Einsatz von Beiteiligungskapital gewinnt in schlechtem Börsenumfeld weiter an Bedeutung

Volkswirtschaftliche Relevanz der mit Risikokapital finanzierten Unternehmen nimmt weiter zu: überdurchschnittliche Entwicklung von Umsatz, Beschäftigung und Exporttätigkeit

Beteiligungskapital (Venture Capital) trägt trotz oder gerade wegen des derzeit ungünstigen Börsenumfeldes entscheidend zur Entwicklung innovativer Unternehmenskonzepte bei. Unternehmen, die sich mit Beteiligungskapital finanzieren, sind im Vergleich zur Gesamtheit aller Unternehmen überdurchschnittlich gewachsen: sowohl Umsatz- und Beschäftigungsentwicklung, Eigenkapitalquote als auch Exporttätigkeit sind stärker als bei den übrigen Unternehmen. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie Venture Capital – Wachstumsmarkt der Zukunft, die PricewaterhouseCoopers in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) erstellt hat. Als Förderer junger Unternehmen und wichtiger Ratgeber für Beteiligungen haben Risikokapitalgeber eine bedeutende Rolle als Finanzier und Mittler zwischen Kapitalmarkt und Investoren eingenommen. PricewaterhouseCoopers und der BVK haben zu Beginn des Jahres 2001 die volkswirtschaftliche Bedeutung von Risikokapital in Deutschland untersucht. Befragt wurden dazu 246 Unternehmen, sowohl Kapitalgeber als auch Kapitalnehmer. Die Erhebung wurde mit volkswirtschaftlichen Daten sowie den Ergebnissen der Befragung Venture Capital – Der Einfluss von Beteiligungskapital auf die Portfoliounternehmen und die deutsche Wirtschaft von Coopers & Lybrand aus dem Jahr 1998 in Beziehung gesetzt.

Beteiligungsvolumen verdoppelt sich in letzten beiden Jahren

Im Vergleich zu 1998 hat sich das Beteiligungsvolumen der BVK-Mitgliedsunternehmen mit 20,9 Milliarden Mark von ehemals 9,9 Milliarden Mark mehr als verdoppelt. Entsprechend professioneller ist der Markt geworden. „Die Venture-Capital-Branche hat sich durch den Boom in den Jahren 1999 und 2000 zu einem wichtigen Industriezweig entwickelt“, so Theo Weber, Venture-Capital-Experte bei PricewaterhouseCoopers. „Einzelne Anbieter haben sich beispielsweise auf unterschiedliche Technologieschwerpunkte oder auch auf einzelne Regionen spezialisiert. Auch die Management-Teams der Risikokapitalgeber haben sich weiter qualifiziert. Es liegt nun ganz wesentlich an den volkswirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen, diese Entwicklung weiter zu unterstützen und nicht zu blockieren“, führt Weber weiter aus. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der vorgesehenen Änderungen der steuerlichen Rahmenbedingungen.

Wachstumsraten im Venture-Capital-Markt stagnieren

Das Geld für die Beteiligungen ist trotz der Schwierigkeiten, in die auch die Venture-Capital-Industrie geraten ist, weiterhin vorhanden. Jedoch stagnieren die Wachstumsraten im Beteiligungsmarkt auf globaler Ebene. In Europa und den USA ist die Anzahl der Neuinvestitionen seit über einem Jahr rückläufig. Große Fonds suchen unverändert gute Investitionsmöglichkeiten. Einige Unternehmen haben jedoch bereits Rückzugspläne angedeutet. Der Rückgang der Investitionen entspricht der Entwicklung an den Technologiemärkten. „Zunächst war der Neue Markt ein bedeutender Katalysator für das Venture-Capital-Geschäft. Durch Börsengänge konnten die Kapitalgeber hohe Renditen erzielen. Seit einigen Monaten ist dieser Kanal jedoch verschlossen und der Ausstieg erfolgt vermehrt über den Verkauf von Unternehmensanteilen. Der Venture-Capital-Markt befindet sich jedoch in einer Konsolidierungsphase auf hohem Niveau“, beurteilt Theo Weber die aktuelle Situation.

Kapitalgeber zweifeln an Rückführung der Investitionen

Die Frage nach der Rückführung des investierten Geldes schätzen mit Beteiligungskapital finanzierte Unternehmen und deren Kapitalgeber sehr unterschiedlich ein. Während 40,2 Prozent der Unternehmen einen Börsengang für realistisch halten, sind nur 6,3 Prozent der Risikokapital-Gesellschaften gleicher Meinung. Die BVK-Statistik unterstreicht die Diskrepanz zwischen erwarteten Ausstiegsszenarien und der Realität. Während 39,1 Prozent der mit Risikokapital finanzierten Unternehmen einen Börsengang als Ausstieg erwarteten, konnten nur 13,3 Prozent den Gang an die Börse realisieren. Tatsächlich mussten rund 24 Prozent die Beteiligungen in den Portfolios abschreiben, so die BVK-Statistik.

