Leitungsstrukturen in der Wirtschaft – ein Vorbild für Universitäten ?

Verschiedene Beispiele aus der Wirtschaft machen deutlich, daß das Management von Universitäten anderen Regel folgen muß als die Leitung privatwirtschaftlicher Unternehmen. Derartige Fehlsteuerungen, wie sie gerade in der jüngsten Zeit in der deutschen Industrie zu beobachten sind, wären für Universitäten, die ohnehin unter extremer Unterfinanzierung leiden, katastrophal. Darauf machten heute die Kanzlerinnen und Kanzler der nordrhein-westfälischen Universitäten auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf aufmerksam.

Zwar sind Universitäten heute zumeist auch Großbetriebe mit mehreren Tausend Beschäftigten, weshalb moderne Steuerungsinstrumente wie Kosten- und Leistungsrechnung, Budgetierung und Controlling auch im Hochschulbereich zunehmend an Bedeutung gewinnen. Allerdings folgt die Produktion von Wissen anderen Regeln als die Produktion von Gütern. Daher verbietet sich – so die nordrhein-westfälischen Kanzler – in großen Teilen eine Kopie privatwirtschaftlicher Strukturen und Leitungsmodelle im Hochschulbereich. Um jedoch das Hochschulmanagement zu verbessern, plädieren die nordrhein-westfälischen Kanzler dafür, in den Universitäten Risiken und Verantwortung klar zuzuordnen und die Trennung von Leitung, Beratung und Aufsicht auf zentraler wie auch auf dezentraler Ebene deutlich zu regeln. Auf zentraler Ebene empfehlen sie neben der Leitung der Universität durch das Rektorat, dem Senat eine beratende Funktion gegenüber dem Rektorat zuzumessen.

Aufsicht über das Rektorat und die Wahl bzw. Abwahl der Rektoratsmitglieder sollte durch einen Hochschulrat, den das derzeitige nordrhein-westfälische Hochschulrecht nicht kennt, wahrgenommen werden. In einem solchen Hochschulrat sollten Mitglieder aus der Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Gruppen sowie Mitglieder der Hochschule vertreten sein. Die bisherige kollegiale Hochschulleitung sollte professionalisiert und stärker in Richtung einer ressortorientierten Binnenverteilung der Verantwortungsbereiche weiterentwickelt werden. Als Mitglieder in der Leitung gefragt sind Personen, die den gestiegenen Anforderungen und Qualifikationen gerecht werden und Veränderungsprozesse professionell begleiten können. Zugleich sollte ein Teil der Mitglieder des Rektorates eine hohe wissenschaftliche Reputation vorweisen. Derartige qualifizierte Persönlichkeiten können – so die nordrhein-westfälischen Kanzler – glaubhaft Standards setzen und vorbildhaft in die Hochschule hineinwirken. Gerade in der Forschung ausgewiesene Wissenschaftler haben – so die Kanzler – in der Vergangenheit in Hochschulleitungen der Universität oft entscheidende Impulse geben können.

Das in der hochspezialisierten Expertenorganisation Universität in höchstem Maße vorhandene Wissen und wissenschaftliche know-how der dort tätigen Menschen muß mehr genutzt und gezielter eingesetzt werden, um die Universität nach vorne zu bringen. Das von den Kanzlern vorgestellte kollegiale Leitungsmodell trägt dem wesentlich mehr Rechnung als eine Konzentrierung der Leitung auf zentralistische Strukturen, die viele universitätseigene Ressourcen ungenutzt läßt.

Zugleich weisen die nordrhein-westfälischen Kanzler darauf hin, daß die Fragen der Hochschulstruktur und des Hochschulmanagements durch die katastrophale Unterfinanzierung der Universitäten sowie durch bürokratische Einengungen nach wie vor überlagert werden. So wird auf politischem Wege die Bereitstellung der 1,9 Milliarden Euro, die im Rahmen der „Exzellenz-Initiative“ den Universitäten zugute kommen sollten, verhindert. Diese Auseinandersetzung um Zuständigkeitsfragen und Machtpolitik wird auf dem Rücken der Hochschulen ausgetragen. Sehr abträglich für ein effizientes Hochschulmanagement ist nach Auffassung der nordrhein-westfälischen Kanzler ferner die hohe Anzahl von Verordnungen,Richtlinien und Detailregelungen, die trotz erster Ansätze zu mehr Eigenverantwortung noch nicht entscheidend zurückgeht.

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Gabriele Rutzen idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-koeln.de

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