Unternehmen reagieren zu langsam auf Krisen

Österreichische Unternehmen lassen im Schnitt 14 Monate verstreichen, bis sie auf Krisensituationen reagieren. Die Spitzenreiter unter ihnen leiten Gegenmaßnahmen bereits nach drei Monaten ein, die Schlusslichter brauchen dazu bis zu 22 Monate. Effektivste Sanierungshebel sind Personalabbau und Umsatzsteigerung. Zu diesen Resultaten kommt die aktuelle Studie von Roland Berger Strategy Consultants, die jetzt unter dem Titel „Restrukturierung in Österreich“ veröffentlicht wurde. Bedingt durch die derzeitige Preisentwicklung sehen 80 Prozent der befragten Unternehmen weitere Restrukturierungsmaßnahmen als notwendig an.

„Alle befragten Unternehmen befürchten weitere Preisrückgänge. Der Blick des Managements muss aber auch für die kommende Kreditverknappung durch Basel II geschärft werden“, fordert Mag. Rupert Petry, Mitglied der Geschäftsleitung und zuständig für Restrukturierung und Corporate Finance bei Roland Berger Strategy Consultants. Erwünschte Sanierungsziele sind Kostenreduktion bei gleichzeitiger Umsatzsteigerung und Kapitalrestrukturierung. „Reines Cost-Cutting ist out“, so DI Alexander Kainer, Autor der Studie und Berater bei Roland Berger. Bei den befragten Unternehmen wurden rund 20 Prozent der Ergebnissteigerung aus Umsatzmaßnahmen lukriert. Eine Veränderung der Kapitalstruktur zeigte bei über 35 Prozent der Unternehmen Wirkung.

Reaktion „fünf vor Zwölf“ zu riskant

Krisen laufen üblicherweise in der Reihenfolge Strategische Krise, Ergebniskrise und Liquiditätskrise ab. Hauptkritikpunkt der Berater: 67 Prozent der Unternehmen handeln erst bei Erkennen der Ergebniskrise und benötigen dann noch, wie erwähnt, 14 Monate bis zum Start der Restrukturierung. Lediglich ein Drittel der Unternehmen erkennt strategische Probleme wie überzogene Wachstumserwartungen, falsche Marktausrichtung und Produktstrategien und reagiert bereits darauf. „Der Spielraum wird bei zunehmendem Handlungsbedarf immer kleiner, die Wahrscheinlichkeit einer Liquiditätskrise nimmt zu“, warnt Kainer. Mit sechs Monaten Reaktionszeit antwortet die Gruppe der mittelständischen Unternehmen (Umsatzgröße zwischen 100 und 500 Mio. Euro) durchschnittlich am schnellsten auf das Erkennen einer Krise. Großunternehmen mit einem Umsatzvolumen von mehr als 1.000 Mio. Euro benötigen dazu elf Monate. Bei Unternehmen mit weniger als 100 Mio. Euro Umsatz verstreichen sogar an die 22 Monate zwischen Krisenerkennung und dem Start entsprechender Restrukturierungsmaßnahmen.

Raschere Umsetzung erhöht Erfolg

Je rascher es zu Restrukturierungsprojekten kommt, desto höher ist die Zufriedenheit mit dem Projekterfolg: Lag die Reaktionszeit unter einem Jahr, so zeigten sich über 35 Prozent der befragten Topmanager mit den Maßnahmen „sehr zufrieden“. Bei jenen, die länger als zwölf Monate warteten, stagnierte die Zufriedenheitsquote bei 25 Prozent. Auch die Zusammenarbeit mit erfahrenen Restrukturierungsberatern steigert den Output: Projekte mit Beraterunterstützung wiesen eine um bis zu 50 Prozent höhere Erfolgsquote auf.

Weitere Restrukturierungen erwartet

„Die Zahl der Sanierungsfälle in Österreich ist zwar zurückgegangen, nichtsdestotrotz gibt es weiterhin hohen Restrukturierungsbedarf“, erklärt Petry. „Alle interviewten Unternehmen befürchten weitere Preisrückgänge. Solche Preisrückgänge drücken enorm auf den Gewinn, besonders fixkostenintensive Industrien spüren das. Daher erwarten 80 Prozent der Unternehmen weitere Restrukturierungsmaßnahmen“.

Personalabbau – Enge Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat

Effektivster Hebel für die Ergebnisverbesserung ist der Personalabbau. Dabei erhöht eine enge Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat die Wahrscheinlichkeit für die Durchsetzung von Lohnverzicht. Rund 83 Prozent der befragten Unternehmen, die einen partnerschaftlichen Umgang mit den Personalvertretern pflegen, verwenden dieses Instrument. Doch Konsenslösungen stehen nicht zwingend im Vordergrund. „Das am häufigsten genutzte Instrument zur Reduzierung des Personalaufwandes ist mit rund 85 Prozent die natürliche Fluktuation der Mitarbeiter. Das heißt, frei werdende Arbeitsplätze werden nicht mehr besetzt“, so Petry. Daneben kommen Maßnahmen wie Altersteilzeit, betriebsbedingte Kündigungen und Aufhebungsverträge als Restrukturierungsinstrumente zum Einsatz.

Vergleich Deutschland – Österreich

Der Vergleich mit einer ähnlich angelegten deutschen Studie zeigt: In Österreich gibt es um 40 Prozent weniger Konsenslösungen als in Deutschland. Dies hat mit der häufigeren Verwendung der Fluktuation als Mitarbeiterabbauhebel in den heimischen Unternehmen zu tun. Bei der Reaktionszeit hinsichtlich erkannter Krisen liegen die beiden Nachbarländer mit 14 Monaten gleichauf. In Deutschland schaffen es aber um ein Drittel mehr Unternehmen, innerhalb eines Jahres zu reagieren. Angesichts dieser Tatsache mag es überraschen, dass die österreichischen Unternehmen Spitzenreiter bei Instrumenten zur Krisenfrüherkennung und deren Einsatz (über 60 Prozent) sind. „Das bedeutet einen enormen Vorsprung gegenüber Deutschland. Diesen Vorsprung müssen österreichische Unternehmen aber auch intensiv nutzen! Eine weitere Förderung der Früherkennung und raschere Entscheidungen des Managements sind dringend erforderlich“, informiert Kainer.

Über die Studie

In der Studie „Restrukturierung in Österreich“ hat Roland Berger Strategy Consultants Vorstandsvorsitzende, Finanzvorstände und Geschäftsführer von österreichischen Top-Unternehmen aus diversen Branchen befragt: Im Mittelpunkt standen Ursachen für die Notwendigkeit von Sanierungen und Erfolgsfaktoren von Restrukturierungsprojekten. Die Ergebnisse der aktuellen österreichischen Restrukturierungsstudie wurden mit einer 2003 in Deutschland durchgeführten Untersuchung verglichen.

Weitere Informationen:

Roland Berger Strategy Consultants
DI Alexander Kainer
Freyung 3/2/10
1010 Wien
Tel. +43-1-536 02-101
E-Mail: alexander_kainer@at.rolandberger.com

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Alexander Kainer pressetext.at

Weitere Informationen:

http://www.rolandberger.com

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