Risikokapital wichtige volkswirtschaftliche Komponente

Im Vergleich zur Gesamtheit aller Unternehmen ist der Umsatz von risikokapitalfinanzierten Unternehmen von 1997 bis 1999 deutlich um 45,1 Prozent gestiegen. Die Umsätze aller Unternehmen wuchsen im gleichen Zeitraum um nur 11,2 Prozent. Daraus lässt sich ableiten, dass die mit Beteiligungskapital finanzierten Unternehmen überdurchschnittlich zum Wachstum der deutschen Volkswirtschaft beitrugen. Auch die Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze ist von 1997 bis 1999 bei den risikokapitalfinanzierten Firmen deutlich stärker gestiegen als bei der Gesamtheit aller Unternehmen. So wuchs die Mitarbeiterzahl um 14,5 Prozent, während die Anzahl der Erwerbstätigen in allen Unternehmen um nur 1,5 Prozent anstieg. Darüber hinaus liegt die durchschnittliche Exportquote der kapitalgeberfinanzierten Unternehmen von 1997 bis 1999 erheblich über dem Exportanteil der Gesamtheit der Unternehmen. Sie beträgt im Jahr 1999 30,2 Prozent gegenüber 12,9 Prozent bei allen Unternehmen. Dies beweist, dass sich Venture Capital in den letzten Jahren positiv auf das volkswirtschaftliche Ziel des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts ausgewirkt hat. In Ergänzung zu den quantitativen Daten gaben 75 Prozent der befragten beteiligungskapitalfinanzierten Unternehmen an, dass sie sich ohne Risikokapital-Finanzierung langsamer entwickelt hätten.

Mittler zwischen Kapitalmarkt und Investoren

Als Finanzintermediäre zeichnen sich Risikokapitalgeber durch folgende Funktionen aus: Expertise bei der Auswahl der zu finanzierenden Unternehmen, Übernahme des Risikos sowie Bündelung und Umverteilung von Investitionsbeträgen. Zudem stärken sie die Wettbewerbsfähigkeit durch die Beratung des Managements in unternehmerischen Fragen. In der Befragung gaben 59 Prozent der finanzierten Unternehmen an, sehr zufrieden mit ihren Kapitalgebern zu sein. Weitere 39 Prozent sind zumindest zufrieden. Knapp drei Viertel der Befragten nehmen ihre Venture-Capital-Unternehmen als kompetente Diskussionspartner sowie als Ratgeber bei beteiligungsrelevanten Themen in Anspruch. Sie wählen den Finanzier deshalb in erster Linie anhand der Kriterien Vertrauen (67,35 Prozent), Entscheidungsgeschwindigkeit (42,86 Prozent) und Reputation (37,55 Prozent) aus. Größtenteils erfolgt die Kontaktaufnahme zu den Kapitalgebern direkt (35,1 Prozent) und über Mittler wie Berater und Banken (29,1 Prozent). „Die Venture-Capital-Unternehmen tragen wesentlich dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Beteiligungen zu steigern“, so Theo Weber. „Dies geschieht nicht nur durch die Übernahme des wirtschaftlichen Risikos sondern auch durch die Erfahrung, die Beteiligungsgesellschaften in unternehmerischen Fragen einbringen.“

Die Studie Venture Capital – Wachstumsmarkt der Zukunft können Sie kostenlos im Internet herunterladen unter: www.pwcglobal.com/de

Für die Redaktion: Die Gruppe PwC Deutsche Revision ist in Deutschland mit einem Umsatz von rund 2,4 Milliarden Mark eines der marktführenden integrierten Dienstleistungsunternehmen im Bereich Prüfung und Beratung. Rund 11.000 Mitarbeiter arbeiten an über 40 Standorten in Deutschland für nationale und internationale Mandanten jeder Größe. Die breite Palette der Dienstleistungen umfasst die Wirtschaftsprüfung, die Steuerberatung, die Unternehmens- und Corporate Finance- sowie die personalwirtschaftliche Beratung. Die PricewaterhouseCoopers Corporate Finance, eine Gesellschaft der Gruppe PwC Deutsche Revision, berät bei Unternehmensübernahmen und -veräußerungen sowie bei finanzwirtschaftlichen Umstrukturierungen. Von weltweit mehr als 5.400 Corporate-Finance-Beratern des Verbunds arbeiten rund 700 in Deutschland an nationalen und internationalen Projekten.

Hintergrundinformationen zur Studie: Venture Capital – Wachstumsmarkt der Zukunft

  • In Zusammenarbeit mit dem Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e.V. (BVK) untersuchte die PricewaterhouseCoopers Corporate Finance-Beratung Anfang 2001 die volkswirtschaftliche Bedeutung von Beteiligungskapital in der Bundesrepublik Deutschland. Die Studie baut auf einer Befragung im Jahr 1998 auf.
  • Befragt wurden Mitglieder des BVK sowie deren Beteiligungsunternehmen, womit eine gegenseitige Beurteilung von Kapitalgebern und Kapitalnehmern möglich wurde.
  • Um die Ergebnisse der aktuellen Befragung vergleichbar zu machen, wurde die Struktur der 1998 verwendeten Fragebögen weitestgehend übernommen. Die Befragungsergebnisse 2000 sind repräsentativ für alle BVK-Mitglieder.

