Facetten einer "Risikoökonomie"

Ein Buch von Wirtschaftswissenschaftlern der Universität Witten/Herdecke zeigt Facetten einer „Risikoökonomie“.

Ulrich Beck prägte den Begriff der Risikogesellschaft. Er bezeichnet damit eine Gesellschaft, die sich mehr und mehr ihrer eigenen Gefährdungen bewusst wird. Immer weitere Bereiche des Gesellschaftlichen werden als Risiko empfunden und entsprechende Abwehrstrategien dagegen ersonnen.

Das Buch „Risikoökonomie“, in der Reihe der Wittener Jahrbücher für ökonomische Literatur herausgegeben von Felix Lowinski und Birger P. Priddat, versucht dem Risikobegriff etwas Konstruktives abzugewinnen – wenn auch nur bezogen auf die Welt des ökonomischen Handelns: „Als Lernvorgang begriffen, bewirkt allerdings erst der Fehler, dass Risiken bei künftigen Entscheidungen verringert werden. Oder um es anders auszudrücken: Aus Fehlern lernen heißt, die Chancenhaftigkeit von Fehlern zu erkennen. Dies gilt für das Individuum genauso wie – im Prinzip – für Organisationen.“

Mit diesem Statement hebt sich das Buch deutlich ab von dem allgemein herrschenden Risiko-Trübsinn. Die Frage ist nur: Sind Individuen, sind Organisationen bereits so aufgestellt und so strukturiert, dass sie in Fehlern nicht nur individuelles und kollektives Versagen erkennen, sondern auch die Chance auf Besserung? Welche Spielräume lässt der gesetzliche Rahmen und das Haftungsrecht? Ganz offensichtlich lässt sich „die“ Wirtschaft hier nicht über einen Argumentationskamm scheren: Sicher sollte der Betrieb von Atomkraftwerken auch künftig so wenig risiko- und fehlerbehaftet sein wie möglich. Das gleiche gilt für die chemische Industrie und die Gentechnik. Ein Learning by doing wäre hier mit verheerenden Folgen verbunden. Andererseits gibt es durchaus Bereiche des ökonomischen Handelns, in denen eine größere Fehlerfreundlichkeit, ein größere Risikobereitschaft angezeigt wäre. Welcher Existenzgründer hätte sich nicht schon über die restriktive Kreditvergabepraxis der Banken geärgert? Andererseits: Welche Bank hätte sich nicht schon über geplatzte Kredite geärgert und damit über ihre Fehleinschätzung des Kreditrisikos. Man sieht an solchen Beispielen: Risiko ist ein höchst dialektisches Phänomen und abhängig vom Beobachtungsstandpunkt.

Das Buch Risikoökonomie versucht, sich aus einer Vielfalt von Perspektiven dem Phänomen des Risikos zu nähern. So schreibt z.B. Heman Agraval über „Global Political Economy of Risk“, Markus Giesler über „Collective Risk“, Ralf Fröchtenicht und Friederike Wall liefern „Beiträge der Naturwissenschaften für das Risikomanagement in Unternehmen.“

Felix Lowinski, Birger Priddat (Hg.): „Risikoökonomie – Spektren des Risikos in Wirtschaft und Gesellschaft, Marburg (Metropolis) 2003, 278 Seiten, ISBN 3895184470, Preis: 29,80 Euro

Kontakt: Felix Lowinski, Tel.: 02302/926-519, Mail: Felix.Lowinski@uni-wh.de

Media Contact

Dr. Olaf Kaltenborn PU Witten/Herdecke

Weitere Informationen:

http://www.uni-wh.de/wiwi/

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