Was bringen IAS/IFRS und Solvency II?

Pressebericht zur 5. Handelsblatt Jahrestagung Assekuranz im Aufbruch 24. und 25. Februar 2005; München


350 Teilnehmer diskutierten auf der 5. Handelsblatt-Jahrestagung „Assekuranz im Aufbruch“ die Zukunft der Versicherungsbranche in Zeiten neuer Solvabilitäts- und Rechnungslegungsvorschriften.

Auf dem etablierten Branchentreff der Versicherungswirtschaft sprach Dr. Bernhard Schareck (Karlsruher Versicherungen; Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft) über die Herausforderungen und Perspektiven in einem „neuen“ Marktumfeld. Der Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft will Solvency II zur Chefsache erklären. Darüber hinaus ging er auch auf die geänderte Situation durch die EU-Vermittlerrichtlinie ein. Beratungsdokumentation und Informationspflicht erfordere Mitarbeiter mit umfassenden Kenntnissen der Angebotspalette von der Riester-Rente bis zur betrieblichen Altersvorsorge. Hier müsse sich die Versicherungsbranche auf eine konsequente Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter konzentrieren.

Dr. Nikolaus von Bomhard (Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft) stellte die Kernaufgaben der nächsten Jahre aus der Sicht des Rückversicherers vor. Eine der wichtigsten Aufgaben sei laut von Bomhard das Risikomanagement: „Die Risiken in den Griff zu bekommen ist der Schlüssel zur Profitabilität“. Das Fundament hierfür sei das Kapitalmodell beziehungsweise Solvency II. „Die Anforderungen durch Solvency II müssen wettbewerbsgerecht sein und es muss ein fairen Wettbewerb zwischen Banken und Versicherungen ermöglicht werden“, forderte der Vorsitzende des Vorstandes. „Ich bin mir sicher, dass sich hinsichtlich des Kapitalmodells im Laufe der Zeit Standards herausbilden werden“, so von Bomhard weiter. Die neuen Rechnungslegungsstandards hinsichtlich IAS und IFRS würden in absehbarer Zeit alle Unternehmen betreffen. Also sei es entscheidend, sich auf Standards zu einigen, welche die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Versicherungsunternehmen nicht einschränke. Weiter ging von Bomhard auf die Auswirkungen des demografischen Wandels ein. Pricingstrategien müssten sich auch an gesellschaftlichen Veränderungen orientieren: „Ein im Jahr 2004 geborener Junge wird aus statistischer Sicht 98 und ein Mädchen 102 Jahre alt. Dies bedeutet, dass ein Umdenken hinsichtlich der Produkt- und Pricingstrategien stattfinden muss.“ Darüber hinaus, zeichneten sich Schadenstrends wie beispielsweise die Zunahme von Naturkatastrophen ab. Viele Risiken würden von den Versicherern entweder nicht als solche erkannt oder aber als unabwendbar angesehen. Eine enge Zusammenarbeit mit der Wissenschaft eröffne daher zukünftig deutliche Wettbewerbsvorteile.

Dr. Erhard Michael Völter (SV Sparkassen-Versicherung) stellte die Marktentwicklung aus der Sicht der SV Sparkassen-Versicherung Baden-Württemberg vor. Eine rasche Reaktion auf geänderte Markt- und Kundenanforderungen wie beispielsweise durch die Riester-Rente oder das Alterseinkünftegesetz seien unerlässlich für die Kundenbindung der Zukunft. Hierfür sei auch eine standardisierte IT-Software sowie die kontinuierliche Aus- und Weiterbildung der Sparkassen-Mitarbeiter Voraussetzung. Den klaren Wettbewerbsvorteil sieht Völter in der Kundennähe, der Dezentralität, der Integration von Bank und Versicherung sowie dem Multichannel-Zugang für Kunden. Gerade der Multichannel-Zugang sowie die Produktvielfalt erhöhten die Attraktivität der Allfinanz.

Über die Anforderungen an die Unternehmenssteuerung eines deutschen Versicherers in einem internationalen Finanzkonzerns sprach Dr. Frank Keuper (DBV-Winterthur). Keuper beendete auf der Handelsblatt-Jahrestagung auch die Spekulationen über einen möglichen Verkauf des Versicherers.

Björn Jansli (Gerling-Konzern Versicherungs-Beteiligungs-AG) referierte über die Kernkompetenzen eines Versicherers im Wandel. Jansli hält die heutigen Solvabilitätsvorschriften für nicht adäquat. Unter anderem sei eine Bewertung eines Unternehmens, welches ausschließlich auf Basis des Eigenkapitals vorgenommen würde, unzulänglich. Risiken wie Kapitalanlagen würden ebenso wie die einzelnen Risiken innerhalb eines Unternehmens vernachlässigt: „Verschiedene Risiken müssen unterschiedlich bewertet werden“, so der Arbeitsdirektor. Jansli begrüßt daher Solvency II, macht aber deutlich, dass die Entwicklung unter anderem von Standards, noch andauere. Das Ende einer stufenweisen Einführung von Solvency II erwartet er frühestens im Jahre 2010. Vorteile der neuen Solvabilitätsvorschriften sieht Jansli unter anderem in einem detaillierteren Unternehmensbild, welches sich aus individueller Kalkulation und der Berechnung des Mindestkapitals auf Basis eines Referenzmodells unter Einbeziehung sämtlicher weiterer Risiken ergäbe. Er halte dies hinsichtlich der zukünftigen Veröffentlichungspflicht für einen klaren Wettbewerbsvorteil. Der Vorsitzende des Vorstands erwartet auch eine fortschreitende Konsolidierung des Marktes, durch das Ausscheiden von Anbietern und die Rückbesinnung auf die Kernkompetenzen, ausgelöst durch Solvency II. Darüber hinaus seien die großen Industrieversicherer Gewinner der Veränderung. Die steigende Finanzbasis der verbliebenen Marktteilnehmer sowie die wachsende Kapazität seien die Gründe hierfür. Erforderlich sei aber auch ein konsequentes Management des Preiszyklus. Hier forderte Jansli eine deutlich bessere Flexibilität und dadurch eine optimale Aussteuerung des erforderlichen Return on Risk Based Capital. Abschließend stellte Jansli ein integriertes Steuerungs- und Risiko-Management-System vor, dessen Basis unter anderem die Entwicklung von standardisierter IT-Software sei. Doch „trotz aller Computerberechnungen muss vor allem der gesunde Menschenverstand berücksichtigt werden. Wir benötigen daher auch Instrumentarien zu Plausibilitätskontrolle durch den Menschen.“

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Jacqueline Jagusch EUROFORUM

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