Die Ergebnisse

  • Der Markt für Risikofinanzierungen hat sich gewandelt: war es in der Vergangenheit für innovative Existenzgründer schwierig, an finanzielle Mittel zu kommen, sehen die Venture Capital (VC)-Firmen jetzt einen Engpass in guten Investitionen.
  • Auf globaler Ebene und in Deutschland stagnieren die Wachstumsraten im VC-Geschäft. In Europa und den USA ist die Anzahl der Neuinvestitionen seit über einem Jahr rückläufig.
  • Die Untersuchung der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Beteiligungskapitals erfolgte nach makroökonomischen und mikroökonomischen Gesichtspunkten.

Makroökonomische Anzeichen

  • Wachstum der Volkswirtschaft: Ein Vergleich der durchschnittlichen Umsatzentwicklung der VC-finanzierten Unternehmen (45,1 Prozent) mit der durchschnittlichen Umsatzentwicklung aller Unternehmen (11,2 Prozent) zeigt, dass diese deutlich stärker gewachsen sind. Entsprechend tragen sie überdurchschnittlich zum Wachstum der deutschen Volkswirtschaft bei. Die befragten VC-finanzierten Unternehmen beurteilen das Beteiligungskapital als entscheidend für die Entwicklung ihres Unternehmens: 75 Prozent der Befragten bestätigen, ohne VC-Kapital hätte sich das Unternehmen langsamer entwickelt. 13 Prozent gehen davon aus, dass ihr Unternehmen ohne Beteiligungskapital nicht mehr bestehen würde.
  • Die Eigenkapitalquote ist bei VC-finanzierten Unternehmen signifikant höher als bei den in der Bundesbankstatistik erfassten Unternehmen (1999: 29,7 Prozent im Vergleich zu 18,9 Prozent).
  • Vollbeschäftigung: Im Vergleich der Mitarbeiterentwicklung VC-finanzierter Unternehmen (1999: 14,5 Prozent) mit der durchschnittlichen Entwicklung der Erwerbstätigen (1999: 1,5 Prozent) wird deutlich, dass diese Unternehmen ein höheres Wachstum an neu geschaffenen Arbeitsplätzen aufweisen. Dies bestätigten 70 Prozent der befragten Unternehmen.
  • Exportaktivitäten: Die durchschnittliche Exportquote der befragten VC-finanzierten Unternehmen liegt mit 30,2 Prozent im Jahr 1999 über der Quote der Vergleichsunternehmen (12,9 Prozent). Entsprechend sind 44 Prozent der Befragten überzeugt, dass das in ihr Unternehmen investierte Beteiligungskapital zu der erhöhten Exporttätigkeit geführt hat.

Mikroökonomische Hinweise

  • Risikokapitalgeber treten als Finanzintermediäre auf. Sie gleichen Marktineffizienzen aus und tragen durch Expertise bei der Auswahl der zu finanzierenden Unternehmen, Übernahme des Risikos und Bündelung und Umverteilung von Investitionsbeträgen zum Abbau von Informationslücken bei.
  • 59 Prozent der befragten Unternehmen sind mit ihrem VC-Unternehmen sehr zufrieden, 39 Prozent sind zufrieden.
  • 67,5 Prozent der Befragten schätzen ihren Beteiligungskapitalgeber als besser oder gleich gut im Vergleich zu privaten Investoren ein, im Verhältnis zu industriellen Investoren sind dies 58 Prozent.
  • Ein Großteil der befragten Unternehmen nimmt ihre VC-Gesellschaft als Ratgeber für unternehmerische Fragestellungen auch abseits der reinen Beteiligung in Anspruch:
    • Kompetenter Diskussionspartner 74,6 Prozent
    • Finanzberatung 56,1 Prozent
    • Kontaktvermittlung 45,6 Prozent
  • Die meisten befragten Unternehmen geben Vertrauen (67,4 Prozent), Entscheidungsgeschwindigkeit (42,9 Prozent ) und Reputation (37,6 Prozent) als Kriterium für die Auswahl von VC-Investoren an.
  • Der Markt der Unternehmensbeteiligungen ist von persönlichen Beziehungen geprägt: 35,1 Prozent der Abschlüsse beruhen auf direkten Kontakten. Kontakte werden ebenfalls häufig über Berater und Banken hergestellt (29,1 Prozent), das Internet spielt eine untergeordnete Rolle (1,9 Prozent).
  • Differenzen ergeben sich bei der Einschätzung der Kapitalrückführung: 40,2 Prozent der Unternehmen erwarten einen erfolgreichen Börsengang, während dies nur 6,3 Prozent der Kapitalgeber für realistisch halten. In den häufigsten Fällen erfolgte das Disvestment über eine Abschreibung (23,7 Prozent).

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Dr. Theo Weber ots

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