Aktuelle Branchendaten zur Zahlungsmoral

Ob Handwerker, Dienstleister oder Großhändler – jeder Unternehmer kennt das Problem: Offene Rechnungen sind zunächst ein Ärgernis, können aber im schlimmsten Falle zur eigenen Illiquidität führen; betroffen sind vor allem mittelständische Firmen. Zahlungsverzug ist daher alles andere als ein Kavaliersdelikt: Experten schätzen den volkswirtschaftlichen Gesamtschaden durch säumige Schuldner in Deutschland auf rund 50 Milliarden Euro. Nur zwei von drei deutschen Firmen zahlten im 3. Quartal 2004 ihre Rechnungen vereinbarungsgemäß – so das Ergebnis einer aktuellen Analyse von D&B zur bundesweit schwachen Zahlungsmoral.

Seit 1979 hat D&B gemeinsam mit Tausenden europäischer Unternehmen über 20 Milliarden Rechnungsinformationen gesammelt – und stellt hierzulande nach 25 Jahren Erfahrung den größten Datenpool an Zahlungserfahrungen. Die jüngsten Erkenntnisse zum Zahlungsverzug in der deutschen Wirtschaft beruhen auf rund 330 Millionen Rechnungen, die in Deutschland jährlich bei D&B analysiert werden. Diese Daten bilden – umgerechnet auf Monate – die Basis für die Berechnung des Zahlungsindexes (Paydex) der einzelnen Wirtschaftszweige. In vier Kategorien aufgeteilt, trennen sich in den Analysen die Zahlungssünder von vorbildlichen Zahlern: Rechnungen werden gemäß der Auswertung von D&B entweder vereinbarungsgemäß, langsam, schleppend oder mit ernsten Beanstandungen beglichen. Die Ergebnisse spiegeln dabei die angespannte Lage der Gesamtkonjunktur wider. Vereinbarungsgemäß, das heißt pünktlich innerhalb des Zahlungsziels, beglichen lediglich 67,4 Prozent aller Unternehmen ihre Rechnungen. Betrachtet über den Jahresverlauf (von Oktober 2003 bis September 2004) ergeben sich dabei nur geringfügige Schwankungen. Der Trend zeigt jedoch ein leichtes Absinken der Bezahlmoral vom 4. Quartal 2003 bis zum 2. Quartal 2004; im Anschluss daran wurde im 3. Quartal 2004 dieser Abwärtstrend ein wenig gebremst (vgl. Grafik 1).

Langsame Zahler lassen sich bis 45 Tage Zeit, bis sie ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen – in Deutschland immerhin beinahe ein Viertel aller Unternehmen im 3. Quartal 2004. Über das Jahr verteilt zeigt sich in dieser Kategorie ein Anstieg bis Juni 2004 – vom 4. Quartal 2003 (23,6 Prozent) bis zum 2. Quartal 2004 mit 24,4 Prozent – der dann leicht abflaut (3. Quartal 2004: 24,2 Prozent). Als „schleppend“ wird ein Zahlungsverhalten angesehen, welches das vorgegebene Zahlungsziel um bis zu 105 Tage überschreitet – auch in dieser Kategorie finden sich nur geringfügige Schwankungen im Bereich um vier Prozent, die zum 3. Quartal 2004 hin leicht abfallen: 4,1 Prozent aller deutschen Unternehmen fallen in diese Kategorie. Besonders alarmierend sind jedoch die 4,4 Prozent der Unternehmen, deren Zahlungsmoral ernsthaft zu beanstanden ist. 105 Tage oder später werden dort fällige Rechnungen beglichen – einbezogen sind an dieser Stelle auch Insolvenzverfahren, Mahnbescheide und eidesstattliche Versicherungen.

Immer noch sind Veränderungen der Zahlungsmoral ein ernstzunehmender Indikator für mögliche finanzielle Schwierigkeiten in bestimmten Branchen – wobei eine genaue Aufschlüsselung der Daten gravierende Unterschiede offenbart: Traurige Spitzenreiter sind hier das Baugewerbe (57 Prozent) sowie der Sektor Transport und Verkehr (59 Prozent), die beide um bis zu zehn Prozentpunkte unter dem Durchschnittswert der vereinbarungsgemäßen Zahlung (67 Prozent) liegen. Die Gründe sind vielfältig: Das Baugewerbe steckt bereits seit Jahren in einer Konjunkturkrise. In der Transportbranche dürften unter anderem hohe Rohöl- und Benzinpreise, die Ökosteuer und ein generell hoher Preisdruck dazu führen, dass Unternehmen die Zahlung von Rechnungen aufschieben, um so Lieferantenkredite in Anspruch zu nehmen, die im Gegensatz zu anderen Finanzierungsmöglichkeiten kostenlos sind. Einzelhandel (72 Prozent) und Bergbau (71 Prozent) dagegen begleichen ihre Rechnungen relativ pünktlich und überbieten den Durchschnittswert um fünf beziehungsweise vier Prozent. Auch beim Vergleich der Zahlungssünder finden sich gravierende Unterschiede zwischen den einzelnen Wirtschaftsbereichen: Während Bergbau und Dienstleistungssektor in nur zwei beziehungsweise drei Prozent Anlass zu ernsten Beanstandungen gaben, waren dies im Baugewerbe und Handwerk sieben beziehungsweise sechs Prozent (vgl. Grafik 2).

Die leichte Konsolidierung im gesamtwirtschaftlichen Zahlungsverhalten für das 3. Quartal 2004 ist im Zusammenhang mit dem momentanen Rückgang der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland zu sehen. Im Juli 2004 belief sich die Anzahl auf 3.409 von den Gerichten gemeldete Fälle; das sind 4,9 Prozent weniger als im Sommer des vorigen Jahres. Dennoch verzeichnet D&B seit einigen Jahren eine stetige Verschlechterung der Zahlungsmoral: Aus einigen „Ausrutschern“ ist längst ein strategisches Mittel der Finanzabteilungen geworden. Zusätzlich hat die konjunkturelle Talfahrt der letzten beiden Jahre erheblich dazu beigetragen, dass mehr und mehr Unternehmen über das Zahlungsziel hinausschießen. Im Jahr 2000 beispielsweise lag der Prozentsatz der pünktlichen Zahler in der Gesamtwirtschaft noch deutlich höher: 72 Prozent beglichen ihre Rechnungen „wie vereinbart“.

Über D&B

D&B ist weltweit führender Anbieter von B2B-Wirtschaftsinformationen, Analysetools und bonitätsgeprüften Adressen rund um die Bereiche Kredit-, Marketing-, und Einkaufs-Management. Firmen jeder Größenordnung und aus allen Branchen rund um den Globus nutzen das Angebot von D&B zur Einschätzung möglicher Geschäfte und zur Abwicklung entsprechender Geschäftsprozesse. Durch Integration der in Echtzeit verfügbaren D&B Daten in Geschäftssysteme und -abläufe können die Unternehmen ihren Kunden- und Lieferantenstamm besser verwalten und eine direkte, nahtlose Verbindung zwischen Back- und Front-Office-Operationen herstellen. Zum Kundenstamm des seit 160 Jahren bestehenden Unternehmens zählen mehr als 90 Prozent der Business Week Global 1000.

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Susanne Hagemann D&B

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