Lachgas – nicht lustig für das Klima

Wie Treibhausgas sich in Luft auflöst: TU Clausthal und Uhde GmbH auf dem „Ideenpark 2006“


Clausthal-Zellerfeld/Dortmund/Hannover. Lachgas schädigt das Klima vielfach stärker als Kohlendioxid. Bei der Herstellung von Salpetersäure in der chemischen Industrie fallen jedes Jahr rund 400 000 Tonnen dieses ’Klimakillers’ an. Das entspricht einer Treibhausgasbelastung von etwa 120 Millionen Tonnen Kohlendioxid – einer Menge, die alle Pkw Deutschlands zusammen in einem Jahr ausstoßen. Wissenschaftler der Technischen Universität (TU) Clausthal entwickeln in Zusammenarbeit mit der Uhde GmbH, Dortmund, ein Verfahren weiter, mit dem Lachgas fast vollständig in Stickstoff und Sauerstoff, die Bestandteile von Luft, umgewandelt werden kann. Auf dem „Ideenpark 2006“ der Firma ThyssenKrupp vom 20. bis zum 28. Mai im Deutschen Pavillon des Expo-Plaza in Hannover stellen die Forscher um Professor Dr. Thomas Turek vom Institut für Chemische Verfahrenstechnik (ICVT) und Vertreter der Uhde GmbH das Verfahren einer breiten Öffentlichkeit vor.

Lachgas ist ein natürlich vorkommendes Gas der Erdatmosphäre. Obwohl es dort nur in Spuren vorkommt, trägt es insgesamt etwa fünf Prozent zum globalen Treibhauseffekt bei, da Lachgas bezogen auf seine Masse etwa 300mal stärker wirkt als Kohlendioxid. Lachgas reflektiert Wärmestrahlung, die sonst ins Weltall entweichen würde. Außerdem beschleunigt es in der Stratosphäre unter UV-Licht den Abbau von Ozon und vergrößert damit die ’Ozon-Löcher’.

In großen Mengen entsteht das klimaschädliche Gas bei der Herstellung von Salpetersäure, einem wichtigen Grundstoff der chemischen Industrie. „Eine herkömmliche, mittelgroße Salpetersäureanlage produziert in einem Jahr etwa 2000 Tonnen Lachgas“, berichtet Professor Dr. Thomas Turek vom ICVT. „Unbehandelt in die Atmosphäre abgegeben, entspricht diese Menge einer Klimaschädigung durch den jährlichen Kohlendioxidausstoß aller Pkw der Stadt Hannover.“

Klimaschutz mit umweltfreundlichen Mitteln

Das von Uhde patentierte EnviNOx(reg.)-Verfahren entfernt Lachgas und sonstige Stickoxide aus dem Abgas von Salpetersäureanlagen und wandelt diese in zwei Schritten in die unschädlichen Luftbestandteile Stickstoff, Sauerstoff und in Wasser um. Eine besondere Rolle kommt dabei einem Katalysator zu, der diese Umwandlung beschleunigt. Ein Katalysator ist ein Stoff, der die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion verändert und der nach der Reaktion in unveränderter Form vorliegt. Bei einer katalytischen Reaktion fallen außerdem oft weniger unerwünschte Nebenprodukte an, als bei einer Reaktion ohne Katalysator.

Der Katalysator des EnviNOx(reg.)-Verfahrens besteht aus einem porösen kristallinen Körper, auf den Eisen aufgebracht wird. Er ist sehr umweltfreundlich und kann nach seiner Lebensdauer von mehreren Jahren leicht entsorgt werden.

„Das Institut für Chemische Verfahrenstechnik der TU Clausthal unterstützt die Weiterentwicklung des EnviNOx(reg.)-Verfahrens von Uhde durch Laboruntersuchungen“, erläutert Turek. „Wir ermitteln die Leistungsdaten des Katalysators und können dann berechnen, wie groß ein technischer Reaktor in der Praxis sein muss, um die Stickoxide möglichst vollständig zu entfernen.“ Uhdes EnviNOx?-Technologie hat sich bereits in einer großtechnischen Salpetersäureanlage erfolgreich bewährt. Sie wird zur Zeit in vier weiteren Anlagen implementiert. Insgesamt verringert sich dadurch die Klimabelastung mit Treibhausgas in der Größenordnung von etwa 3,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr.

Uhde ist ein Unternehmen der ThyssenKrupp Technologies mit weltweit mehr als 4 300 Mitarbeitern. Schwerpunkte der Unternehmensaktivitäten sind die Planung und der Bau von Chemie- und Industrieanlagen in den Bereichen: Raffinerietechnik, Anlagen für Düngemittel, organische Zwischenprodukte, Polymere und Synthesefasern, Elektrolyse-Anlagen, Gastechnik, Anlagen zur Öl-, Kohle- und Rückstandsvergasung, Kokereitechnik und Pharma.

„IdeenPark 2006“ – Begeisterung für Technik wecken

Unter dem Motto „Technik entdecken – Zukunft gestalten“ präsentiert der „IdeenPark 2006“ von ThyssenKrupp gemeinsam mit dem Land Niedersachsen und über 50 Partnern neun Tage lang auf 30 000 Quadratmetern „Technik zum Anfassen und Begreifen“. Auf der Ausstellung werden etwa 100 Exponate und Experimente zu sehen sein. Die TU Clausthal und das Clausthaler Umwelttechnik Institut (CUTEC) beteiligen sich mit fünf Exponaten und einem Vortrag am IdeenPark, der in diesem Jahr zum zweiten Mal stattfindet.

Kontakt:
Christian Perbandt
Institut für Chemische Verfahrenstechnik
TU Clausthal
Leibnizstr. 17
38678 Clausthal-Zellerfeld
Tel.: 05323 – 72 2551
E-mail: perbandt@icvt.tu-clausthal.de

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Andreas Moseke idw

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