eine Grundfunktion des Wirtschaftens dar, denn „die Unternehmung ’lebt’ vom Verkauf“. Möglichkeiten, den Stellenwert des persönlichen Verkaufs in Unternehmen zu bestimmen, bestehen in der Untersuchung der Ausgaben, die für den persönlichen Verkauf getätigt werden, und im Vergleich dieser Ausgaben mit anderen Instrumenten des Marketing. Ein weiterer Beweis für die Relevanz des persönlichen Verkaufs ist die Anzahl der in diesem Bereich beschäftigten Personen, die in der BRD laut statistischem Bundesamt 1997 ca. 7 Mio. betrug. Zum anderen wurde bislang innerhalb der Marketingforschung zum persönlichen Verkauf kaum systematische Grundlagenforschung betrieben.

Basierend auf Messmethoden aus der Sozialpsychologie und der Konsumentenforschung wurde ein innovatives Messverfahren entwickelt, mit dem die wesentlichen Schritte der Verkaufssituation auf einem Laptop simuliert werden konnten. Dabei war gewährleistet, dass die Eindrucksbildung und damit die externe Informationsaufnahme der Verkäufer beim Verstehen von Kundenwünschen mit allen relevanten Angaben (Reihenfolge, benötigte Zeit, individueller Sicherheitsgrad, Einschätzung der Kundenwünsche sowie demographische Daten) automatisch in Form von Protokollaufzeichnungen erfasst wurde.
Es besteht nicht nur in Bezug auf die Ähnlichkeit der Interaktionsteilnehmer und den Verkaufsabschluss ein signifikanter positiver Zusammenhang, sondern auch bezüglich der Ähnlichkeit der Interaktionsteilnehmer und der Eindrucksgenauigkeit hinsichtlich der Kundenwünsche. Hierzu konnte gezeigt werden, dass nicht allein die wahrgenommene Ähnlichkeit seitens des Kunden von großer Bedeutung für die Forschung ist, sondern auch die seitens der Verkäufer. Von daher ist die Untersuchung als Versuch anzusehen, den Kreis innerhalb der interaktionsorientierten Ansätze zu schließen und die Eindrucksbildung der Verkäufer als weitere Variable in den Komplex des Verkaufsprozesses zu integrieren. Ferner bestätigte die empirische Untersuchung, dass der Verkaufserfolg von der Eindrucksgenauigkeit hinsichtlich der Kundenwünsche abhängt.

Daraus ergibt sich die Relevanz kognitions-theoretischer Analysen, Trainings, Methoden etc. Weitere wesentliche Erkenntnisse bestehen darin, dass die Eindrucksbildung hinsichtlich der Kundenwünsche mit Hilfe von Theorien aus der Sozialpsychologie erklärbar ist. Der Aufbau eines inneren Bildes über den Kundenwunsch in Anlehnung an die Gestaltpsychologie erfolgt bereits bei der ersten Begegnung. Der Zusammenhang zwischen der Eindrucksgenauigkeit hinsichtlich des Kundenwunsches und Merkmalen des Verkäufers (Verkaufserfahrung bzw. Anzahl der absolvierten Trainings) wurde für bestimmte Branchen signifikant bestätigt. Erfolgreiche Verkäufer unterscheiden sich von weniger erfolgreichen hinsichtlich der für die Eindrucksbildung abgefragten Kundeninformationsarten.

Die Untersuchung des Informationsaufnahmeverhaltens bestätigte die Vermutung, dass im Verkaufsprozess von Verkäufern nicht alle zur Verfügung gestellten Informationen herangezogen werden. Dieser bisher nur innerhalb der Konsumentenforschung untersuchte Aspekt stellt gleichzeitig den Beweis dafür dar, dass für eine Analyse des persönlichen Verkaufs als Interaktion die Methoden und Erkenntnisse aus der Konsumentenforschung genutzt werden können. In den untersuchten Branchen – Versicherungs-, Bekleidungs- und Parfümeriebranche – gibt es wichtige Informationsarten, sogenannte „Schlüsselinformationen“ (z.B. bisherige Marken, Produktverwendungszweck, Beruf etc.), die bereits in frühen Stadien der Eindrucksbildung herangezogen werden. Als letztes Ergebnis konnte die schnellere Unsicherheitsreduktion von erfolgreichen Verkäufern gegenüber weniger erfolgreichen Verkäufern signifikant bestätigt werden. Insgesamt lassen die theoretischen Annahmen sowie die erzielten Untersuchungsergebnisse den Schluss zu, dass die Analyse der in einer Verkaufssituation ablaufenden kognitiven Prozesse erfolgversprechende Perspektiven für die weitere Annäherung an unterschiedliche Einflussfaktoren des Verkaufserfolgs eröffnet. Die Analyse der Eindrucksbildung hinsichtlich der Kundenwünsche stellt eine dieser Möglichkeiten dar.


Weitere Informationen – auch zum Verfahren der Analyse – erteilt Ihnen gern:
Dr. Pakize Schuchert-Güler, Institut für Marketing der Freien Universität Berlin, Garystr. 21, 14195 Berlin, Tel.: 030 / 838-54773, E-Mail: pakize@wiwiss.fu-berlin

Literatur:
Pakize Schuchert-Güler, Kundenwünsche im persönlichen Verkauf. Eine empirische Analyse der Eindrucksbildung als Erfolgsfaktor, Wiesbaden: Gabler Edition Wissenschaft, 2001, ISBN: 3-8244-7280-5, 98,00 DM

Preisverleihung:
Freitag, 30. November 2001, 15.00 Uhr, im Senatssaal der Technischen Universität Berlin (Hauptgebäude, Raum 1035), Straße des 17. Juni, 10623 Berlin

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Ilka Seer idw

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